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Schweigegeld-Prozess
Trump ist ein Straftäter – bestraft wird er aber nicht

Trump nahm nicht physisch am Gerichtstermin teil – stattdessen war er zugeschalten. (10. Januar 2025)
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Der Angeklagte hat sich nicht die Mühe gemacht, persönlich in seiner Heimatstadt New York aufzutauchen, um der Verkündung seiner Strafe beizuwohnen. Er liess sich am Freitagmorgen aus Florida per Video in den Gerichtssaal von Manhattan zuschalten. «Good Morning, Mister Trump», sagte der zuständige Richter Juan Merchan zu dem Mann, der nicht im Gerichtssaal war.

Trump hatte auch als virtueller Teilnehmer die Möglichkeit, das Wort zu ergreifen. Während des Prozesses im vergangenen Jahr hatte er konsequent geschwiegen, diesmal machte er von seinem Rederecht Gebrauch. «Ich bin völlig unschuldig», sagte er. Das Gericht sah das anders.

Merchan hat sich im Fall des Schweigegeldprozesses von New York für eine sogenannte «unconditional discharge» (bedingungslose Straffreiheit) entschieden. Das bedeutet: Trump muss weder ins Gefängnis, noch erhält er eine Bewährungs- oder eine Geldstrafe.

Gleichzeitig aber ist damit in den Augen des Gesetzes die Verurteilung Trumps aus dem vergangenen Frühsommer formell abgeschlossen. Er ist hiermit offiziell schuldig gesprochen. Auch wenn das im Grunde nur eine symbolische Strafe ist, handelt es sich um einen beispiellosen Vorgang. Trump geht nun in die Geschichte ein als der erste US-Präsident, der als verurteilter Straftäter sein Amt antritt.

Die symbolische Strafe als «praktikabelste Lösung»

Überrascht kann von dieser Entscheidung niemand sein. Merchan hatte bereits im Vorfeld angedeutet, eine solche symbolische Strafe scheine ihm «die praktikabelste Lösung zu sein», um das Verfahren abzuschliessen. Und das ist in der Tat dringend geboten: In gut einer Woche soll Trump in Washington zum zweiten Mal als US-Präsident vereidigt werden.

Zwischen seinen beiden Amtszeiten wurde Donald Trump in insgesamt vier Strafverfahren angeklagt. Die beiden Verfahren auf Bundesebene wurden nach seinem Wahlsieg eingestellt, ein weiteres in Georgia liegt auf unbestimmte Zeit auf Eis. Bleibt der sogenannte Schweigegeldprozess von New York, der einzige, in dem es bislang zu einem Verfahren kam. Und einem Urteil.

Vor einem Geschworenengericht in Manhattan war Trump Ende Mai vergangenen Jahren wegen Bilanzfälschung in 34 Fällen für schuldig gesprochen worden. Ursprünglich hatte Richter Merchan das Strafmass bereits im Juli verkünden wollen, er verschob das dann aber zunächst auf September, nachdem der Oberste Gerichtshof US-Präsidenten eine weitgehende Immunität garantiert hatte und zunächst nicht klar war, inwiefern sich das auf den Prozess von Manhattan auswirken würde. Der Termin im September (mitten im Präsidentschaftswahlkampf) schien dann aber genauso wenig zu passen wie derjenige im November (kurz nach Trumps Wahlsieg), weshalb er schliesslich auf diesen Freitag verlegt wurde, also kurz vor der Vereidigung Trumps.

Man kann wohl sagen, dass alle diese Zeitpunkte auf ihre Weise politisch ungünstig lagen oder liegen, aber diesen Prozess deshalb gar nicht zum Abschluss zu bringen, war aus Merchans Sicht eben auch keine Lösung. Diese zähe Angelegenheit mit der Verkündung des Strafmasses endlich abzuschliessen, sei die einzig denkbare Lösung im Interesse des Rechtsstaats, teilte Merchan mit.

Donald Trump hat nun die Möglichkeit, gegen den Schuldspruch in der nächsthöheren Instanz vorzugehen, was er definitiv tun wird. Dabei hätte es zweifellos schlimmer kommen können für ihn, noch vor einigen Monaten lag es zumindest im Bereich des theoretisch Möglichen, dass er 2025 ins Gefängnis statt ins Weisse Haus einziehen würde. Und doch ist es ihm offenbar ein Anliegen, dass von diesem Fall nicht nur wenig, sondern gar nichts an ihm hängen bleibt.

Trumps persönlichster Fall: Ausnahmsweise endet er nicht ganz nach Wunsch

Trump hat diesen Prozess von Manhattan immer als politisch motivierte «Hexenjagd» bezeichnet, er und seine Anwälte liessen bis zuletzt nichts unversucht, um ihn kurz von der angekündigten Strafmassverkündung doch noch komplett zu stoppen. Zunächst probierten sie es um den Jahreswechsel vor einem Berufungsgericht, vergeblich. Mitte dieser Woche forderten Trumps Anwälte in einem Eilantrag dann auch noch den Obersten Gerichtshof dazu auf, das Strafverfahren auszusetzen. Dieser wies das am Vorabend mit knapper Mehrheit zurück.

Bei seiner Pressekonferenz unter der Woche, auf der er neben Grönland, Panama und Kanada auch grosse Teile der restlichen Welt in Aufregung versetzte, wirkte Trump nicht nur leicht wirr, sondern vor allem auch extrem schlecht gelaunt. Führende Trump-Deuter vermuteten, dass seine Grummeligkeit auch der ungeklärten Prozesslage geschuldet war. Trump wollte seine Gerichtsverfahren vor seiner Amtseinführung allesamt abräumen. Das ist ihm in nahezu allen Fällen gelungen, nicht aber bei diesem New Yorker Schweigegeldprozess.

Für Trump war dies immer ein besonderer Fall, weil es für ihn der persönlichste ist. Sicherlich: Verurteilt worden ist er am Ende wegen illegaler Finanztricks. Aber das klingt technischer, als die Beweisaufnahme in Manhattan abgelaufen war. Nach Überzeugung der Geschworenen hatte Trump sich im Wahlkampf 2016 einen Vorteil verschafft, in dem er eine Schweigegeldzahlung von 130’000 Dollar an die Pornodarstellerin Stormy Daniels hatte verschleiern lassen. Diese Pornodarstellerin aber verschleierte in ihrer Zeugenaussage gar nichts. In einer fast schon unerträglichen Detailtiefe berichtete sie von ihrer mutmasslichen Affäre mit Donald Trump, der in dieser Geschichte als Schwerenöter in Boxershorts auftauchte und nicht das geringste Problem damit hatte, seine Ehefrau Melania zu verleumden. Diesen Fall gänzlich zu zertrümmern, war für Trump also auch eine Frage der Ehre. Es ist ausnahmsweise mal nicht alles nach seinem Willen verlaufen.