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Neue Technologie fürs Auto
Schweizer Firma tüftelt an der Windschutzscheibe der Zukunft

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Taxifahrten könnten künftig mit Augmented Reality mehr Abwechslung bieten. 
Porsche setzt bereits auf die Projektion wichtiger Informationen direkt auf die Windschutzscheibe. 
Die intelligenten Windschutzscheiben warnen den Fahrer vor Gefahren und geben Hinweise. 
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Science-Fiction-Fans kennen das aus Serien wie «Raumschiff Enterprise»: Auf der Kommandobrücke flackern Hologramme auf, über die die Crew mit Verbündeten aus entfernten Galaxien spricht. Was bisher eine Spielerei in Filmen war, könnte bald für eine breite Öffentlichkeit zur Realität werden – nämlich im Auto.

Das Schweizer Start-up Wayray arbeitet an intelligenten Windschutzscheiben, die ihre Umgebung erkennen und bestimmte Elemente hervorheben können: So markieren Hologramme mit leuchtenden Strichen die Fahrbahn, warnen vor scharfen Kurven oder zeigen den nächsten Fussgängerstreifen und freie Parkplätze an. Für den Fahrer ändert sich erst mal nichts – er blickt wie gewohnt durch die Scheibe. Die zusätzlichen Elemente werden wie eine zweite Ebene transparent über den Sichtbereich gelegt.

Startschuss für selbstfahrende Autos?

Die neue Technologie macht das Fahren sicherer und gibt Entscheidungshilfen. Doch das ist nicht alles: Wayray sieht die Bilder in der Windschutzscheibe als Wegbereiter für selbstfahrende Autos. Denn mithilfe der Visualisierung wird für die Insassen nachvollziehbar, wann und warum das Auto bremst, Gas gibt oder einlenkt. So könnten die heute noch skeptischen Nutzer ihre Bedenken ablegen, sich in ein selbstfahrendes Auto zu setzen.

Herzstück der neuen Technik ist ein Projektor, der im Innern des Autos montiert ist. Um die Hologramme an die Bedürfnisse der Autoindustrie anzupassen, hat Wayray eigens einen Laser entwickelt. Und auch die Scheiben sind mit einer speziellen Schicht ausgestattet.

Das Interesse bei den Autobauern ist gross. Nach einer siebenjährigen Entwicklungsphase ist Wayray nun dabei, erste kommerzielle Verträge abzuschliessen. Porsche und Hyundai konnte das Unternehmen bereits überzeugen: Sie haben sich als Investoren an der jungen Firma beteiligt – ebenso wie Alibaba und diverse Staatsfonds. Insgesamt hat Wayray bislang 100 Millionen Dollar eingesammelt.

Vom Autounfall zum eigenen Start-up

Hinter dem ehrgeizigen Projekt steht ein junger Russe: Vitali Ponomarev studierte Marketing und Design. Die Idee zur eigenen Firma kam ihm durch einen Autounfall. Auf einer Fahrt durch Moskau war er kurzfristig so von seinem Navigationsgerät abgelenkt, dass er auf das Auto vor sich auffuhr. Der Crash ging glücklicherweise einigermassen glimpflich aus – doch er brachte Ponomarev zum Nachdenken. Er habe die sogenannte Augmented Reality, bei der die digitale und die analoge Welt zusammenwirken, im Auto anwenden wollen, erzählt er im Gespräch mit dieser Zeitung.

Von Moskau in die Schweiz: Unternehmer Vitali Ponomarev. 

Die nötige technische Expertise holte sich der heute 32-Jährige auch von aussen. «Ich verstehe die Grundlagen in vielen Feldern – auch in Physik. Das hilft mir dabei, gute Teams zu bilden. Denn das ist meine Verantwortung als CEO.» Heute hat die Firma gut 250 Mitarbeitende. Nach dem Start in Russland übersiedelte Wayray in die Schweiz – zuerst nach Lausanne und dann nach Zürich.

Corona führt zu Verzögerungen

Doch obwohl die ersten Produkte bald startklar sind und das Unternehmen potente Investoren im Hintergrund hat, lief zuletzt nicht alles nach Plan. Die Corona-Krise hat den Zeitplan von Wayray beeinflusst. «Zum Engpass wurde die Logistik», sagt Ponomarev und führt als Beispiel die aufwendig hergestellten Prototyp-Windschutzscheiben an, die Wayray in Holland laminieren lässt. Durch die Pandemie wurde der grenzüberschreitende Transport zu einer Herausforderung – und führte teils zu langen Verzögerungen.

Zudem ist es aktuell schwierig geworden, an neue Investorengelder zu kommen. Zum einen, weil Reisen und persönliche Treffen derzeit sehr erschwert sind. Zum anderen, weil angesichts der Krise auch potenzielle Geldgeber vorsichtiger geworden sind.

Doch auch ohne Corona-bedingte Hürden würde es Ponomarev wohl nicht langweilig: Neben Wayray verfolgt der junge Visionär noch ein weiteres Entwicklungsprojekt. Seine Firma Centaura untersucht die Alterung des Menschen und will ein Rezept dagegen finden. Darüber hinaus tüftelt das Unternehmen an einer Alternative für die heute oft millionenteuren Gentherapien der Pharmafirmen. Diese auf Jahrzehnte angelegten Forschungsprojekte finanziert Ponomarev selbst. Denn Risikokapitalgeber hätten keinen so langen Planungshorizont, sagt er.