Banken finanzieren LehrstühleLassen sich Schweizer Unis kaufen?
Die Credit Suisse zahlt der Hochschule St. Gallen 20 Millionen Franken für die Forschung. Solche Partnerschaften bringen den Unis Geld – und den Vorwurf der Abhängigkeit.

Sie gilt als Kaderschmiede der Schweizer Wirtschaft. Fast in jedem Schweizer Grossunternehmen finden sich Absolventen der Hochschule St. Gallen (HSG) in der Chefetage. Diese Quelle will sich die Credit Suisse nun erschliessen. Die Grossbank geht eine umfangreiche Partnerschaft mit der Hochschule ein und finanziert den Start eines neuen Forschungszentrums mit 10 Millionen Franken, später sollen sich weitere Firmen daran beteiligen.
Mit dem Zentrum werden mehrere Professuren verbunden sein. Bankenprofessor Manuel Ammann übernimmt dessen Leitung. Zur Kooperation gehören noch weitere Projekte. Insgesamt sollen in den nächsten zehn Jahren 20 Millionen Franken Fördergelder fliessen.
Die HSG steht damit nicht allein da. Fast alle Schweizer Hochschulen lassen sich Lehrstühle bezahlen. So sollen die Praxis aus der Wirtschaft und die Forschung der Universitäten zusammenfinden. Jüngst verkündete etwa der Industriekonzern ABB eine vertiefte Partnerschaft mit der ETH.
Mit einer Spende in Höhe von 2,5 Millionen Franken soll die Schweiz zu einem der weltweit führenden Zentren der Robotikforschung werden. Besonders gross ist die Spende der UBS an die Uni Zürich, sie lässt sich diese weit über 100 Millionen Franken kosten. Acht Stiftungsprofessuren wurden so finanziert.
Am meisten Stiftungsprofessuren an der ETH Lausanne
Die Partnerschaften zwischen Universitäten und privaten Gönnern gewannen in der Schweiz in den letzten Jahren an Bedeutung. Mit einem Anteil von 8 Prozent hat die ETH Lausanne den höchsten Anteil Professuren, die von privaten Stiftungen oder Unternehmen bezahlt werden. Zu den Gönnern gehören etwa der Milliardär Ernesto Bertarelli, der Nahrungsmittelkonzern Nestlé oder die Post. Rund 5 Prozent beträgt der Anteil an den Universitäten Zürich, Basel, viele aus der Pharmazie und der Medizin, oder Bern, hier gehört die Wyss Foundation zu den prominentesten Geldgebern.
Die meisten Hochschulen weisen diese auf eigenen Internetseiten aus. Mit einer möglichst grossen Transparenz versuchen Hochschulen und Firmen den Verdacht der Einflussnahme aus der Welt zu schaffen. So haben die Firmen keine Mitsprache bei der Besetzung der Professur und auch dabei, an welchen Themen geforscht wird. Oft handelt es sich bei den Spenden um Anschubfinanzierungen, die für einen befristeten Zeitraum ausreichen. Über den Daumen wird dabei mit einer Million Franken pro Jahr gerechnet.
«Die Grundförderung durch die öffentliche Hand reicht in gewissen Bereichen nicht mehr aus.»
Und doch lässt der Grund für die Partnerschaft der HSG mit der CS aufhorchen. «Die Grundförderung durch die öffentliche Hand reicht in gewissen Bereichen nicht mehr aus», so HSG-Prorektor Thomas Zellweger. Die Verbindung von Technologie und Finanzwesen, das Thema Nachhaltigkeit im Zusammenhang mit der Betriebswirtschaftslehre brauchten eine besondere Förderung. Während sich die HSG nun über das Geld der CS freut, sorgt der Entscheid an anderen Hochschulen für Frust, weil man nicht selbst mit so vielen Mitteln bedacht wurde.
UBS spendet über 100 Millionen für Uni Zürich
Das Sponsoring der CS an der HSG ist im Vergleich zu demjenigen der UBS an der Uni Zürich fast schon bescheiden. Insgesamt fliessen 125 Millionen Franken von der UBS-Stiftung an die Uni Zürich. Die grösste Schweizer Bank finanziert dort seit 2012 das UBS Center. Der renommierte Wirtschaftsprofessor Ernst Fehr, er gilt als Anwärter für den Wirtschaftsnobelpreis, ist der Direktor des Center. Daneben ist es mit Dina Pomeranz und David Dorn mit weiteren prominenten Forschern besetzt. Die Bank hat im letzten Jahr ihr Engagement bis 2032 verlängert. Die Erneuerung lässt sie sich 25 Millionen Franken kosten.

Trotz der mittlerweile prominenten Besetzung gab es nach der Lancierung auch Kritik. Der Zürcher Finanzprofessor Marc Chesney sagte damals gegenüber dieser Zeitung, dass er das Sponsoring nicht richtig finde. «Oder können Sie sich vorstellen, dass Professoren, die von der UBS bezahlt werden, sich eventuell auch kritisch zur Bank äussern können?»
«Ich werde mich weiterhin kritisch zur Credit Suisse äussern, wenn es dafür einen Anlass gibt.»
Dina Pomeranz sagt: «Ich fühle mich völlig frei in meinen persönlichen oder politischen Äusserungen und in meiner Forschung, selbstverständlich auch zur UBS oder zu Themen, welche die UBS betreffen.» Ihre Stelle sei völlig unabhängig von der Grossbank, auch wenn die Gelder ursprünglich von ihr stammen. Es komme immer auf die konkrete Ausgestaltung solcher Partnerschaften an, um sicher zu stellen, dass die Unabhängigkeit gewahrt bleibe.
Der St. Galler Professor Manuel Ammann, Leiter des neuen CS-Forschungszentrums, hat in der Vergangenheit die Bank öffentlich kritisiert. Er sagt dazu: «Ich werde mich weiterhin kritisch zur Credit Suisse äussern, wenn es dafür einen Anlass gibt.» CS-Schweiz-Chef André Helfenstein unterstützt das: «Wir wollen uns der Kritik stellen.» Die akademische Freiheit sei zentral.
«Es ist sicher so, dass die Sponsoren eines Lehrstuhls Kritik nicht gerne sehen», sagt der emeritierte Bankenprofessor Hans Geiger. Er hatte einst ebenfalls einen von Banken unterstützten Lehrstuhl inne und bekam vor Jahren Ärger mit der CS-Spitze, weil er die Bank kritisierte. Er gab nicht klein bei. «Ich glaube auch Manuel Ammann lässt sich nicht von seiner Meinung abbringen.»

Bei der Hochschule hofft man auch nicht, dass der eigene Ruf leiden könnte, wenn die CS in einen Skandal, wie etwa derzeit die Greensill-Affäre, verwickelt ist. «Wir haben grosses Vertrauen in die CS», so HSG-Prorektor Zellweger. Hingegen ist auch die HSG nicht frei von Problemen, die auf die CS abfärben könnten – wie etwa die Verwicklung von HSG-Professor Johannes Rüegg-Stürm in den Raiffeisen-Skandal zeigt.
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