Geschenke mit Tiefsinn14 Sachbuch-Tipps unserer Wissen-Redaktion für Weihnachten
Von Einstein bis Nofretete, von der Biene bis zum Wind: Diese Bücher überraschen mit faszinierenden Einblicken in die Welt des Wissens.
«Feed the Planet» – Fantastische Bilder mit bedrohlicher Aussage
Auf den ersten Blick sieht es atemberaubend schön aus, «wie unser Appetit die Erde formt», so der Untertitel des Buchs «Feed the Planet» vom Fotografen George Steinmetz. Doch die ästhetischen Ansichten, die oft aus der Luft aufgenommen wurden, zeigen auch deutlich, wie die Produktion der Nahrungsmittel die Landschaft verändert: durch immens grosse Weideflächen für Rinder in den USA, durch mit Plastikplanen überzogene Anbauflächen in Spanien oder durch 160 Quadratkilometer grosse Rapsfelder in China, einer Fläche so gross wie Liechtenstein. Auch die Texte von Joel K. Bourne sind eindrucksvoll, gespickt mit Zahlen: «Von den 50’000 essbaren Pflanzen auf unserem Planeten liefern drei – nämlich Weizen, Reis und Mais – über fünfzig Prozent der Kalorien, von denen die Weltbevölkerung lebt», schreibt der Journalist. Vitamine, Mineralien und Ballaststoffe liefern Obst und Gemüse, die sich aber kaum maschinell ernten lassen – anders als die meist in Monokulturen angelegten Getreidefelder. Dennoch wären die Flächen ausreichend, um sogar noch mehr Menschen als die jetzigen acht Milliarden zu ernähren, wäre da nicht der Hunger auf tierische Proteine: Milchprodukte, Fleisch oder Fisch. Die wertvollsten Meeresfrüchte sind übrigens Garnelen. Um ein Kilo zu züchten, werden 0,8 Kilo Wildfische verfüttert. Die Arbeiterinnen von Avanti Frozen Foods in Indien schälen die Garnelen einzeln per Hand – bis zu vierzig Tonnen am Tag. (afo)
Georg Steinmetz: Feed the Planet – Wie unser Appetit die Erde formt, Knesebeck, 2024, S. 256, ca. 68 Fr.
«Einstein» – Liebschaften, Scheidung und Genie
Weltweit gibt es sicher mehrere Hundert Biografien über Albert Einstein. Braucht es tatsächlich noch eine weitere? Ja, wenn es ein Buch ist, wie es der Autor Walter Isaacson geschrieben hat. Der bekannte Biograf hat bereits Steve Jobs, Elon Musk, Leonardo da Vinci und andere porträtiert. Jetzt also Einstein.
Es gibt sicher Biografien, die tiefer in Einsteins wissenschaftliche Leistungen eintauchen. Aber wenige, die dem Menschen Einstein so nahe kommen. So zeigt Isaacson Einstein nicht nur als den genialen Wissenschaftler, der in seinem Wunderjahr 1905 als technischer Experte 3. Klasse am Patentamt in Bern die Physik revolutionierte. Der Autor schreibt auch über Einsteins Liebschaften, über seine Scheidung, seinen Ruhm, sein Judentum, über sein Verhältnis zu Gott, berichtet, wie er vor den Nazis fliehen musste, und erläutert sein Verhältnis zur Atombombe.
Gemäss Isaacson verdankt Einstein seinen Erfolg dem Umstand, «dass er die Schulmeinungen infrage stellte, Autoritäten nicht anerkannte und staunend über Rätsel nachsann, die andere für trivial hielten». (jol)
Walter Isaacson: Einstein – Die Biografie. Bertelsmann, 832 S., ca. 49 Fr.
«Odin» – Neues über den geheimnisvollen Gott
Das Interesse an der nordischen Mythologie ist heute gross. So gross, dass es der Gott Odin sogar in die Verfilmungen des Comicriesen Marvel geschafft hat. Unser modernes Wissen zur nordischen Gottheit steht allerdings auf wackligen Füssen und speist sich stark aus Bildern, die nicht etwa aus dem Frühmittelalter, sondern vor allem aus dem 19. Jahrhundert stammen. In seinem neuen Buch über Odin geht Klaus Böldl, Professor für Skandinavistik, den Spuren nach, woher die Versatzstücke dieses Wissens stammen. Entstanden ist ein äusserst faszinierender Bericht, der viel Neues enthält. Böldl zeigt die spätantiken Wurzeln der Figur Odin bei den Germanen. Sie hatten eine Gottheit, deren Namen wir nicht kennen, den die Römer aber nach ihrem eigene Gott Mercurius benannten – vermutlich weil er ähnliche Lebensbereiche abdeckte. Aus diesem Gott entstand der germanische Wodan, der dann zu Odin wurde. Böldl beschreibt auch, wie die verschiedenen Aspekte des vielfältigen Odin-Bildes entstanden. Odin und seine Verbindung zur Runenschrift, Odin der Geheimnisvolle, der Suchende oder Heilende. (abr)
Klaus Böldl: Odin – Der dunkle Gott und seine Geschichte, C.H. Beck, 315 S., ca. 40 Fr.
«Die Welt in einer Eierschale» – Die fragile Welt der Vögel
Was für eine Vielfalt, die uns die Illustratorin Sarah Heuzeroth mit ihrem Erstlingswerk anbietet. Die Autorin präsentiert in dem Bilderbuch für Erwachsene und Kinder die Abläufe der Natur am Beispiel der Vögel auf die anschaulichste Weise: In zahlreichen farbenfrohen Abbildungen erklärt sie, wie Eichelhäher Bäume verbreiten, indem sie im Herbst Bucheckern vergraben, wie Stockenten vermutlich Fischeier in andere Gewässer transportieren können, wie Geier dafür sorgen, dass sich menschliche Seuchen nicht ausbreiten. Die Zeichnungen wirken unglaublich dynamisch: Da flitzt ein Kleiber durch die Luft, stürzt sich ein Rotfusstölpel ins Meer oder zwitschert eine Meise ihr «Zi-Zi-Zi» einmal über die Doppelseite und warnt vor Greifvögeln.
Heuzeroth nimmt uns mit in verschiedene Länder, auf Inseln, in den Wald, ins ewige Eis. Das Besondere: Die Lesenden versinken dank der bunten, schwungvollen Zeichnungen sofort etwas atemlos ins Buch, bevor sie beim Lesen der Texte über die ökologischen Zusammenhänge nachdenklich werden. Am Schluss gibt es einen Ausblick: Wir können etwas tun. Dieses Buch ist Schauen, Staunen, Lesen und Lernen auf die schönste Art. (afo)
Sarah Heuzeroth: Die Welt in einer Eierschale, Eichborn, 2024. S. 112, ca. 42 Fr.
«Wind » – Überraschende Kultur- und Naturgeschichte
Bevor Sie dieses Buch lesen, überlegen Sie doch mal, was Ihnen zum Wind spontan einfällt. Ist es der tägliche Wetterbericht, der vor der kalten Polarluft warnt? Oder ist es der Föhn, der bei manchen Menschen Kopfweh auslöst? Oder die Wirbelstürme, die mit dem Klimawandel stärker werden?
Das Buch wird Sie überraschen, wie und wo dieses unsichtbare physikalische Phänomen auf der Erde seine Spuren hinterlassen hat und hinterlässt. Wind ist mehr als nur die gestalterische Wucht bei der Formung der Landschaft. Paläontologen können sich vorstellen, dass kühlende Luft mitverantwortlich für den aufrechten Gang des Menschen war, so sei in der heissen Umgebung der Kühlungseffekt stärker gewesen. Die Kraft des Windes spielte auch eine wichtige Rolle in der Mythologie des alten Orients oder im alten Ägypten. Der Handel auf dem Seeweg wäre ohne Passatwinde nicht in Schwung gekommen. Schlachten wurden entschieden, als im 1. Weltkrieg der Wind tödliches Chlorgas verbreitete. Ähnlich verfrachteten nach dem nuklearen Unfall in Tschernobyl Luftströme radioaktiv verseuchten Staub weit in den Süden.
Das Buch zum Wind von Louise M. Pryke überrascht durch Zusammenhänge, die einem gar nicht bewusst waren. Die Sprache ist gut verständlich, und die einzelnen Geschichten sind ansprechend illustriert. (lae)
Louise M. Pryke: Wind – Eine Kultur- und Naturgeschichte, Haupt, 230 S., 30 Fr.
«Die Evolution der Gewalt» – Warum Menschen begannen, Kriege zu führen
Möchte man in diesen Zeiten ein Buch über die Evolution der Gewalt lesen? Ja, wenn es von den Bestsellerautoren Harald Meller, Kai Michel und Carel van Schaik geschrieben ist. Das Team stellt die Frage nach der Natur des Menschen: Sind wir vom Ursprung her blutrünstig oder eher friedfertig? So beginnt die Reise in die Frühgeschichte. Das älteste bekannte Massengrab fanden Archäologen in Jebel Sahaba im Sudan. Dort müssen vor 13’400 Jahren immer wieder Kriege ausgebrochen sein, zeigen die Toten. Zur gleichen Zeit wurden unsere Vorfahren sesshaft. Die These ist, dass unsere Vorfahren erst durch die Sesshaftigkeit über die Nahrungsgrundlage Kriege führten. Die Autoren analysieren zudem unsere engsten Verwandten, den kriegführenden Schimpansen und den friedfertigen Bonobo. Offenbar dient die kollektive Gewalt der Schimpansen dazu, Weibchen zu erobern oder Flächen mit Nahrung zu verteidigen, was Bonobos nicht tun. Das Buch ist mit zahlreichen Beispielen angereichert, packend geschrieben und endet mit 12 Lektionen. Sie sollen die Voraussetzungen aufzeigen, unter denen sich die friedlichen Anlagen der Menschheit entfalten können. Dazu gehören funktionierende Demokratien oder die Gleichberechtigung von Frauen und Männern. (afo)
Harald Meller, Kai Michel und Carel van Schaik: Die Evolution der Gewalt, Warum wir Frieden wollen, aber Kriege führen. Eine Menschheitsgeschichte, 2024, DTV, S. 368, ca. 24 Fr.
«Die Lichtwandler» – Geheimnisvolle Pflanzenwelt
Die Wissenschaftsjournalistin Zoë Schlanger hat ein ungewöhnliches Sachbuch verfasst. Zunächst lässt sie uns daran teilhaben, wie sie langsam den Pflanzen verfällt. In ihren Mittagspausen liest sie alles über Farne und nachts weitere Lektüre über Botanik. Schliesslich kündigt sie ihren Job als Journalistin und nimmt ihre Leserschaft auf eine weltweite Recherche mit zu unterschiedlichen Forschenden. Schlanger möchte mehr über das boomende Forschungsgebiet wissen: Wie kommunizieren Pflanzen miteinander, wie wehren sie Feinde ab, wie überleben sie auf unwirtlichen Standorten? Letztlich geht es darum: Wie intelligent sind Pflanzen, und haben sie ein Bewusstsein? Schlanger nähert sich dem Thema vorsichtig, nicht reisserisch. Die Reisen führen die Autorin nach Hawaii, Schottland oder in die Schweiz. Hier trifft sie die Ökologin Consuelo De Moraes an der ETH Zürich. Die Forscherin untersucht ein verblüffendes pflanzliches Verhalten: Wenn zum Beispiel Maispflanzen von Raupen angefressen werden, können die Gewächse aufgrund der Speichelstoffe erkennen, um welche Raupen es sich handelt. Daraufhin setzen die Pflanzen chemische Stoffe frei, die Wespen anlocken, die ihre Eier in diese Raupen ablegen. Eine natürliche Schädlingsbekämpfung – ausgelöst von der Pflanze. Auch die Leserschaft ist Schlangers Faszination für Pflanzen schnell verfallen. (afo)
Zoë Schlanger: Die Lichtwandler – Wie Pflanzen uns das Leben schenken, S. Fischer, 448 S., ca. 42 Fr.
«Nach 1177 v. Chr.» – Wie Zypern das Ende der Bronzezeit überstand
Nach seinem Bestseller über das Jahr 1177 vor Christus legt der Amerikaner Eric H. Cline mit einer Fortsetzung nach. Sein neues Buch «Nach 1177 v. Chr.» beschäftigt sich mit dem Zusammenbruch am Ende der Bronzezeit. Aus diesem Kollaps entstand kein dunkles, wie manchmal behauptet, sondern ein neues Zeitalter, die Eisenzeit. Den zeitlichen Bogen spannt Cline rund 400 Jahre bis zu den Olympischen Spielen in Griechenland im Jahr 776 v. Chr.. Auch geografisch entsteht ein weites Panorama. Von Ägypten zu den Assyrern, den Phöniziern am Mittelmeer über Anatolien bis nach Griechenland. Wie schon der Vorgänger liest sich Clines neues Buch leicht und unterhaltsam. Sein Text entführt einen in faszinierende Welten, die viel zu selten Thema sind. Zudem bewertet der Archäologe und Historiker die verschiedenen antiken Kulturen anhand der Frage, wie gut sie den Zusammenbruch der Bronzezeit überstanden. Am besten schneidet dabei Zypern ab. (abr)
Eric H. Cline: Nach 1177 v. Chr. – Wie Zivilisationen überleben, wbg Theiss, 400 S., ca. 44 Fr.
«Im Cockpit der Biene» – Mehr als blosse Honiglieferanten
Der Autor Lars Chittka stellt in seinem Buch Fragen, an die herkömmliche Honigliebhaber vielleicht noch nie gedacht haben. Etwa, wie sich Bienen in ihrem dunklen Staat zurechtfinden. Das Leben dort sei vergleichbar mit einem fensterlosen Wolkenkratzer mit 100 Stockwerken, der so voll ist wie ein Bus zur Stosszeit, und alle laufen die Wände rauf und runter. So beschreibt es Chittka anschaulich, der das Verhalten von Insekten in ihrer Umgebung erforscht. Wir lernen, dass Bienen nicht nur sehen und chemische Duftsignale wahrnehmen können, sondern sich auch am Erdmagnetfeld orientieren. Dass Bienen in der Lage sind, komplexe Aufgaben zu lösen, zeigen verblüffende Experimente. Dabei haben Forschende künstliche Blüten nachgebaut mit einem Tropfen Zuckerwasser in der Mitte. Sie schoben die Blüten unter eine Plexiglasscheibe, sodass die Zuckerquelle verschlossen war. An der Blüte war allerdings eine Schnur befestigt. Besonders intelligenten Tieren gelang es, die Blüten an der Schnur hervorzuziehen und sich am Zucker zu laben. Chittka geht zwar stets auch ins Detail, etwa, wenn er das Gehirn der Bienen erklärt. Der Autor schreibt aber so verständlich und unterhaltsam über faszinierende Forschungsergebnisse, dass man nach der Lektüre Bienen nicht mehr nur als Honiglieferanten betrachten wird. (afo)
Lars Chittka: Im Cockpit der Biene, Folio, 2024, 323 S., ca. 40 Fr.
«Zeitalter der Ängste» – Wie gefährlich ist die Kernenergie?
Beim Thema Kernenergie lautet die Einschätzung oft: viel zu gefährlich. Im Gedächtnis sind Reaktorunfälle wie in Fukushima. Ist diese Angst berechtigt?
Walter Rüegg, ehemaliger Kernforscher und langjähriger Chefphysiker der Schweizer Armee, beschäftigt sich eingehend mit den Gefahren der Kernenergie und kommt zu erstaunlichen Ergebnissen: Bei der Erzeugung einer Gigawattstunde Strom aus Kernenergie, so erfährt man in seinem Buch, entstehen vor allem durch die freigesetzte Radioaktivität 50’000 tödliche Dosen – eine Dosis genügt, um einen Menschen zu töten. Man erfährt weiter, dass auch die Photovoltaik Giftstoffe freisetzt, etwa durch toxische Schlämme beim Abbau der Rohstoffe. Die Grössenordnung an tödlichen Dosen für eine Gigawattstunde Solarstrom sind vergleichbar mit der Kernenergie.
Zudem erfährt man im Buch viel über den Sinn und Unsinn verschiedener Grenzwerte, etwa für die Entscheidung, ob nach einem Reaktorunfall evakuiert werden sollte oder nicht. Und vor allem geht es um die Frage, was uns wirklich umbringt. Nur ein Hinweis: Feinstaub in den Ballungszentren und mangelnde Bewegung sind gemäss dem Autor weit gefährlicher als die Kernenergie. Ein teils etwas technisches Buch, das aber sicher zu reden gibt. (jol)
Walter Rüegg: Zeitalter der Ängste – Aber fürchten wir uns vor dem Richtigen? Königstuhl, 245 S., ca. 28 Fr.
«Die Königin» – Wie Nofretete weltberühmt wurde
Sie lebte im 14. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung in Ägypten. Wir wissen nichts über ihre Herkunft, ihre Kindheit oder wann und warum sie gestorben ist. Trotzdem ist die ägyptische Herrscherin noch heute präsent in unserer Kultur. Sogar die US-Sängerin Beyoncé trat vor einigen Jahren als Nofretete an einem Festival auf, und fast jeder kennt die berühmte Büste der Hauptgemahlin des Pharaos Echnaton. Der englische Historiker Sebastian Conrad beschäftigt sich in seinem Buch nicht nur mit der 1912 in Tell el-Amarna ausgegrabenen Büste der ägyptischen Herrscherin, sondern auch mit ihrer Geschichte beziehungsweise mit dem wenigen, was man gesichert über die Frau weiss. Ihr Name heisst übersetzt so viel wie «Die Schöne ist angekommen», und sie gilt noch heute als Inbegriff weiblicher Schönheit. Der Konflikt um die Büste, die 1920 nach Berlin kam, ist nicht gelöst. Ägypten fordert die Rückgabe, Conrad hält diese Forderung für legitim. (abr)
Sebastian Conrad: Die Königin – Nofretetes globale Karriere, Propyläen, 384 S., ca. 43 Fr.
«Wie man vorhersieht, womit keiner rechnet» – Warum es oft anders kommt, als man denkt
«Das iPhone hat keine Chance, einen nennenswerten Marktanteil zu erreichen. Keine Chance.» Mit diesen Worten äusserte sich der Vorstandsvorsitzende von Microsoft, Steve Ballmer, 2007 zum damals neuen Produkt des Konkurrenten Apple. Diese Fehlprognose ist eine von vielen, die Kit Yates zu Beginn seines Buches nennt. Damit gibt er den Grundton seines Werkes vor: zahlreiche Erkenntnisse, unterhaltsam verpackt.
Auch heute gibt es Wahrsager, und der Autor hat im Selbstversuch ausprobiert, mit welchen Tricks sie arbeiten. Als Mathematiker greift Yates auf mathematische Methoden zurück, aber kombiniert sie mit Ansätzen aus Biologie, Psychologie, Soziologie, Medizin, Wirtschaft und Physik.
Yates beleuchtet in seinem Buch die Welt des Zufalls und der Wahrscheinlichkeiten und erklärt, weshalb der Mensch damit so seine Schwierigkeiten hat. Dies macht der Autor durch viele Beispiele sehr anschaulich und in einer verständlichen und humorvollen Sprache. Wer wissen möchte, welche Voraussagen vertrauenswürdig sind und wer selbst eine höhere Trefferquote bei Prognosen erzielen möchte, wird in diesem Buch bestens bedient. (Stefan Parsch)
Kit Yates: Wie man vorhersieht, womit keiner rechnet – Richtige Prognosen treffen und unnütze vermeiden. Piper, München 2024, 432 S., ca. 26 Fr.
«Unser neues Auge im All» – Das faszinierende James-Webb-Weltraumteleskop
Als die Idee zum James-Webb-Weltraumteleskop aufkam, war der Vorgänger «Hubble» noch nicht einmal im All. Nun ist «Webb» seit fast zwei Jahren an seinem Bestimmungsort und liefert seit Juli 2022 Bilder. Und schon in dieser kurzen Zeitspanne hat es die Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern weit übertroffen.
Ein prachtvoller Band erzählt nun die Geschichte und stellt die Ausstattung dieses bislang aufwendigsten und mit rund neun Milliarden Euro teuersten Weltraumteleskops vor. Zudem beschreibt der Physiker und Wissenschaftsjournalist Till Mundzeck die Funktionsweise der verschiedenen Instrumente. Anhand zahlreicher Beispiele erläutert er, welche Fülle von Erkenntnissen mithilfe des «neuen Auges im All» bereits gewonnen wurde – über das Universum im Allgemeinen und im Besonderen über Galaxien, Sterne und Planeten.
Mit anschaulichen Texten und spektakulären Bildern vermittelt «Unser neues Auge im All» die Faszination des Kosmos. Besser lässt sich das kaum darstellen. (Walter Willems)
Till Mundzeck: Unser neues Auge im All – Das James-Webb-Weltraumteleskop. Spektakuläre Bilder unentdeckter Welten. National Geographic, 2024. 208 S., ca. 70 Fr.
«Die Geschichte der Anatomie» – Von verbotener Forschung bis zur Erkenntnis
Der innere Aufbau des menschlichen Körpers war lange Zeit tabu, immer wieder gab es Verbote, Leichen aufzuschneiden. Zu anderen Zeiten war das Sezieren nicht geregelt, oder neugierige Menschen setzten sich über die Verbote hinweg. So wurden über die Jahrhunderte die Erkenntnisse über die menschliche Anatomie immer genauer.
Der Autor Colin Salter hat zahlreiche Quellen gesichtet, darunter solche mit bis zu 5000 Jahre alten Informationen. Er beschreibt das Wissen der Ärzte aus der Antike, wie Hippokrates von Kos oder Galenos von Pergamon (Galen), sowie Quellen aus China, Japan und Persien. Erst im Spätmittelalter, in der Renaissance, interessierten sich auch Künstler für die Anatomie, sodass die Abbildungen genauer und oft ansprechender wurden. Das berühmteste Beispiel ist der «vitruvianische Mensch» von Leonardo da Vinci. Ende des 16. Jahrhunderts entstanden die ersten Anatomiesäle in den Universitäten von Padua und Leiden, bald darauf kam die Mikroskopie. Die Erkenntnisse nahmen schnell zu. Das 20. und das 21. Jahrhundert streift der Autor nur kurz, zu gross war nun die Zahl der Anatomiebücher.
Das Buch ist leicht verständlich geschrieben und bietet dank zahlreicher Abbildungen all denjenigen ein Lesevergnügen, die sich für Medizingeschichte interessieren. Stefan Parsch
Colin Salter: Die Geschichte der Anatomie, in 150 Büchern – von der Antike bis heute, Haupt, Bern, 272 S., ca. 40 Fr.
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