Proteste in HongkongSchweizer Banken wollen Peking nicht verärgern
Schweigen bei UBS, Credit Suisse und Julius Bär: Die Unruhen um das neue Sicherheitsgesetz für Hongkong sind ein heikles Thema für hiesige Finanzhäuser.
In der Schweiz lösen die Unruhen in Hongkong nur wenig Betroffenheit aus. Wie schon der Beginn der Corona-Krise in Wuhan scheinen die Ereignisse weit in Hongkong weg zu sein. Doch was in der ehemaligen britischen Kronkolonie vorgeht, trifft auch die Schweiz: Denn für die hiesigen Banken ist der Finanzplatz Hongkong eine wichtige Drehscheibe für Nordasien.
Allein die UBS beschäftigt in Hongkong rund 2500 Mitarbeiter, bei der Credit Suisse sind es rund 2000. Dank des Aufstiegs Chinas zu einer wirtschaftlichen Weltmacht ist Hongkong nach der Schweiz der zweitgrösste Finanzplatz bei der grenzüberschreitenden Verwaltung von Vermögen.
China versucht nun, mit einem neuen Sicherheitsgesetz die Küstenstadt mit ihrer aufmüpfigen Bevölkerung unter Kontrolle zu bekommen. China will neu Separatismus oder Umsturz der Staatsgewalt unter Strafe stellen. Das löst die Sorge aus, das Prinzip «ein Staat, zwei Systeme» sei in Gefahr.
Tatsächlich berichten Bankmanager, dass einige Kunden Gelder jüngst nach Singapur transferiert hätten. «Singapur dürfte Marktanteile gewinnen», meint ein Manager. Eine Massenflucht sei aber nicht zu beobachten.
Banken nehme keine Stellung
Die vorherrschende Meinung in der Branche ist daher, dass Hongkongs Zukunft als Finanzplatz bisher nicht gefährdet ist. Aus einem einfachen Grund: «China hat keinerlei Interesse, den Finanzhub Hongkong zu beschädigen», meint ein Topmanager. Ein anderer ergänzt: «Das lokale Geschäft ist durch die Corona-Krise stärker betroffen als durch das neue Sicherheitsgesetz.»
Interessant ist ferner, dass das Thema derart heikel ist, dass UBS, Credit Suisse und Julius Bär sowie andere Häuser unisono ablehnen, zur Frage Hongkong Stellung zu nehmen. Bei einer Bank wurde ein bereits zugesagtes Hintergrundgespräch kurzfristig abgesagt. Niemand will es sich mit den Machthabern in Peking verderben.
So durften UBS und Credit Suisse erst vor kurzem die Mehrheit an ihren Brokerfirmen auf dem chinesischen Festland übernehmen. Beide Grossbanken hoffen nun auf einen guten Startplatz, sollte China seinen eigenen Finanzplatz liberalisieren.
Shanghai kann Hongkong nicht das Wasser reichen
Bis es so weit ist, spielt die Musik in der Vermögensverwaltung in Hongkong. Während in China Kapitalverkehrskontrollen herrschen und die Währung Yuan nicht frei konvertierbar ist, können Kunden und ihre Vermögensberater von Hongkong aus frei schalten und walten. Und bisher ist nicht bekannt, dass die Machthaber in Peking Hongkong diese Lebensader abschnüren wollen.
Daher sind Festlandchinesen die wichtigste Kundengruppe in Hongkong. Chinesische Unternehmen verfügen über Gesellschaften im Ausland, die Gewinne daraus fliessen oft nicht zurück nach China, sondern verbleiben im Ausland, um das Geld frei investieren lassen zu können. Zudem lockt Hongkong mit Annehmlichkeiten – so sind zum Beispiel Kapitalgewinne, Zinsen und Dividenden steuerfrei. China ist zwar bemüht, eigene Finanzplätze wie Shanghai zu fördern – doch bis dato können sie Hongkong nicht das Wasser reichen.
«Die Geschichte zeigt: Das Kapital arrangiert sich mit den Machthabern.»
Einige Bankmanager äussern die These, dass ein verstärkter Sicherheitszugriff Chinas am Ende sogar gut für die Geschäfte sein könnte. Je weniger Unruhe, desto besser. «Die Geschichte zeigt: Das Kapital arrangiert sich mit den Machthabern», meint ein Banker.
Das zeigen derzeit exemplarisch die beiden britischen Bankgiganten HSBC und Standard Chartered: Peter Wong, Asien-Chef von HSBC, hat jüngst auf einer Onlineplattform eine Petition unterstützt, die sich für das umstrittene neue Sicherheitsgesetz ausspricht. Auch Standard Chartered machte einen Kotau: «Wir hoffen, dass mehr Klarheit über den finalen Gesetzesvorschlag Hongkong erlauben wird, die wirtschaftliche und soziale Stabilität zu bewahren», teilte die Grossbank mit, die über ein Viertel ihrer Einnahmen aus Hongkong bezieht.
Der Streit, wie sich Hongkong zum übermächtigen China stellen soll, geht dabei quer durch die Bankbelegschaften: Die einen fordern eine engere Anbindung an Peking, andere beharren auf ihren Freiheitsrechten. «Da tut sich regelrecht ein Riss in der Firma auf», berichtet ein Manager.
Fehler gefunden?Jetzt melden.