Schlachthof Zürich wird umgenutztKinder sollen dabei zusehen, wie Schweine gemetzget werden
Der Schlachthof zieht 2026 aus. Doch ein «Schlacht-Showroom» für Zürcher Primarschulkinder soll bestehen bleiben. Das kostspielige Projekt von Stadt und Kunstschule sorgt für Kritik.

- Schulklassen und Familien sollen ab 2026 Schlachtungen im neuen Lernraum mitverfolgen können.
- Der dreissig Quadratmeter grosse Showroom orientiert sich an industriellen Schlachtereien.
- Drei Millionen Franken kostet das pädagogische Projekt mit zwei Vollzeitstellen.
- Ein Podiumsgespräch soll die kritischen Stimmen aus der Quartierbevölkerung aufnehmen.
Beim folgenden Artikel handelt es sich um den 1.Aprilscherz des «Tages-Anzeigers». Wir haben ihn hier aufgelöst.
Wie entsteht eine Wurst? Diese Frage rückt die Stadt in einem neu geplanten Raum auf dem Schlachthofareal ins Zentrum. Kinder sollen dereinst hautnah miterleben können, wie ein Tier geschlachtet und nach mehreren Zwischenschritten zu Wurst verarbeitet wird. Dies ist einem internen Schreiben des Gesundheitsdepartements der Stadt Zürich zu entnehmen, das dieser Redaktion vorliegt.
Mit dem geplanten Raum soll die Erinnerung des Handwerks im Schlachthof lebendig bleiben und gleichzeitig der bewusste Fleischverzehr gefördert werden, heisst es in dem Planungskonzept. Möglich wird das Projekt, weil der Schlachthof schneller auszieht als einst geplant. Den Umbau plant die Stadt ab Sommer 2026. Bis zur Neugestaltung stehen die Räume für Zwischennutzungen zur Verfügung.
Ab Sommer 2026 sollen Schulklassen oder interessierte Familien mit Kindern im Primarschulalter im Rahmen von Schwerpunkt-Projekten aus der Nähe mitverfolgen können, wie ein Tier zu Fleisch verarbeitet wird. Der extra dafür konzipierte Raum, der an industriellen Schlachtereien orientiert ist, misst rund 30 Quadratmeter und ist begehbar.

«Damit bleibt den Zuschauer*innen in Erinnerung, welche Vorgänge nötig sind, bevor eine Wurst auf den Teller kommt», heisst es im Papier des Gesundheitsdepartements. Dem Schreiben zu entnehmen ist auch, dass die Minimetzgerei in Zusammenarbeit mit einer Projektgruppe der ZHDK und lokalen Innenarchitekten entstanden ist. Eine weisse Kachelung soll an klassische White Rooms in Galerien erinnern. «Durch das karge Innere wird nicht zuletzt die Brutalität sichtbar, die jeder Fleischverarbeitung innewohnt», beschreibt es die Projektgruppe.
Hautnah dabei sein bei einer Schlachtung
Die Interessierten können zum Beispiel dabei sein, wenn die Tiere in den Schlachtraum geführt werden und dort mit einem Bolzenschuss erlegt werden. Auch das Ausweiden der Innereien gehört zum Prozess, der hier erlebbar werden soll. Ob Schulkinder dem Metzger dabei zur Hand gehen dürfen, ist noch nicht entschieden. Klar ist, dass der Besuch des Schlachtraums für Kinder in Stadtzürcher Schulen obligatorisch werden soll.

Nach einem etwa eineinhalbstündigen Prozess bleibt Zeit, das Erlebte zusammen mit dem Metzger zu besprechen. «Es ist uns bewusst, dass diese Bilder schockierend sein können, das ist aber genau der Zweck dieser Bildung», heisst es aus Studierendenkreisen der ZHDK. Es soll damit ein «geschärftes Bewusstsein für den Fleischkonsum» geschaffen werden.
Zürich kann Vorreiterrolle einnehmen
Der pädagogische Schlachtraum ist die erste von zahlreichen Zwischennutzungen, die auf dem grossen Areal geplant sind. Derzeit läuft ein partizipatorisches Verfahren, bei dem Anwohnende und Interessierte ihr Mitspracherecht wahrnehmen können. Die Ideen reichen von der kinderfreundlich gestalteten Grünzone bis zu bezahlbaren Räumen für Künstler und das lokale Gewerbe.
Auf Anfrage bestätigt Stadtrat Andreas Hauri (GLP), dass die Pläne für den Schlachtraum-Showroom existieren. Der Stadtzürcher Gesundheitsvorsteher sagt: «Am Projekt überzeugt besonders, dass die Kunstszene wie auch die urbane Lebensmittelproduktion involviert sind.» Das Ziel, ein bewusster Umgang mit Fleischkonsum, sei im Interesse einer verantwortungsvollen Gesundheitspolitik. Zürich könne damit eine Vorreiterrolle in «partizipativer Pädagogik» einnehmen, so Hauri.

Kritisch sieht das Projekt die lokale SVP. Gemeinderat Reto Brüesch sagt: «Das ist eine linke Bevormundung, die wieder viel Geld kostet und in ihrem Ausmass selbst für die Stadt Zürich untypisch ist.» Die Zürcherinnen und Zürcher hätten das Recht, ungezwungen ihre Bratwurst oder ihr Zürcher Geschnätzeltes zu essen, ohne über die Hintergründe der Herstellung Bescheid zu wissen, so Brüesch.
Tatsächlich ist der Schlachtraum nicht günstig: Das Budget für das Projekt beträgt laut Schreiben 3,2 Millionen Franken. Darin enthalten sind Planungs- und Baukosten, zwei 100-Prozent-Stellen für ausgebildete Metzger sowie Unterrichtsmaterialien. Die Innenarchitektur wird durch die ZHDK und in Zusammenarbeit mit Kleinmetzgereien übernommen.
Stadt krebst zurück und lädt zum Austausch
Bei den im Planungsprozess des neuen Schlachthofs involvierten Elterngruppen kommt der Schlachtraum schlecht an. Eine Elternvereinigung aus dem Quartier, die sich für Grünraum einsetzt, hat vergangene Woche in einem Brief gegenüber Hauri ihre Bedenken geäussert. «Der begrenzte Raum im Schlachthof sollte für etwas genutzt werden, das der Entwicklung der Kinder zugutekommt», heisst es in dem Schreiben. Eine Schlachterei lasse sich nur schwer mit angrenzenden Spielplätzen, die dort ebenfalls entstehen sollen, in Einklang bringen.
Um die Bedenken der Eltern ernst zu nehmen, hat die Stadt kurzfristig ein Podiumsgespräch initiiert, bei dem Interessierte zum ersten Mal den Raum begehen können. Andreas Hauri, Vertreter der ZHDK, ein Mental Coach, sowie zwei ehemalige Mitarbeiter des Schlachthofes stehen Rede und Antwort. Treffpunkt ist heute Dienstag, 10 Uhr, eingangs Schlachthof.
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