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Russengelder und Sanktionen
Was die Schweiz auf den kritischen Brief der G-7 antwortet

Bundespräsident Alain Berset und Vizepräsidentin Viola Amherd begrüssen US-Botschafter Scott Miller bei der Überbringung der Neujahrsgrüsse durch das Diplomatische Korps im Januar. Miller ist einer der Unterzeichner des kritischen Briefs an den Bundesrat.
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Wie stark steht die Schweiz beim Aufspüren und Einfrieren von russischen Oligarchengeldern international unter Druck? Diese Frage beschäftigt die Schweiz, nachdem die G-7-Botschafter am 5. April einen ziemlich undiplomatisch formulierten Brief an den Bundesrat geschickt haben. Diese Zeitung hat den Brief im Wortlaut veröffentlicht.

Das Schreiben liess die Wogen vor und hinter den Kulissen hochgehen, denn die Botschafter der G-7-Staaten warfen der Schweiz vor, die Sanktionen gegen russische Oligarchen nur ungenügend umzusetzen. Darüber hinaus forderten die Botschafter, die Schweiz solle der G-7-Taskforce zur Umsetzung von Finanzsanktionen beitreten. Die Taskforce spürt weltweit Gelder russischer Eliten auf, die Präsident Putin nahestehen und deswegen sanktioniert sind.

Zusammenarbeit funktioniere gut

Am Mittwoch nun, im Anschluss an die Bundesratssitzung, waren Bundesratssprecher André Simonazzi sowie diverse Amtsstellen des Bundes darum bemüht, die Sache unter Kontrolle zu halten. Simonazzi verwies auf eine Stellungnahme des Wirtschaftsdepartements, die postwendend nach der Veröffentlichung des Botschafterbriefs erfolgte.

Darin wird ein Beitritt zur G-7-Taskforce als unnötig bezeichnet – jedenfalls zum heutigen Zeitpunkt. Die internationale Zusammenarbeit beim Aufspüren und Einfrieren von problematischen Geldern russischer Herkunft funktioniere auf technischer Ebene gut; ein Beitritt zur G-7-Taskforce werde allenfalls dann Thema, wenn dieser dereinst sachdienlich sein sollte. (Mehr dazu: Die USA sanktionieren Schweizer – und erhöhen so den Druck)

Zuletzt hatte Bundespräsident Alain Berset (SP) diese Haltung am Dienstag vor den Medien anlässlich seines Besuchs beim deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz bekräftigt. Berset erklärte in Berlin, die Schweiz arbeite mit der G-7-Taskforce gut zusammen. Da sie aber weder Mitglied der G-7 noch der G-20 sei, stehe eine formelle Mitgliedschaft in der Taskforce nicht an. (Dazu mehr im Podcast: Warum mehrere Schweizer auf der Sanktionsliste stehen)

Der Brief der G-7-Botschafter sei im Bundesrat nicht weiter diskutiert worden, sagte Sprecher Simonazzi. 

Bundesratssprecher André Simonazzi sagte am Mittwoch, der Bundesrat sei in seiner Sitzung über die verschiedenen Kontakte auf internationaler Ebene informiert worden. Es werde weitere Kontakte diesbezüglich geben, anlässlich derer die Position der Schweiz erklärt werde. Der Brief der G-7-Botschafter sei im Bundesrat nicht weiter diskutiert worden.

G-7-Minister schweigen

Recherchen zeigen: Bundesbern scheint sich uneins darüber, wie der G-7-Brief zu interpretieren ist. Manche Stellen fürchten, der Druck werde weiter zunehmen. Jacques Pitteloud, der Schweizer Botschafter in den USA, warnt vor «Rissen und Kratzern im Image der Schweiz». Inoffizielle Aussagen von Involvierten aus drei Departementen zeigen aber, dass der erste Schrecken über den Brief mancherorts einer gewissen Gelassenheit gewichen ist. Mehrere Auskunftspersonen stellen die Theorie auf, die G-7-Botschafter hätten auf eigene Initiative gehandelt, ohne «ihre» Regierungen eng einzubinden.

Ein Indiz dafür gibt es: Nachfragen dieser Zeitung bei jenen Bundesräten, die zuletzt im Ausland mit G-7-Ministerinnen und -Ministern im Kontakt standen, scheinen zu bestätigen, dass der Druck auf die Schweiz, den die Botschafter aufgebaut haben, auf Ministerebene bisher kaum Fortsetzung fand.

So ist am Treffen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der G-20-Finanzminister, das letzte Woche in Washington stattfand, gegenüber der Schweiz offenbar kein weiteres Powerplay aufgezogen worden. Eine Sprecherin von Finanzministerin Karin Keller-Sutter (FDP) sagt gar: «Bei den zahlreichen Treffen mit Vertretern von G-7-Staaten oder EU-Mitgliedsstaaten gab es keine einzige diesbezügliche Äusserung gegenüber der Schweiz.»

Keine Vorwürfe gab es nach Auskunft von EDA-Sprecher Michael Steiner auch an die Adresse von Aussenminister Ignazio Cassis (FDP), der zur gleichen Zeit in Washington weilte.

Wirtschaftsminister Parmelin sprach mit seinem kanadischen Kollegen – auch da sei der Brief kein Thema gewesen. 

Guy Parmelin (SVP) schliesslich traf am 14. April seinen kanadischen Amtskollegen, dessen Botschafter in der Schweiz den Brief mitunterzeichnet hat. Der Wirtschaftsminister sprach in Kanada mit Industrie- und Wissenschaftsminister François-Philippe Champagne. Parmelin habe sich länger mit diesem unterhalten. Der Brief sei dabei kein Thema gewesen. Der kanadische Minister habe «im Gegenteil die hervorragende und freundschaftliche Zusammenarbeit mit der Schweiz unterstrichen».

Keine Verschärfung der Lage bewirkte gemäss Darstellung des Staatssekretariats für Wirtschaft auch der Besuch des obersten Sanktionsverantwortlichen aus den USA. Unterstaatssekretär Brian Nelson traf am Mittwoch Seco-Chefin Helene Budliger. Dieser habe dabei die Teilnahme der Schweiz an den internationalen Sanktionen gegenüber Russland gewürdigt. 

Das Seco habe gegenüber Nelson betont, dass die Schweiz heute intensiv mit anderen Staaten zusammenarbeite – «unabhängig von einer formellen Taskforce-Mitgliedschaft». Man habe abgemacht, dass der Informationsaustausch weiter ausgebaut werde. Das Treffen habe «in einem äusserst konstruktiven und respektvollen Rahmen» stattgefunden, schreibt das Seco. Ziel sei es, mithilfe der Sanktionen die Kosten der Militäraggression für Russland weiter zu erhöhen.