Jahrestreffen der RückversichererAutofahren wird wohl teurer trotz Rekordgewinnen der Rückversicherer
Swiss Re und Co. verdienen so gut wie lange nicht, doch die Branche sorgt sich wegen Haftpflichtschäden in den USA. Das könnte auch Folgen für Autofahrende in der Schweiz haben.

Autofahrer müssen sich auf weitere Preiserhöhungen einstellen. Die Autoversicherer werden ihre Policen für das Jahr 2025 wohl um mehr als 10 Prozent verteuern, wenn sie nicht weiter Verluste machen wollen. Das sagten zumindest Experten der Hannover Rück beim Welt-Rückversicherungstreffen in Monte-Carlo.
Die Fahrzeugversicherung ist ein grosses Thema beim diesjährigen Branchentreffen. Nach den Jahren der Corona-Pandemie, in denen die Autoversicherer hohe Gewinne eingefahren haben, sind sie nun tief in die roten Zahlen gerutscht: Die Kundinnen und Kunden fahren wieder mehr, es gibt also auch wieder mehr Unfälle, und die Preise für Ersatzteile und Werkstattstunden sind dramatisch gestiegen.
Erstversicherer wie Zurich, Mobiliar oder Axa sichern Unternehmen und Privatleute gegen Schäden ab. Swiss Re, Munich Re oder Hannover Rück – die drei grössten Rückversicherungen der Welt – wiederum schützen die Erstversicherer vor Katastrophen und anderen hohen Belastungen, sie sind die Grosshändler des Risikoschutzes.
2025 könnten sich Preise von Rückversicherern erhöhen
Bislang waren viele Versicherer vorsichtig mit Preiserhöhungen in der Autoversicherung, um ihre Kunden nicht zu verprellen. Doch diese Vorsicht können sie sich nicht mehr leisten.
Ein Grossteil der Reserven ist aufgebraucht, und die Rückversicherer haben ihrerseits hohe Preise für die Schutzdeckungen durchgesetzt. Die Preiserhöhungen für 2025 müssten daher höher ausfallen als die acht bis neun Prozent für 2024, fordert Michael Pickel, Vorstand bei der Hannover Rück. «Sie müssen auf jeden Fall zweistellig sein.»
Nach einer jahrelangen Schwächephase haben hohe Schäden aus Naturkatastrophen und die Inflation dazu geführt, dass die Rückversicherer kräftige Preiserhöhungen durchsetzen konnten. Erstmals seit Jahren verdienen sie wieder prächtig. Doch viele Experten glauben, dass die Party bald vorbei sein könnte.

So geht die Ratingagentur Fitch davon aus, dass der Höhepunkt bereits überschritten ist, und hat den Ausblick für die Branche auf «neutral» gesenkt. «Die Preise dürften von nun an sinken, wenn auch moderat», sagte Fitch-Analyst Manuel Arrivé.
Die Rückversicherer wollen das nicht hören und bemühen sich, ihre neu gewonnene hohe Profitabilität zu verteidigen. «Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer», sagte Thomas Blunck, Vorstand der Munich Re. Ein gutes Jahr wie 2023 reiche längst nicht, um für die vier schlechten Jahre davor zu entschädigen.
In den USA verderben hohe Schadenersatzurteile die Laune
Besondere Sorge bereitet den Rückversicherern die Haftpflichtversicherung in den USA. Dort sprechen Gerichte immer höhere Schadenersatzurteile gegen Unternehmen aus. Ob eine schlecht gesicherte Stufe zu einem Fall mit Verletzung führt, ein Lastwagen einen Unfall verursacht, ein Arzt oder Krankenhaus fehlerhaft behandelt oder ein unsicheres Produkt Schäden anrichtet: Privatleute und Unternehmen verlangen immer öfter Schadenersatz.
Viele Prozesse werden von Investoren gegen Erfolgshonorar vorfinanziert. «Wir beobachten eine kontinuierliche Zunahme aggressiver Prozesspraktiken, die besonders für die Haftpflichtversicherung problematisch sind», sagte Gianfranco Lot, Manager bei der Swiss Re.
Dieser Trend hat in den vergangenen zehn Jahren zu einem Anstieg der Haftpflichtschäden in den USA um 57 Prozent geführt, wie Swiss Re berechnet hat. Im vergangenen Jahr beliefen sie sich auf sagenhafte 143 Milliarden Dollar (129 Milliarden Euro). Das sind weit mehr als alle Naturkatastrophenschäden weltweit zusammen: Sie kosteten Versicherer und Rückversicherer 2023 rund 108 Milliarden Dollar.
Schaden- und Inflationstrends wurden unterschätzt
Die Branche habe in den vergangenen Jahren bei den Haftpflichtrisiken einiges falsch gemacht, gibt Munich-Re-Vorstand Stefan Golling zu. «Wir haben eindeutig dabei versagt, Schaden- und Inflationstrends richtig einzuschätzen.» Die Versicherungswirtschaft sei zu optimistisch gewesen und habe zu lange zu niedrige Preise toleriert. «Wir können so nicht weitermachen.»
Aber wenn die Policen viel teurer werden, kann das Unternehmen in die Bredouille bringen. Dazu gehören US-Spediteure, die sich nach Unfällen mit verletzten Personen millionenschweren Schadenersatzklagen gegenübersehen können. «Gewerbliche LKW-Unternehmen in den USA haben bereits Probleme, die Deckungssummen zu bekommen, die sie benötigen», sagte Hannover-Rück-Vorstand Sven Althoff. Das könne sie die Existenz kosten.
Bei der Absicherung gegen Naturkatastrophen wie Hochwasser sind die Rückversicherer schon 2023 auf die Bremse getreten. Sie decken kleine und mittlere Risiken einfach nicht mehr. Das wurmt manchen Erstversicherer gewaltig. Greg Carter von der Ratingagentur AM Best sieht die Gefahr, dass sich die Rückversicherer immer stärker von ihren Kunden entfernen: «Wenn die Rückversicherung zu stark von den Risiken entfernt ist, was ist ihre Relevanz?»
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