Eingefrorene Oligarchen-VermögenBundesrat verfolgt Cassis’ Russen-Gelder-Idee nicht weiter
Gesperrte russische Vermögen für den Wiederaufbau in der Ukraine zu verwenden, verstosse gegen die Verfassung, so eine Analyse. Vorschläge, das zu ändern, gibt es keine.
Aussenminister Ignazio Cassis hatte am WEF in Davos Erwartungen geweckt: Die eingefrorenen russischen Gelder seien eine mögliche Quelle für den Wiederaufbau der Ukraine, sagte er dieser Zeitung. Es gebe international Druck, dass sich alle Staaten an der Enteignung russischer Vermögen beteiligten, «also auch wir».
Im Interview stellte Cassis zwar fest, für eine Beschlagnahmung der Gelder bräuchte es völkerrechtliche und nationale Rechtsanpassung. Das Recht auf Eigentum sei durch die Verfassung geschützt, somit wäre eine Volksabstimmung nötig. Cassis tönte aber an, dass der Bundesrat Änderungen zur Diskussion stellen könnte. Eine Arbeitsgruppe sei dabei, Handlungsoptionen zu eruieren, sagte der Aussenminister.
Die Arbeitsgruppe legt nun aber keine Vorschläge vor. Sie hält lediglich fest, dass die Beschlagnahmung privater russischer Vermögenswerte gegen die Bundesverfassung, die geltende Rechtsordnung und internationale Verpflichtungen verstossen würde. Der Bundesrat hat am Mittwoch von dieser Analyse Kenntnis genommen – und keine weiteren Schritte angekündigt.
Staatseigentum einziehen?
International werden auch die Möglichkeiten für die Einziehung von Währungsreserven der russischen Nationalbank und von weiterem russischem Staatseigentum diskutiert. Ausserdem wird die Verschärfung von Strafnormen bei der Verletzung der Sanktionen durch sanktionierte Personen geprüft. Dazu hält der Bundesrat fest, die Schweiz verfolge die Überlegungen und beteilige sich an den Diskussionen, um ihre Sichtweise einzubringen.
Mit Oligarchengeldern hat sich diese Woche auch die Rechtskommission des Ständerates beschäftigt. Sie begann mit der Beratung zweier Motionen, welche die Schaffung einer Taskforce im Zusammenhang mit der Sperrung und allenfalls der Beschlagnahmung von Geldern verlangen. Entschieden hat sie noch nicht. Der Nationalrat hatte im Dezember der Schaffung einer Taskforce zugestimmt.
Ein ähnlicher Vorstoss, der allerdings auch das Einziehen der Gelder forderte, war im Sommer gescheitert. Der Bundesrat hält eine Taskforce für unnötig. Die – auch im internationalen Vergleich – hohe Summe an eingefrorenen Vermögenswerten zeige, dass die Prozesse funktionierten, argumentiert er. Im Zusammenhang mit den Sanktionen gegen Russland hat die Schweiz rund 7,5 Milliarden Franken sowie 15 Liegenschaften gesperrt.
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