Im Achtelfinal in WimbledonFederer findet seine innere Ruhe – und sein Rasenspiel
Roger Federer zeigt in Wimbledon beim dritten Sieg seine beste Leistung des Jahres und erinnert vor den Achtelfinals wieder an den früheren Rasenkönig
Roger Federer hat in seiner Karriere so viele Rekorde erzielt, dass einige bemerkenswerte Serien unterzugehen drohen. Zum Beispiel, dass er in Wimbledon noch nie in einer 3. Runde verloren hat. Daran hat sich auch 2021 nichts geändert: Mit einem teilweise brillant erkämpften 6:4, 6:4, 5:7, 6:4 gegen den starken Briten Cameron Norrie (ATP 34) erreichte er nach 2:35 Stunden zum 18. Mal die Achtelfinals. Und auch diese hat er bisher alle gewonnen.
«Ich fühlte mich komplett anders als in der ersten Runde», sagte Federer. Das war unschwer zu erkennen. Nach dem mühevollen Auftakt gegen Adrian Mannarino, der nach vier Sätzen aufgeben musste, und der klaren Leistungssteigerung gegen Richard Gasquet erinnerte er gegen Norrie über weite Strecken an jenen Spieler, dem 2019 nur ein Punkt zum 9. Titel gefehlt hatte.
«Ich konnte die Fragezeichen wegspielen, wegsiegen»
«Weil ich so wenig gespielt hatte, war ich verunsichert, hatte viele Fragen, das geht jedem Spieler so. Diese konnte ich nun wegspielen, wegsiegen», analysierte er. «Wichtig ist nur, dass man die ersten Runden übersteht und ins Rollen kommt, wie ein Lastwagen, der abwärts fährt und schwer zu bremsen ist.»
Wer wenig spiele, stelle sich auch überflüssige Fragen. «Deshalb bin ich sehr zufrieden, wie ich mich fühlte. Trotz dem verlorenen Satz spürte ich eine innere Ruhe und Ausgeglichenheit, und das war wichtig.»
Auch spielerisch hat sich Federer gefunden: «Ich spiele nach vorne und akzeptiere es, wenn ich Fehler mache.» Die Gelassenheit, Fehlschläge und -entscheidungen wegzustecken, habe er sich wieder aneignen müssen. «Ich spürte es auch beim Seitenwechsel: Ich war innerlich leer, hatte keine Gedanken, sondern sah das grosse Bild.»
In der vertrauten Umgebung von Wimbledon und mit dem Best-of-5-Format hat er seine Verunsicherung, wegen der in Halle so früh wie nie zuvor ausschied, abgelegt. Die Kurzbilanz der ersten Woche in seinen Worten: «Crescendo – ich bin immer besser geworden. Und froh, heil durchgekommen zu sein. Körperlich und mental fühle ich mich gut, das ist ein gutes Zeichen.»
Kleiner Einbruch im 3. Satz
Gegen Norrie spielte er konsequent auf Angriff, stürmte fast bei jeder Gelegenheit ans Netz, setzte den Gegner permanent unter Druck und bewegte sich hervorragend – nicht wie jemand, der kürzlich zwei Knieoperationen über sich ergehen lassen musste. Er führte nach 50 Minuten 6:4, 3:1, weitere 20 Minuten später war der zweite Satz gewonnen.
Im 3. Satz stand er vor dem Sieg, vergab aber zwei Breakbälle zum 6:5 und wurde in seinem schwächsten Aufschlagspiel erstmals gebreakt, womit der Satz weg war.
20 Jahre nach seiner einzigen Niederlage in Wimbledon gegen einen Briten – im Viertelfinal gegen Tim Henman – hatte er dann auch wieder einmal einen lautstarken Teil des Publikums gegen sich. «Das waren schwierige Minuten, aber ich reagierte stark. Einen Spieler von Norries Level zu schlagen, ist eine gute Referenz.»
Der Sieg über den Briten sei klar höher einzuschätzen als jener gegen Gasquet, da der Brite 2021 schon viel und erfolgreich gespielt habe und auch mehr an sich geglaubt habe als der Franzose, der gegen Federer eine miese Bilanz hat.Der 4. Satz wurde zu einem harten Test. Der 12-fache Wimbledonfinalist breakte zum 3:2, verlor dann selber noch ein Aufschlagspiel, erkämpfte sich aber das 5:4 und beendete die Partie als Aufschläger.
Im Platzinterview wies ihn der Moderator darauf hin, dass er nun 69 Major-Achtelfinals erreicht habe. «Dieser ist eine absolute Freude, weil es das letzte Grand-Slam-Turnier vor dem 40. Geburtstag ist», antwortete er. In der Profiära ist er in Wimbledon der drittälteste Achtelfinalist. Der Amerikaner Pancho Gonzales war 1969 bereits 41, der Australier Ken Rosewall 1975 über 40.
Um zum 18. Mal die letzten Acht zu erreichen, muss Federer am Montag den 25-jährigen Lorenzo Sonego (ATP 27) schlagen; mit dem Turiner und Matteo Berrettini stellen die Italiener erstmals seit 1955 zwei Achtelfinalisten. Sonegos Vorstoss sei für ihn keine Überraschung, sagte er. Bei ihrer bisher einzigen Partie, die er 2019 in Roland Garros klar gewann, habe ihn der Norditaliener überzeugt. «Er schlägt gut auf, hat eine starke Vorhand und eine gute Einstellung. Und er liebt es, auf grossen Plätzen zu spielen.»
Während Federer auf dem Platz den Rhythmus gefunden hat, bleibt Wimbledon 2021 für ihn ein seltsames Turnier – ohne Familie, in einem eine Autostunde entfernten Hotel statt in einem Mietshaus und mit der Bedrohung der Corona-Pandemie. Das Schlimmste wäre, wie Johanna Konta auszuscheiden, weil er enge Kontakte zu jemand positiv Getesteten gehabt hätte, sagte er. «Deshalb bin ich im Auto alleine unterwegs, und im Team sind wir extrem vorsichtig.»
Nun hat auch Ivan Ljubicic jassen gelernt
Um sich die Zeit zu vertreiben, drehe er manchmal «eine Runde durch die Lobby», scherzte er. Am spielfreien Sonntag – an dem für ihn und sein Team der nächste Coronatest ansteht – werde er trainieren, mit der Familie telefonieren und, wie oft jüngst, jassen. Wenigstens können sie inzwischen auch Schieber spielen, da neben Severin Lüthi und Daniel Troxler auch Ivan Ljubicic das Schweizer Kartenspiel gelernt hat. Und das, so Federer, richtig gut.
Federers Ball ins Netz.
Fehler Norrie, Breakball Federer.
Gut gespielt von Norrie.
Zwei Fehler von Norrie. Wieder eine Chance für Federer?
Und der Brite breakt. Von der Grundlinie ist er nun klar besser.
Und der Brite verschafft sich einen Breakball.
Schöner Punkt Norries. Er ist nun schneller auf den Beinen.
Der nächste Fehler Federers.
Punkt Norrie. Federer ist nicht mehr so flink.
Erster Punkt an Federer. Jetzt muss er das Break bestätigen.
Und Federer schafft das Break! Oder besser: Norrie schenkt es ihm mit vier Fehlern.
Dritter Fehler des Briten. Drei Breakbälle!
Zwei Fehler Norries. Jetzt muss Federer seine Chance packen.
Dank guten Aufschlägen ein lockeres Game für Federer. Das tut gut.
Norrie hat nun die Oberhand in den Grundlinienduellen.
Test für Federer
Das wird nun ein harter Test für Federer. Er hatte die Chancen, das Break zum 6:5 im 3. Satz zu schaffen, war aber zu passiv. Jetzt ist Norrie voller Vertrauen. Und Federer bewegt sich momentan nicht mehr so gut.
Ass Norrie, er legt wieder vor. Federer leidet.
Langer Ballwechsel an Norrie. Federer sucht Lösungen, findet sie aber nicht.
Das hingegen war ein brillanter Returnwinner.
Schlecht bewegt von Federer.
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