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Meinung

Sozialismus vs. Kapitalismus
Kreuzzug gegen die UBS

UBS-CEO Sergio Ermotti beim Weltwirtschaftsforum in Davos am 17. Januar 2024.
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Der Ständerat hat diese Woche eine Motion von Jakob Stark, dem Thurgauer Vertreter der SVP, angenommen, wonach Banken, gemeint ist faktisch nur die UBS, ihren Chefs höchstens noch 3 bis 5 Millionen als Salär ausbezahlen dürfen. Knapp angenommen wurde dieser Unsinn zwar – mit 21 zu 19 Stimmen –, aber eben doch. Der Ständerat! Die Chambre de Réflexion! Wie man sich gerne nennt in Abgrenzung zum etwas vorlauteren, gedankenlosen, populistischeren Nationalrat? Dass ausgerechnet ein SVP-Mann die Motion vorgebracht hat, dass zudem weitere bürgerliche Ständeräte (SVP und Mitte) mit der Linken stimmten, zeigt, wie viele Politiker, die sich für wirtschaftsfreundlich halten und den Kapitalismus sonst verteidigen, den Kompass verloren haben.

Warum Unsinn?

Erstens, wer legt fest, was ein angemessener Lohn ist? Der, der ihn bezahlt, also der Eigentümer der Bank, der Aktionär, oder der, der nichts mit der Bank zu tun hat, ausser dass er findet, Sergio Ermotti verdiene zu viel, obschon er dessen Arbeit nicht beurteilen muss? Oder ist es Gott? Das ist nicht ironisch gemeint. Es offenbart das Dilemma. Gerechtigkeitsdebatten sind schwierig geworden, seit wir – oder die meisten von uns – keine ausserweltliche Instanz mehr anerkennen. Was ist schon gerecht? Wer ist die Instanz? Jakob Stark oder Cédric Wermuth? Niemand – oder alle, die man nie fragen kann, ist die richtige Antwort.

Dass Roger Federer, allein weil er besser Tennis spielen kann als ich, mein Einkommen um Millionen übertroffen hat, könnte ich auch als lästig empfinden, zumal ich von Tennis nichts verstehe, also kaum etwas davon hatte, dass Federer die Bälle so gut aufschlug. Natürlich hat auch sein astronomischer Lohn nichts mit Gerechtigkeit zu tun, sondern einzig mit der Tatsache, dass er Menschen fand, die bereit waren, ihm so viel dafür zu bezahlen. Weil sie so viel Freude an seinem Spiel erlebten. Niemand hat sie dazu gezwungen. Das ist bei der UBS offensichtlich auch der Fall. Die meisten Aktionäre – erleichtert, dass ihre Bank floriert – haben ihm ein hohes Salär zugestanden, ohne dass sie Gott oder der Teufel dazu genötigt hätte.

Zweitens: Wenn Ermotti viel verdient, wem genau tut das weh? Mir nicht – Ihnen auch nicht. Oder umgekehrt: Sollte er weniger bekommen, fliesst dieses Geld nicht an mich, sondern in der Regel an den Aktionär, seltener an andere UBS-Mitarbeiter, da sie meistens auch weniger erhalten, wenn das Salär des obersten Chefs gesenkt wird. Das Lohnniveau insgesamt rutscht ab. Selbst der Lehrling sieht einen kleineren Lohn. Angesichts der Tatsache, dass Ermotti als Spitzenverdiener auch Spitzensteuern zahlt, schade ich mir sogar selbst, wenn ich auf ein tieferes Salär für ihn bestehe, zumal ich es bin, der dann mehr Steuern bezahlt, weil weder Jakob Stark noch Cédric Wermuth dafür bekannt sind, dass sie je meine Steuern gesenkt hätten. Was der Staat Ermotti weniger an Steuern abknöpft, holt er stattdessen bei mir – oder Ihnen.

Das Gleiche gilt auch für die AHV. Denn, wie gesagt, das Geld, das die UBS ihm bezahlt hätte, bevor Jakob Stark zum Gott der Saläre aufgestiegen war, geht nicht an mich, sondern an den Aktionär, der, was die UBS anbelangt, sehr oft ein Ausländer ist. Kurz, je weniger Ermotti verdient, desto mehr Geld hat Donald Trump in der Kasse, weil zahlreiche UBS-Aktionäre ihr Einkommen in den USA versteuern dürften. Ist das nicht grotesk?

Drittens. Natürlich geht es nicht um Ermotti. Sondern um den Kapitalismus. Seit Jahrzehnten führt die SP einen Kreuzzug gegen die hiesigen Grossbanken, und jetzt, da davon nur noch eine einzige übrig geblieben ist, will die SP offenbar auch die letzte noch zur Strecke bringen. Das zeigt sich daran, wie die Partei ständig an die übelsten Gefühle der Menschen appelliert, indem sie Neid auf alle jene Leute schürt, die aus welchen Gründen auch immer mehr verdienen als Cédric Wermuth. Das ist Hetze – um ein fürchterliches Wort der Linken gegen sie selbst zu verwenden. Und betroffen sind ja nicht nur die Bankiers, sondern sehr viele Leistungsträger unserer Gesellschaft.

Diese Hetze hat aber einen Zweck. Was Karl Marx schon verstanden hat, weiss auch die SP: Den Kapitalismus überwindet man, indem man jene Menschen in Verruf bringt, die an prominenter Stelle dafür sorgen, dass er in Betrieb bleibt. Marx spricht von Ausbeutern, die SP von Abzockern. 

Dass die Linke meint, der Sozialismus bringe mehr Wohlstand als der Kapitalismus, ist ihre Sache, dass Bürgerliche ihr dabei auf den Leim kriechen: Das macht uns erst arm.

Markus Somm ist Chefredaktor des «Nebelspalters»