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Beziehung Schweiz–EU
Aussenpolitiker schweigen zu umstrittenen Punkten

Nationalrat Laurent Wehrli, FDP-VD, Praesident APK-N, Mitte, spricht neben Nationalrat Franz Grueter, SVP-LU, Mitglieder APK-N, links, und Nationalraetin Sibel Arslan, GP-BS, Vizepraesidentin APK-N, rechts, an einer Medienkonferenz im Rahmen der Konsultation der APK-N zum Entwurf des Mandats für die Verhandlungen mit der EU, am Dienstag, 30. Januar 2024 in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
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Bis jetzt läuft es für Bundesrat Ignazio Cassis nach Plan. Aussenpolitiker von Grünen bis FDP sprechen sich für Verhandlungen mit der Europäischen Union aus. Der Präsident der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrates (APK) Laurent Wehrli sagte am Dienstag vor den Medien in Bern: Die «blockierte Situation zwischen der Schweiz und der EU» müsse stabilisiert und weiterentwickelt werden. Nur die Vertreter der SVP stimmten dagegen.

«Wir brauchen die Verhandlungen mit der EU, und wir wollen sie», sagte Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter. «Ein Scheitern können wir uns nicht noch einmal leisten.» Und dieser Geist schien die Beratungen der APK geprägt zu haben: Die Kommission stellt keine ultimativen Forderungen, sie empfiehlt dem Bundesrat, den Entwurf des Verhandlungsmandats in einigen innenpolitischen Triggerpunkten zu ergänzen: Die «heilige Kuh» SBB soll besser vor ausländischer Konkurrenz geschützt, der Lohnschutz erhalten werden, und die Strompreise sollen für Privathaushalte möglichst tief bleiben.

Gewerkschaften ernst nehmen

Bei der Öffnung des Schienenverkehrs möchte die Kommission, dass auch die SBB-Konkurrenten die Sozialstandards erfüllen müssen und dass deren Züge in den Taktfahrplan integrierbar sind. Bei der Strommarktliberalisierung sollen Haushalte und Kleinunternehmen standardmässig in der Grundversorgung verbleiben können. Beim Lohnschutz möchte die Kommission, dass der Bundesrat Ausnahmelösungen anstrebt und so das heutige Kontrollregime absichert.

«Wir müssen den Gewerkschaften zeigen, dass wir ihre Anliegen ernst nehmen», sagte Elisabeth Schneider-Schneiter. SP-Nationalrat Fabian Molina zeigte sich mit den Ergänzungen entsprechend zufrieden: Der erste Lackmustest sei bestanden, sagte er.

Allerdings handelt es sich bei dieser breiten europapolitischen Allianz erst einmal um eine provisorische Zweckgemeinschaft. Und diese vermied es, irgendwelche Vorentscheide zu fällen, die den Bundesrat zu stark einschränken für die Verhandlungen mit der EU. APK-Vizepräsidentin Sibel Arslan (Grüne) sagte vor den Medien mehrmals, man wolle «keine roten Linien ziehen» und sicher nicht vorpreschen.

Und Kommissionspräsident Wehrli (FDP) betonte: «Wir nehmen nur zum Entwurf des Verhandlungsmandats Stellung.» Man habe aus den Fehlern beim gescheiterten Rahmenabkommen gelernt, sagen viele Politiker von links bis rechts. Damals habe man zu schnell und zu forsch rote Linien gezogen – und sei in einer Sackgasse gelandet.

Schweigen zu umstrittenen Punkten

Zu einigen heiklen Punkten nahmen die Aussenpolitiker keine Stellung: So wollen sie es beispielsweise dem Bundesrat überlassen, wie er mit der Forderung der EU nach zusätzlichen Kohäsionszahlungen umgeht. Auch die Rolle des Europäischen Gerichtshofes bei Streitigkeiten kam in der Stellungnahme der Aussenpolitiker nicht vor.

Und sie vermieden es ebenfalls, sich zur Art und Weise zu äussern, wie das Schweizer Stimmvolk über mögliche neue Verträge mit der EU abstimmen soll: Würde das Paketabkommen mit der EU dem obligatorischen Referendum unterstellt, hiesse das, dass in einer Volksabstimmung auch das Ständemehr erreicht werden müsste.

Die Mehrheit der Kantone müsste also zustimmen. Die kleinen, tendenziell konservativeren und EU-kritischeren Kantone hätten dadurch mehr Gewicht. Die APK wolle diese Frage erst beantworten, wenn die Verhandlungen mit der EU abgeschlossen seien, sagte Kommissionspräsident Wehrli dazu.

Die SVP liess diese Begründung nicht gelten. SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi machte noch während der Medienkonferenz auf X (vormals Twitter) publik, dass er in der Kommissionssitzung vergeblich versucht habe, das Ständemehr aufs Tapet zu bringen. Und SVP-Nationalrat Franz Grüter sagte: «Wenn über Hornkuh-Prämien abgestimmt wird, gibt es ein Ständemehr. Aber bei einem so weitreichenden Abkommen, das unsere Staatsverfassung auf den Kopf stellt, will man die direkte Demokratie aushebeln.»

Die Frage der Abstimmung dürfte noch viel zu reden geben. SVP-Bundesrat Guy Parmelin sagte im Interview mit der «SonntagsZeitung», am Ende werde der Bundesrat darüber entscheiden müssen, «ob das Paket mit der EU wichtig genug ist, um ein Ständemehr zu verlangen». Etwa bei der Abstimmung über den EWR-Beitritt habe man dies so gesehen.

Die Kantone selber dürften die Frage des Referendums noch diese Woche diskutieren. Die Konferenz der Kantonsregierungen trifft sich am Freitag und wird ebenfalls Stellung nehmen zu den Verhandlungsplänen des Bundesrats. «Der Verhandlungsabbruch beim Rahmenabkommen war ein Schockerlebnis für die Kantonsregierungen», sagt KdK-Generalsekretär Roland Mayer. Das dürfe nicht mehr passieren. Rote Linien muss der Bundesrat für die anstehenden Verhandlungen also wohl auch von den Kantonen nicht befürchten – dafür ist momentan noch allein die SVP zuständig.