Galaxy S24 Ultra im TestWas Samsungs neues KI-Handy alles kann
Revolution oder PR-Trick? Das Smartphone setzt an allen Ecken und Enden auf künstliche Intelligenz. Wir haben das Topmodell im Alltag getestet.
Ja, ein bisschen besser geworden ist die Hardware der neuen Samsung-Handys auch. Beim Test des Galaxy S24 Ultra (ab 1300 Franken) fällt sofort auf, dass der Bildschirm viel weniger reflektiert als bei anderen Smartphones. Grossartig!
Auch hat Samsung mit der Unart aufgehört, Bildschirme an den Kanten leicht nach unten zu biegen. Das sah zwar immer schön aus, war aber unpraktisch.
Dass die Kamera hinten statt eines 10-fach-Teleobjektivs wie beim Vorgänger nun «nur» noch ein 5-fach-Teleobjektiv hat, ist mutig und sinnvoll. Ausser bei Vergleichstests fällt das nicht negativ auf, und in den meisten Fällen sind Alltagsfotos so deutlich besser.
Ansonsten gibts die üblichen evolutionären Verbesserungen. Alles ist ein bisschen besser, aber nicht umwerfend viel besser als beim Vorgänger oder gar beim Vorvorgänger. Beim Design hat sich auch kaum etwas getan. Ausser dass das Top-Smartphone von Samsung – wie Apples Top-Smartphone – nun auch einen Rahmen aus Titan hat.
KI statt Hardware
Okay, insgesamt viele kleine Verbesserungen. Kein Wunder also, dass Hardware-Spezialist Samsung beim Marketing der neusten Smartphones weniger auf die neue Hardware als vielmehr auf künstliche Intelligenz (von Google) setzt.
Mit dem Galaxy S24 läutet Samsung das Zeitalter der KI-Smartphones ein. Doch was daran ist reines Marketing – schliesslich ist KI das Zauberwort der Stunde – und was bringt im Alltag tatsächlich etwas?
Im Alltagstest mit dem S24 Ultra fällt vor allem auf, dass das alles nicht so revolutionär ist, wie es klingt. Es handelt sich vor allem um Hilfsfunktionen, die man hin und wieder gut brauchen kann.
Es fällt aber auch auf, wie sehr die Grenzen zwischen KI und nützlichen Software-Funktionen verschwimmen. Nicht überall, wo KI draufsteht, steckt auch KI drin. Das ist beim Samsung-Smartphone nicht anders.
Die Grenzen verschwimmen
Auch ist nicht immer ganz klar, was jetzt auf dem Gerät selbst erledigt wird und was auf einem Server (vermutlich von Google) irgendwo im Internet gemacht wird. Hier hat sich der übliche Trick bewährt: Das Handy in den Flugmodus versetzen und schauen, ob eine Funktion noch klappt oder nicht.
Dabei fällt auf, dass weder Bildretuschen, Zusammenfassungen noch Umformulierungen funktionieren, wenn das Handy keine Server zu Hilfe rufen kann.
Möchte man den Samsung-Sprachassistenten Bixby (ja, den gibts noch) ohne Internetverbindung nutzen, muss man für einfache Anfragen wie das Aktivieren der Taschenlampe erst mal ein Offline-Sprachpaket herunterladen. Für Übersetzdienste ebenso.
Übersetzen
Besonders stolz ist Samsung auf die automatische Übersetzung von Telefonanrufen. Das klappt im Test inzwischen deutlich einfacher und schneller als beim ersten Ausprobieren.
Nützlicher ist im Alltag allerdings die elegante Integration der Übersetzfunktion direkt in die Tastatur. So kann man – egal in welchem Messenger – bequem in allen möglichen Sprachen schreiben.
Umformulieren
Mehr eine Spielerei ist vorderhand die Möglichkeit, Kurznachrichten von der KI noch mal umformulieren zu lassen. Man kann zwischen höflich, professionell und für Social Media optimiert wählen. Bei Letzterem schlägt die KI gleich entsprechende Hashtags vor.
Zusammenfassen
Wer Samsungs Notiz-App nutzt, kann seine viel zu langen Notizen nachträglich zusammenfassen lassen. Im Alltag ist das etwa praktisch, wenn es Manuskripte schnell zu überfliegen gilt. Wer Samsungs Notiz-App aber im Alltag nicht nutzt, für den ist es ein Umweg zu viel. Da gibt es einfachere Zusammenfassdienste.
Fotos verändern
Möchte man auf Fotos ein unliebsames Objekt verschieben oder gar verschwinden lassen, kann man das an die KI delegieren. Bei 08/15-Fotos klappt das ziemlich gut.
Ich habe aber zum Test Gegenstände auf den Boden gelegt und verschwinden lassen. Das sorgt immer wieder für Belustigung. Die Samsung-KI lässt sie nämlich meist nicht verschwinden, sondern ersetzt sie durch andere Sachen. Aus einem Samsung-Handy wird so schon mal ein Rasierpinsel.
Insgesamt ist es aber auch eine philosophische Frage, wie stark man Fotos «verändern» darf, damit sie noch als Foto gelten. Samsung markiert KI-Fotos mit drei Sternchen in einer Ecke. Die lassen sich mit etwas Zuschnitt freilich leicht entfernen.
Schneller suchen
Die beste Neuerung ist aber die Möglichkeit, einfacher zu suchen. Sieht man auf dem Handybildschirm etwas, was einen interessiert, drückt man einfach etwas länger auf den Home-Knopf oder die Home-Leiste, und schon kann man das Objekt umkreisen oder antippen. Schon macht Google eine Bildersuche. Das ist einfach, intuitiv und flink. Ich vermisse es auf dem iPhone und anderen Android-Handys bereits.
Das Beste an all den Software-Neuerungen ist aber, dass sie nicht nur auf der neusten Hardware zum Einsatz kommen. Auch die Topmodelle vom letzten Jahr sollen die neuen Funktionen per Update bekommen, verspricht Samsung. Noch ist es aber nicht so weit.
Da viele dieser Funktionen von Google stammen, werden sie in naher Zukunft wohl auch auf andere Android-Handys kommen.
Apropos Zukunft: Für die neuen S24-Modelle verspricht Samsung sieben Jahre lang Updates. Das ist Rekord! Und motiviert andere Hersteller hoffentlich nachzuziehen.
Fazit
In Sachen Hardware gibt es aktuell kaum ein besseres Smartphone als das Galaxy S24 Ultra. Samsungs KI-Handy ist aber nicht die Revolution, nach der es klingt. Dafür läutet es das Zeitalter der Software-Firmen ein. Hardware ist inzwischen rundum gut genug. Unterscheiden und verbessern kann man sich mit Software. Kein Wunder, lehnt sich Samsung mehr denn je an Google. Die können Software.
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