Kritik an KriegsmaterialgesetzDeutschland will auf Schweizer Waffen verzichten
Während Europa aufrüstet, wächst die Kritik an den Schweizer Bestimmungen zur Ausfuhr von Kriegsmaterial. Eine Drohung kommt aus Berlin.

- Deutschland plant, kaum noch Rüstungsgüter aus der Schweiz zu bestellen.
- Während europäische Rüstungsfirmen Milliardengewinne erwarten, könnten Schweizer Hersteller Verluste erleiden.
- Berlin betrachtet die geplante Lockerung des Schweizer Kriegsmaterialgesetzes als unzureichend.
Der deutsche Botschafter Michael Flügger sagte vor Schweizer Parlamentariern, Deutschland werde in Zukunft kaum noch Rüstungsgüter in der Schweiz bestellen, berichtet die «NZZ am Sonntag». Grund dafür sei, dass das verschärfte Kriegsmaterialgesetz die Schweiz zu einem unzuverlässigen Partner mache.
Die Aussagen machte der Diplomat der Zeitung zufolge vergangene Woche während eines «Parlamentarier-Frühstücks» im Berner Restaurant Galerie des Alpes. Der Arbeitskreis Sicherheit und Wirtschaft hatte ausgewählte bürgerliche National- und Ständeräte dazu eingeladen. Während sich europäische Rüstungsfirmen auf volle Auftragsbücher einstellen und Gewinne in Milliardenhöhe erwartet werden, dürften Schweizer Hersteller das Nachsehen haben.
Die Aussage Flüggers kommt zu einer Zeit, in der Europa massiv aufrüstet. Sein Land lockert die Schuldenbremse, um ein milliardenschweres Paket zu finanzieren, mit dem unter anderem die Verteidigung gestärkt werden soll. Die veränderte Lage durch den Krieg in der Ukraine und die Angst, US-Präsident Donald Trump könnte Europa im Falle eines Angriffs etwa durch Russland im Stich lassen, hat zu einem Umdenken geführt. So stieg auch der Druck auf das Schweizer Kriegsmaterialgesetz, das die Weitergabe von Waffen und Munition auch nach dem Kauf durch andere Länder an Parteien verbietet, die sich in einem Krieg befinden.
Geplante Lockerung reicht Berlin nicht
Das Parlament hat Mitte des vergangenen Jahres eine Lockerung des Kriegsmaterialgesetzes angeregt. Mit einer als Abweichungskompetenz bezeichneten Regelung soll der Bundesrat bei ausserordentlichen Umständen von den gesetzlich verankerten Bewilligungskriterien abweichen können. Im vergangenen Februar hat der Bundesrat eine entsprechende Botschaft verabschiedet.
Flüggers Auftritt lasse nun darauf schliessen, dass die Ausnahmeklausel Berlin zu wenig weit gehe, schreibt die Zeitung weiter, die sich auf Aussagen von Teilnehmenden des «Parlamentarier-Frühstücks» beruft. Laut Zuhörern habe der Botschafter in seinem Referat deutlich gemacht, dass sich Deutschland auch nach der Einführung der Abweichungskompetenz nicht auf die Schweiz verlassen könnte. Dies, weil Berlin befürchte, der Bundesrat könnte im Fall der Fälle auch weiterhin eine Weitergabe von Waffen untersagen, indem er seine Kompetenz nicht ausschöpft – mit welcher Begründung auch immer. Das sei schlicht ein zu grosses Risiko für Deutschland.
Bundesrat will sich für gerechten Frieden einsetzen
Lange schwieg die Schweizer Regierung zu den Entwicklungen in Washington, bis sich letzte Woche Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter erstmals öffentlich zu Trumps neuer Aussenpolitik äusserte. Dabei nahm sie auch Stellung zu ihren umstrittenen Aussagen, wonach sie positiv auf die Signale aus den USA reagierte. Auf die Kritik angesprochen, sagte Keller-Sutter, der Bundesrat verstehe die Verunsicherung in der Bevölkerung und nehme die «geopolitische Lage» ernst.
Die Aussenpolitik der Schweiz habe sich nicht verändert. Keller-Sutter sagte weiter, der Bundesrat setze sich für einen «gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine» ein. Er verstehe darunter einen Frieden, der nicht zum einseitigen Nachteil der Ukraine sei. Zudem versicherte die Finanzministerin, der Bundesrat wolle das bilaterale Verhältnis mit der EU stabilisieren.
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