Proteste in GrossbritannienSie kleben sich an Werke bekannter Künstler und Fussballtore in Liverpool
Egal, ob ein Werk von da Vinci oder eine Formel-1-Strecke – nichts ist vor den klebrigen Händen der Klimaaktivisten von Just Stop Oil sicher. Mit ihren Aktionen fordern sie den Stopp von Öl- und Gaslieferungen nach Grossbritannien.
Sie haben es wieder getan. Abermals wird ein britisches Museum Zielscheibe der Klimaaktivistinnen und -aktivisten von Just Stop Oil. Die Gruppe fordert die britische Regierung auf, Lizenzen für die künftige Öl- und Gasförderung zu blockieren – und dies mit dem fünften Coup binnen weniger Wochen, wie CNN berichtet.
Diesmal kleben sich die britischen Protestierenden an das herausragende Werk in der Royal Academy of Arts in London, «Das letzte Abendmahl», eine Kopie von Leonardo da Vincis Meisterwerk, das wahrscheinlich vom italienischen Künstler und Da-Vinci-Schüler Giampietrino geschaffen wurde. In einem Video auf Twitter ist zu sehen, wie sich die Aktivisten an das Gemälde befestigen. Gleichzeitig besprühen sie die Wand unterhalb des Bildes mit «No New Oil».
Auf ihrer Website teilt Just Stop Oil mit, dass sie erneut mit einem «Akt zivilen Ungehorsams» eine bedeutende Kunstinstitution erschüttert haben.
Sie hören erst auf, sobald die britische Regierung handelt
Die vier Aktivistinnen und Aktivisten hielten sich über drei Stunden lang in dem Raum auf, wo sich «Das Abendmahl» befindet. Dieser wurde aufgrund der Demonstration für die Öffentlichkeit geschlossen, bis die Polizei die Protestierenden entfernte, schreibt die Polizei. Ob es Schäden am Gemälde gibt, wird noch von den Restauratoren der Royal Academy of Arts begutachtet.
Nach den Protesten in der Londoner Kunstinstitution Royal Academy veröffentlichte die Gruppe eine Stellungnahme. Eine Aktivistin, die sich äusserte, war die 47-jährige Lehrerin Lucy Porter. Sie fordert einen sofortigen Stopp aller neuen Öl - und Gaslieferungen. «Wir werden aufhören, Kunstinstitutionen zu stören, sobald die Regierung eine aussagekräftige Erklärung abgibt, dies zu tun», sagt sie. Ein weiteres Mitglied fordert die Direktoren auf, die Galerie zu schliessen, bis sich die Regierung verpflichtet, kein Öl mehr zu fördern. Zu dieser Forderung habe sich das Kunstinstitut noch nicht geäussert, schreibt CNN.
Lewis Hamilton: «Ein Hoch auf die Demonstranten»
Einen Tag vor dem Angriff auf das Bild von da Vinci protestierten die Klimaaktivistinnen und -aktivisten in der National Gallery – ebenfalls in London. Dort bedeckten sie das Landschaftsgemälde «Der Heukarren» des britischen Malers John Constable mit ihrer eigenen Version: einer apokalyptischen Darstellung der zerstörten Natur unter einem Himmel mit Flugzeugen. Danach klebten auch sie ihre Hände an den Rahmen des Gemäldes.
Die beiden Studenten wurden gemäss CNN wegen Verdachts auf Sachbeschädigung festgenommen und später gegen Kaution freigelassen. Constables «Heukarren» soll leicht beschädigt worden sein; die Schäden konnten jedoch sofort behoben werden.
Am letzten Wochenende liessen die Aktivistinnen und Aktivisten von Just Stop Oil ihren Frust beim Formel-1-Rennen in Grossbritannien aus – trotz Vorwarnungen der Polizei. Nach einer Massenkarambolage kurz nach dem Start stürmten mehrere Demonstranten die Strecke, konnten aber «umgehend entfernt» werden, wie der Automobil-Dachverband Fia festhält.
Just Stop Oil bekannte sich via Twitter zu der Aktion: «Wenn Sie sich mehr über diese Störung empören als darüber, dass unsere Welt vor unseren Augen verbrannt wird, dann müssen Sie Ihre Prioritäten neu setzen», verkünden die Klimaaktivisten.
An der Pressekonferenz nach dem Rennen gab es unterstützende Worte vom siebenfachen Weltmeister Lewis Hamilton. Als er von der Aktion erfuhr, sagte er: «Ein Hoch auf die Demonstranten», und ergänzte: «Ich finde es toll, dass Menschen für den Planeten kämpfen, wir brauchen mehr Leute wie sie.»
Eine Erklärung von Mercedes nach den Aussagen von Hamilton unterstrich aber: «Lewis hat ihr Recht zu protestieren gebilligt, aber nicht die Methode, die sie gewählt haben, die ihre Sicherheit und die der anderen gefährdet hat.» Später legte der 37-Jährige auf Instagram nach und schrieb: «Bitte springen Sie nicht auf unsere Rennstrecken, um zu protestieren, wir wollen Sie nicht in Gefahr bringen.»
Klimaaktivist als «Staatsfeind Nummer eins»
Der 21-jährige Louis McKechnie ist einer der bekannteren Aktivisten von Just Stop Oil. Der Brite und seine Mitstreiterin Emily Brocklebank haben sich letzte Woche in einer Londoner Kunstgalerie mit den Händen am Rahmen eines Gemäldes von Vincent van Gogh festgeklebt. «Wir wollen das hier nicht tun», sagte der 21-jährige Brite in einem am Donnerstag von der Aktivistengruppe Just Stop Oil verbreiteten Video. «Wir kleben hier an diesem Gemälde – diesem wunderschönen Gemälde –, weil wir Angst um unsere Zukunft haben.»
In dem Video wirft McKechnie der britischen Regierung vor, «mehr als vierzig neue Projekte für fossile Brennstoffe durchzusetzen», was einem Todesurteil für seine Generation gleichkomme. Er habe daher keine andere Wahl.
McKechnie, ein ehemaliger Ingenieurstudent, wurde wegen verschiedener Protestaktionen bereits zwanzigmal verhaftet und verbrachte sechs Wochen im Gefängnis. Im März hatte er den Zorn britischer Fussballfans auf sich gezogen, als er sich mitten in einem Spiel zwischen Newcastle und Everton an einen Torpfosten gebunden hatte. Anfang des Monats sagte er der Nachrichtenagentur AFP, er sei bereit, wegen seiner Aktionen zum «Staatsfeind Nummer eins» zu werden.
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