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Schweizer Krankheitsbilder

Pflegeanstalt Perreux, Neuchâtel, Patientinnen in der Luftkur, undatiert, Glasdia.
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Die undatierte Fotografie, die Frauen in Betten auf einem Balkon zeigt, erinnert an Szenen aus Kurhotels. Doch die Aufnahme einer «Luftkur» entstand in einer psychiatrischen Einrichtung: in der Pflegeanstalt Perreux im Kanton Neuenburg.

Kantonale Irrenanstalt Waldau, Bern, drei Patientinnen vor einer Leinwand, Staffelei, Porträts der Malerinnen, um 1920, Glasdia.
Kantonale Irrenanstalt Waldau, Bern, Patienten als Dachdecker, 1921, Neubau der Scheune nach einem Brand, Glasdia.
Kantonale Irrenanstalt Waldau, Bern, Patientinnen einer Abteilung für sogenannte «unruhige» Frauen, undatiert, Glasdia.
Vermutlich Heil- und Pflegeanstalt Marsens, Fribourg, «Musikalischer Idiot». Eine Ordensschwester spielt einem Kind Musik auf einem Grammofon vor, undatiert, Glasdia.

Was bis weit ins 20. Jahrhundert hinein hinter den Mauern von Heil- und Irrenanstalten vor sich ging, blieb der Öffentlichkeit meist verborgen. Doch fotografische Zeugnisse existieren durchaus, wie die Kunsthistorikerin Katrin Luchsinger im Ausstellungs- und Buchprojekt «Hinter Mauern» zeigt. Sie hat zusammen mit Martina Wernli in verschiedenen Schweizer Archiven über 3000 Aufnahmen aus den Jahren 1880 bis 1935 zusammengetragen.

Heil- und Pflegeanstalt Münsterlingen, Thurgau, Befüllen von Güterloren am Bodensee, Fotograf Hermann Rorschach, um 1911.
Kantonale Irrenanstalt Waldau, Bern, die Psychiaterin Marie von Ries-Imchanitzky im Wachsaal für «unruhige» Männer, um 1920, Glasdia.
Pflegeanstalt Alt-Rheinau, Sonnen der Bettdecken am Rheinufer vor der Anstalt, um 1910, Glasdiapositiv.

Die Bilder folgen keiner Systematik; die Fotografie in der Psychiatrie diente unterschiedlichen Zwecken. Einerseits eigneten sich Ärztinnen und Ärzte das Medium an, um mit Porträts verschiedene Krankheitsformen festzuhalten – als ob sich aufgrund der äusseren Erscheinung auf eine bestimmte psychische Störung schliessen liesse. Andererseits gibt es Fotografien für Werbezwecke, die gemäss Luchsinger eine «forcierte Normalität» inszenieren. Und nicht zuletzt hielt das Personal, in privater Absicht, das Anstaltsleben fotografisch fest. Da gibt es Bilder aus Ateliers, von Festivitäten oder von Menschen bei der Arbeit.

Kantonale Irrenanstalt Waldau, Bern, Pflegerin einer der Abteilungen, die Marie von Ries-Imchanitzky leitete. Fotografin Marie von Ries-Imchanitzky, um 1920, Glasdia.
Heil- und Pflegeanstalt Münsterlingen, Gartenfest 1913, Tanzvergnügen, Fotograf Hermann Rorschach, 1912.
Kantonale Irrenanstalt Waldau, Bern, Anstaltsbäcker mit Gugelhupfen und Törtchen, undatiert, Glasdia.
Kantonale Irrenanstalt Waldau, Bern, Pfleger und Pflegerinnen der Anstalt, vor 1933, Glasdia.

Wie Katrin Luchsinger in der Publikation schreibt, lässt sich aber bei manchen der Fotografien kein eindeutiger Verwendungszweck eruieren. So ist auf der Aufnahme des Mannes mit drei Waldkäuzen nicht einmal sicher, ob es sich um einen Patienten oder einen, wie es in der Bildlegende heisst, «Wärter» handelt.

Pflegeanstalt Rheinau, Waldkäuze, Ein Patient oder Wärter präsentiert drei lebende Käuze. Fotograf Friedrich Ris, um 1910, Glasdiapositiv.

Was fehlt, sind Bilder von Leid oder Zwangsmassnahmen. Und so geben diese Fotografien zwar Einblick in eine verschlossene Welt – aber zeigen nur einen Teil davon.