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Widmer in der Region Lugano
Die Tessiner Beutewanderung

Einer der Stars dieser Route: Der Luganersee, hier gesehen aus der Gegend von Carona.
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Food-Waste, da liegen Esswaren auf dem Boden! Wir sind im Tessin, in der Region Lugano. Sind vor einer halben Stunde an der Bushaltestelle Figino, Dogana gestartet, sind ins Dorf hineingegangen, sind dann in den Wald unter dem Monte Arbòstora eingebogen.

Der Aufstieg beginnt, der Boden ist übersät mit Stachelhüllen, braun glänzen die Kastanien. Derweil Wanderfreundin Ronja vorauseilt, klaube und klaube und klaube ich Esskastanien auf. Mein Rucksack ist nun ein gutes Kilo schwerer.

Romanik im Walde

Steil steigt der Weg Richtung Carona, Ronja wartet in einer Lichtung vor einem anmutigen Bau: einer Kirche in verblichenem Rot, vormals Teil eines Klosters, das heute in Privatbesitz ist. Romanik im Wald.

Hier herrschte im Mittelalter strengste Zucht: Das Klösterchen Santa Maria Assunta di Torello.

Santa Maria Assunta di Torello entstand im Mittelalter, die Mönche unterstanden einem strengen Regime, lese ich später in einem Artikel der NZZ. Zwischen Mitternacht und Schlafenszeit beteten sie siebenmal. Streng verboten war, die Gebete routinemässig herzuleiern, sie mussten bewusst gesprochen werden. Geschlafen wurde in den Kleidern. 

Wir steigen weiter auf, erreichen kurz vor Carona die Wallfahrtskirche Madonna d’Ongero. Ein kolorierter Pflasterweg führt zu ihr.

Hier muss ich etwas deklarieren: Auf unserer Route hat es weitere prächtige Kirchen. Würde ich sie alle erwähnen und feiern, wie es ihnen gebührt, könnte ich vom Rest der Wanderung gar nichts erzählen.

Am Rand von Carona, einem schmucken und entsprechend viel besuchten Dorf, erblicken wir bald darauf das ­Restaurant La Sosta, in dem ich für uns Plätze reserviert habe.

Mmmh, Randentatar.

Beim Studium der Menükarte stelle ich fest, dass das eine teure Einkehr wird. Aber das Essen ist hervorragend, das beginnt schon mit ­meiner Vorspeise, einem Randentatar mit Kapern und Zitrönchen. Die Kombination erfrischt.

Wo der Riri-Mann residierte

Nach dem Zmittag machen wir wieder Höhe, streng ist das nicht. Den berühmten Parco San Grato lassen wir rechts liegen; er ist eine Unternehmung für sich. Das Grundstück ge­hörte einst dem St. Galler Martin Othmar Winterhalter, der in den 1920er-Jahren den Riri-Reissverschluss entwickelt hatte. Später liess ein Stahlindustrieller den botanischen Garten bauen.

Der Höhenweg Richtung Süden verläuft nun geradeaus, unter uns erstreckt sich zur Linken der Luganersee. Wir sehen den Monte San Salvatore, den Monte San Giorgio, den Sighignola und viele andere Gipfel.

Rustikales Restaurant auf der Alpe Vicania.

Vor der Alpe Vicania beginnt der Pfad sich zu senken. Die gemauerte Alphütte mit dem Zaun, an dem Velos lehnen, ist ein Restaurant. 

Es beginnt die letzte Etappe. Weit über 1000 Treppenstufen sind den steilen Hang nach Morcote hinab zu nehmen. Bei einem Känzeli mit Geländer rasten wir auf einer Bank, blicken auf das ockerfarbene Dächermeer.

Gleich unterhalb machen wir einen Abstecher und gehen durch den Cimitero monumentale, den Friedhof von Morcote. Die letzten Meter ­hinab zum See wackeln mir hernach die Knie.

Das Ziel ist erreicht: Morcote, an diesem Tag wohltuend ruhig.

Unten kaufen wir uns ein Gelato und flanieren unter den Portici, den gemauerten Laubengängen am Quai – der entspannte Schluss einer entspannten Wanderung.

Das kulinarische Nachspiel

Am nächsten Tag koche ich mir zu Hause aus den Kastanien, ergänzt mit Süsskartoffeln und Maiskörnern, eine Suppe. Püriert wird nicht, ich mag es, wenn die einzelnen Zutaten sich nicht völlig mischen.

Wieder zu Hause in der Deutschschweiz. Die Marroni sind ein feines Souvenir.

Schön süsslich und sehr fein ist die Suppe, und ich muss beim Löffeln wieder an die Wanderung vom Vortag denken. An die Kirchen. An den Luganersee. Und an den Wald, in dem Nahrung herumliegt.

Thomas Widmer (62) ist leidenschaftlicher Wanderer. Er bloggt täglich unter widmerwandertweiter.blogspot.com. Sonderangebot: Widmers Bücher «Neue Schweizer Wunder» und «Schweizer Wunder» im Paket, Versand gratis, 45 statt 55 Franken. Echzeit-Verlag, 4056 Basel. echtzeit.ch/schweizerfamilie