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Analyse zu Österreichs Ex-Kanzler
Sebastian Kurz war nicht mehr als ein Trapezkünstler

Hinterlässt seiner Partei vor allem Ärger: Sebastian Kurz. 
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Nicht nur Koalitionspartner und Opposition, sondern selbst enge Parteifreunde hätten, heisst es nach dem endgültigen Rücktritt von Sebastian Kurz, erst kurz vor seiner Pressekonferenz am Donnerstag erfahren, was der Ex-Kanzler vorhatte: Ciao und Danke zu sagen. In Wahrheit zeichnete sich diese Entscheidung schon seit Wochen ab; dass die ÖVP innerhalb von nicht einmal 24 Stunden ein neues Personaltableau aufzustellen in der Lage ist, beweist eine gewisse Vorbereitung hinter den Kulissen.

Es zeigt aber auch, dass die Abwehr- und Selbstheilungskräfte der Partei noch funktionieren: Nach dem Kurz-ist-weg-Schock setzen die alten Mechanismen schnell wieder ein, beziehen frühere Strippenzieher wieder ihre Posten, werden regionale Kraftzentren mit neuem Machismo gefüllt. Unwahrscheinlich aber, dass das jetzt reicht.

«Kurz hat der Partei, der er in seiner Rücktrittsrede so viel Dank hinterhertrug, wenig hinterlassen ausser Ärger.»

Kurz hat zwar, wie er betont, zehn Jahre lang «der Republik gedient», aber er war eben letztlich nur zwei Mal knapp zwei Jahre Kanzler – und ansonsten entweder im Wahlkampf oder in der Defensive. Er hat der Partei, der er in seiner Rücktrittsrede so viel Dank hinterhertrug, wenig hinterlassen ausser Ärger. Die Euphorie über seine Heldentaten währte kurz, auch die in den vergangenen Tagen so oft gerühmten Wahlsiege von Kurz wirken im Rückblick schal, wenn, in Summe, die Aufräumarbeiten länger zu dauern drohen als die Genugtuung über hohe Zustimmungsraten. Die Sympathie der Wählerinnen und Wähler ist bekanntlich sehr volatil. Letztlich zählt nicht nur in der Klimapolitik, sondern im Dienst am Bürger allgemein: Nachhaltigkeit.

Die Partei sehnt sich nach einem unbelasteten Neustart

Was bleibt also? Die engsten Kurz-Vertrauten müssten weichen, heisst es jetzt, damit die ÖVP einen unbelasteten Neustart schafft: unbelastet von Ermittlungs- und Strafverfahren, von bad news aus der Justiz, unbelastet von Chats und Peinlichkeiten. Auch Kurz musste ja nicht wegen seiner dünnen, in Wiederholungsschleifen präsentierten Ideen und deren schlampiger Umsetzung gehen, sondern weil ihm, im schlimmsten Fall, eine Gefängnisstrafe droht.

Was die ÖVP allerdings während ihres hektischen Winterputzes zu vergessen droht: Die Ermittlungen bleiben eine Bedrohung – nicht nur strafrechtlich, sondern als Dauergefahr für das neue Saubermann-Image der Partei, an dem gerade gewerkelt wird. Schon die atmosphärischen Nachwirkungen früherer Skandale vergiften, wie man an einem Dutzend Beispielen aus der jüngeren politischen Geschichte des Landes sehen kann, weiterhin die öffentliche Debatte. Und ein Untersuchungsausschuss zu den ÖVP-Skandalen der vergangenen Jahre startet erst.

Eine Partei ohne ihre Attraktion

Es wird sich noch lange rächen, dass die Partei einem hübsch anzusehenden Trapezkünstler das Netz gehalten hat – und jetzt ohne ihre grosse Attraktion dasteht. Man kann über die SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner lästern, die sich bei öffentlichen Auftritten eher unwohl fühlt, man kann über den Grünen-Chef Werner Kogler lächeln, der bisweilen den Ausgang aus seinen Schachtelsätzen nicht findet, man kann Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger manchmal etwas zu vorlaut finden, aber sie alle machen im Grundsatz seriöse Politik.

Die ÖVP wird Mühe haben, ihre Wählerinnen und Wähler davon zu überzeugen, dass sie es auch gut kann und will. Karl Nehammer hat bei seinem ersten Auftritt als designierter Kanzler bewiesen, dass er weiss, was auf dem Spiel steht. Seine Kür zeigt immerhin, dass seine Partei das auch weiss.