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Milliarden-Einsparpotenzial
Schub für E-Autos als Powerbank

Eine E-Auto-Batterie kann ein Einfamilienhaus für vier Tage mit Strom versorgen.
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Die Schweiz braucht Strom. Viel Strom. Erst recht, wenn bis 2050 sämtliche Verbrennerautos durch elektrische ersetzt sind. Klimaschonende E-Autos sind aber nicht nur Stromfresser – sie taugen auch als Speicher.

Der Grossteil der E-Autos hat nämlich eine Reichweite von mehr als 400 Kilometern. Pro Tag legen Schweizerinnen und Schweizer aber lediglich 35 Kilometer im Auto zurück. Heisst: Die Autos stehen grösstenteils rum, nur ein Bruchteil der Batterien wird entladen.

Hier setzt eine Idee an, die letztes Jahr in der Schweiz erstmals grossflächig getestet wurde. Der Akku des Elektroauto soll als Powerbank genutzt werden – und die Energie aus den Solarzellen speichern. Wird Energie fürs Kochen oder Heizen benötigt, wird sie aus dem Akku gezogen. 

Jetzt treibt die Politik die Speicheroffensive voran. Denn obwohl die Batterien wie kleine Pumpspeicherwerke genutzt werden können, haben sie im Gegensatz zu diesen bislang einen entscheidenden Nachteil: Sie sind nicht vom Netzentgelt befreit. Je nach Netzbetreiber verdoppelt der Zuschlag den Strompreis – das Speichern ist so unrentabel.

Das soll sich ändern, entschied die Energiekommission des Nationalrats am Donnerstag einstimmig. Die Kommission will die Rahmenbedingungen fürs Energiespeichern verbessern. Und damit das Netzentgelt für Elektroauto-Batterien abschaffen.

Eine Steilvorlage an die Kolleginnen und Kollegen im Ständerat: Deren Energiekommission hatte vergangenen Herbst noch beschlossen, Batteriespeicher von der Netzentgeltbefreiung auszuschliessen.

Bis zu 6 Milliarden tiefere Stromkosten

Den Stein ins Rollen gebracht hatte GLP-Präsident Jürg Grossen, der im «SonntagsBlick» seine Offensive ankündigte. Grossen ist zugleich Präsident des Verbands Swiss E-Mobility, der eine Studie bei der ETH Zürich in Auftrag gegeben hatte, die wohl nicht ganz zufällig vor den Kommissionsberatungen vergangenes Wochenende publiziert wurde.

Finanziert wurde die Studie zudem von Auto-Schweiz und der Solarfirma Helion. Letztere gehört seit wenigen Monaten dem Autohändler Amag. Der VW-Importeur will künftig Steckerfahrzeuge und Fotovoltaikanlagen gemeinsam verkaufen.

Elektroautos haben eine Reichweite von teils über 400 Kilometern. Damit gefahren wird am Tag aber nur ein Bruchteil.

Die Studie liefert eine erste Schätzung, welchen Wert die Elektroauto-Speicher für das Schweizer Stromsystem haben könnten. Das System heisst Vehicle-to-Grid (V2G) – vom Fahrzeug zum Netz.

Gemäss der Studie soll die intelligente Nutzung von V2G das Schweizer Stromsystem flexibler machen – und die Kosten des Schweizer Stromsystems senken. Bis 2050 könnten demnach bis zu 6,5 Milliarden Franken (14 Prozent) eingespart werden.

Die ETH-Fachleute kamen zu drei Erkenntnissen:

  • Erneuerbar produzierter Strom kann durch V2G effizienter genutzt werden. Damit könnten bis 2050 bis zu 55 Terawattstunden Strom zusätzlich ins Netz eingespeist werden – im Wert von einer Milliarde Franken.

  • Die Batterien helfen, Marktpreisunterschiede flexibel zu nutzen. Etwa, indem Importe in Zeiten hoher Marktpreise vermieden werden können. 

  • V2G kann dazu beitragen, auf Notstromaggregate zu verzichten, die teuer sind und auf fossilen Brennstoffen basieren.

Die ETH Zürich betont, dass die Ergebnisse als Szenarien verstanden werden sollen. Nicht als Prognosen. 

«Wichtige Stützen für die Stabilisierung der Stromnetze»

Die nationalrätliche Umweltkommission will das Speichern nun gar doppelt attraktiv machen. Für Batteriespeicher soll kein Netzentgelt mehr bezahlt werden müssen – und jene mit Endverbrauch sollen von einer Rückerstattung der Gebühr profitieren für die aus diesen Speichern ins Netz zurückgespeiste Energie.

Der Branchenverband Swissolar freut sich entsprechend über die Beschlüsse, es seien «wichtige Weichenstellungen» für den weiteren Solarausbau. Auch der Wirtschaftsverband Swisscleantech lobt den Entscheid. Dezentrale Stromspeicher wie Fahrzeugbatterien seien «wichtige Stützen für die Stabilisierung der Stromnetze».

Lädt eine Fahrerin ihr Elektroauto, zahlt sie dem Netzbetreiber eine entsprechende Gebühr – das Netzentgelt.

Weniger erfreut reagiert Maurus Bachmann, Geschäftsführer von Smart Grid Schweiz. Der Verein vertritt die Interessen von 13 grossen Verteilnetzbetreibern. «Im Grundsatz belasten Speicherladungen oder -entladungen das Netz, ob Verbraucher angeschlossen sind oder nicht», sagt Bachmann. Werde das Elektroauto dann geladen oder entladen, wenn das lokale Netz gerade sehr belastet sei, sei das eine zusätzliche Belastung.

«Nimmt der Fahrzeugbesitzer aber Rücksicht auf die lokale Netzsituation, kann das dem Gesamtsystem helfen.» In einem smarten Netzentgelt sieht Bachmann einen notwendigen Anreiz für diese Rücksichtnahme.

Helion-Chef Noah Heynen widerspricht: «Autobatterien werden das Netz nicht zusätzlich belasten, wenn sie system- und marktdienlich eingesetzt werden. Dies haben diverse Studien bewiesen.» Das Laden werde ohnehin weiterhin mit Netzentgelt besteuert. 

Fürs Speichern und Einspeisen von Strom in die verschiedenen Märkte werde eine Elektroauto-Besitzerin zudem nur entlöhnt, wenn sie das Netz eben nicht belaste. Die Ladestationen sind mit dem Internet verbunden und reagieren auf Signale unter anderem von Swissgrid, wenn beispielsweise das Netz überlastet ist.

Als Nächstes wird sich der Nationalrat der Diskussion stellen, wenn er in der Märzsession darüber berät.