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Interview mit Zeitschrift
Mit 95 Jahren träumt Lilo Pulver von einer Million und einem neuen Mann

16.11.2018, Berlin: Liselotte Pulver freut sich über die Auszeichnung für ihr Lebenswerk bei der 70. Verleihung des Medienpreises Bambi im Stage Theater. Foto: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ (KEYSTONE/DPA/Jens Kalaene)
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Gefragt nach einem Wunsch zum 95. Geburtstag, ist klar, was an erster Stelle steht: «Am meisten wünsche ich mir Gesundheit», sagte Liselotte «Lilo» Pulver jüngst in einem Interview, um dann aber schelmisch und lachend «und eine Million» nachzuschieben. Wer Pulvers unbändiges Lachen aus «Ich denke oft an Piroschka» in Erinnerung hat, weiss, wie die Stimmung beim Interview der Schauspielerin mit der Schweizer «Glückspost» gewesen sein muss. Ihren 95. Geburtstag feiert sie am Freitag.

Pulver geht es gut, das ist wohl die wichtigste Botschaft aus dem Gespräch der Illustrierten mit der Schauspielerin. Sie habe keine nennenswerten Zipperlein und wolle über hundert Jahre alt werden, sagte die in einer Seniorenresidenz lebende Pulver. Dabei berichtete sie von einem diszipliniert strukturierten Alltag – mit Aufstehen um 07.30 Uhr, täglicher Gymnastik, Spaziergang, Unterhaltung und rechtzeitiger Nachtruhe.

Die meisten anderen aus ihrer Schauspielgeneration sind längst gestorben. So steht Pulver als eine der letzten einer Generation eines Will Quadflieg, O. W. Fischer, Curd Jürgens oder Heinz Rühmann. Was bei Fischer der Charme und bei Rühmann die Vielseitigkeit waren, war bei Pulver das Lachen, mit dem sie die Massen mitriss. Neben «Ich denke oft an Piroschka» sind «Das Wirtshaus im Spessart» oder Billy Wilders «Eins, zwei, drei» die grössten Erfolge der Schweizerin.

The Swiss actress Liselotte Pulver as Vreneli pictured with Hannes Schmidhauser during the shooting of the film "Ueli der Knecht" in June, 1957. (KEYSTONE/PHOTOPRESS-ARCHIV/Str)

Die Schweizer Filmschauspielerin Liselotte Pulver als Vreneli zusammen mit Hannes Schmidhauser im Film "Ueli der Knecht", aufgenommen im Juni 1957. (KEYSTONE/PHOTOPRESS-ARCHIV/Str)

Pulver kam am 11. Oktober 1929 in Bern zur Welt. Sie arbeitete ab 1948 als Model und nahm erste Schauspielstunden. 1952 sorgte Pulver als quasi durchgehend lachende Tochter eines ungarischen Bahnhofsvorstehers in «Ich denke oft an Piroschka» für den Filmerfolg des Jahres.

Die zweite grosse Hauptrolle bekam sie 1958 in «Das Wirtshaus im Spessart», wo die eher knabenhaft gebaute Pulver in Hosen einen Wanderburschen spielte. Wegen des grossen Erfolgs gab es sogar eine Spessarttrilogie – und Pulver war künstlerisch obenauf. «Ich war damals der Nummer-zwei-Star in Deutschland». Nur an Ruth Leuwerik kam sie nicht vorbei. Dafür wurde Pulver auch international bekannt. Weil sie so gut Französisch sprach, bekam sie viele Rollen in Frankreich.

Die Schweizer Filmschauspielerin Liselotte Pulver, zweite von links, und Heinz Ruehmann, links, nehmen als beliebteste deutschsprachige Schauspieler das "Bambi 1965" entgegen, aufgenommen am 10. Mai 1965. Rechts von Pulver befinden sich Rock Hudson, Sophia Loren und Pierre Brice. (KEYSTONE/Photopress-Archiv/Str)

Mit Audrey Hepburn und Doris Day wurde Pulver verglichen – und auch eine Weltkarriere winkte ihr. Sie hatte das Angebot, in dem später mit elf Oscars ausgezeichneten «Ben Hur» eine Hauptrolle zu spielen. Doch wegen eines anderen Filmvertrags musste sie ablehnen. 1961 sollte sie im Hollywooderfolg «El Cid» die Hauptrolle spielen, wieder standen die Verträge im Weg – Sophia Loren bekam Pulvers Rolle. «Das waren absolute Keulenschläge, nach denen steht man nicht so leicht wieder auf», sagte Pulver einmal.

Tatsächlich gehörte sie in der Folge zu den Verlierern des endenden Kinobooms in Deutschland. Ab Ende der 60er Jahre bekam sie kaum noch Rollen. Erst als sie in der deutschen Ausgabe der «Sesamstrasse» mit ihrer ansteckenden Fröhlichkeit mitwirkte, war Pulver ab Ende der 70er Jahre wieder präsenter. Das Comeback dauerte allerdings nur wenige Jahre, im Fernsehen fasste sie nie richtig Fuss.

Dazu kamen die grösser werdenden privaten Schatten. Ihre Tochter Mélisande stürzte 1989 unter unklaren Umständen mit 21 Jahren vom Berner Münster. Nur wenige Jahre nach diesem Schock starb 1992 ihr Mann, der Schauspieler Helmut Schmid, mit dem Pulver seit 1961 verheiratet war und mit dem sie den Sohn Marc-Tell hat.

Zwischenzeitlich klang bei Pulver viel Unzufriedenheit durch. Doch das legte sich offenbar zuletzt. Sie erfreut sich am Besuch von ihrem Sohn und Enkel, hofft auf eine Million für ihren Garten und träumte in der «Glückspost» sogar noch einmal von einem neuen Mann. «Die Hoffnung stirbt zuletzt – er müsste schön, reich und lustig sein», zitierte die Illustrierte Pulver und merkte an, dass bei ihr darauf ein schallendes Lachen folgte.

AFP/anf