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Proteste gegen Mullah-Regime
Schweiz trägt EU-Sanktionen gegen den Iran nicht mit

Frauen in Genf zeigen sich solidarisch mit den Protesten im Iran, 22. Oktober 2022.
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Die Schweiz hat sich den EU-Sanktionen gegen den Iran wegen der Lieferung von Drohnen nach Russland angeschlossen. Nicht übernommen hat die Schweiz allerdings die EU-Sanktionen wegen der breiten Proteste und Menschenrechtsverletzungen im Iran. Das hat das für Sanktionen zuständige Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) unter Bundesrat Parmelin gemeinsam mit dem Aussendepartement (EDA) von Bundesrat Cassis beschlossen.

Der Entscheid wurde «unter Einbezug aller innen- und aussenpolitischen Interessen der Schweiz» gefällt, darunter auch «die guten Dienste der Schweiz im Iran», heisst es in einer Mitteilung. Der Gesamtbundesrat wurde an seiner Sitzung vom 2. November 2022 über diese Entscheide informiert.

«Dieser Entscheid ist ein Skandal»

Die Schweiz übernehme die EU-Strafmassnahmen wegen der aktuellen Proteste im Iran nicht, doch verurteilten die Behörden in der Mitteilung die Gewalt der iranischen Sitten- und Religionspolizei. Die Schweiz fordert die Islamische Republik zur Einhaltung der Menschenrechte auf und werde die Lage «weiterhin genau verfolgen und den kritischen Dialog mit der iranischen Regierung weiterführen».

An den bereits erlassenen weitreichenden Sanktionen gegenüber dem Iran hält die Schweiz fest. Darunter befinden sich auch Finanz-, Reise- und Gütersanktionen. 

Der Entscheid des Bundesrats stösst auf Kritik. Für Mitte-Nationalrätin Marianne Binder ist klar, dass die Schweiz die Sanktionen im Einklang mit der EU hätte nachziehen müssen. «Ich sehe keinen einzigen Grund, der dagegen spricht – weder aus diplomatischen noch aus wirtschaftlichen oder neutralitätspolitischen Gründen.»

Die Schweiz müsse jetzt alles tun, um diese Demokratiebewegung zu unterstützen und den Menschen im Iran ein Zeichen zu geben. Auf das Schutzmachtmandat angesprochen, sagt Binder: «Das Schutzmachtmandat ist für die Menschen da, nicht für die Mullahs.»

Auch SP-Nationalrat Fabian Molina findet klare Worte: «Dieser Entscheid ist ein Skandal.» Rein rechtlich gebe es keinen Grund, zwischen thematischen und anderen Sanktionen zu unterscheiden. «Es ist absurd, hohe iranische Militärs wegen Drohnenlieferungen zu sanktionieren, aber nicht wegen Menschenrechtsverbrechen.» 

Brutalität nimmt täglich zu

Die 22-jährige Mahsa Jina Amini ist am 16. September von iranischen Sittenpolizisten zu Tode geprügelt worden, weil sie ihr Kopftuch nicht vorschriftsgemäss getragen haben soll. Seit ihrem Tod finden im ganzen Iran Proteste statt. Gestern hat die Menschenrechtsorganisation Amnesty International den UNO-Menschenrechtsrat aufgefordert, das gewaltsame Vorgehen der Einsatzkräfte des Regimes gegen Demonstrierende im Iran zu untersuchen.

Die Organisation verbreitete ein vielfach im Netz geteiltes Video aus Teheran, das zeigt, wie Sittenpolizisten eine am Boden liegende Person treten und schlagen. Anschliessend überrollt ein Motorradfahrer die Person, auch ein Schuss ist zu hören. Das Video zeige, so Amnesty, dass die Brutalität der Einsatzkräfte keine Grenzen kenne.

Am Mittwoch haben iranische Staatsmedien ausserdem ein Video des bekannten Rappers Tumaj Salehi verbreitet, das ihn mit verbundenen Augen auf dem Boden zeigt. In einem erzwungenen Geständnis sagt er mit zitternder Stimme: «Ich habe einen Fehler gemacht.» Salehi wurde vor einigen Tagen festgenommen und gemäss Angehörigen gefoltert. In seinen Liedern prangert er die Gewalt und die Korruption des Islamischen Regimes an.

Derweil rufen Schweizer Iranerinnen und Iraner erneut zu einer Kundgebung am Samstag auf dem Bundesplatz in Bern auf. Die EU hat bereits angekündigt, in den nächsten Wochen weitere Sanktionen gegen den Iran zu beschliessen. Das bedeutet für den Schweizer Bundesrat, dass er sich erneut mit diesem Thema befassen muss.