Potenzial zum Töff-SuperstarRossi hat er ausgebremst, jetzt jagt er Marquez
Fabio Quartararo gilt schon sein halbes Leben als Wunderkind. Wer ist dieser Franzose, der die MotoGP-WM nach seinem Premierensieg anführt?
Die Mitteilung an sich kam wenig überraschend. Nur Tage nachdem Fabio Quartararo am Sonntag in Jerez erstmals ein MotoGP-Rennen gewonnen hatte, gab Yamaha bekannt, dass der Franzose 2021 eine Werkmaschine erhalte. Bei der «kleinen Schwester» Petronas-Yamaha fährt er aktuell zwar das identische Material wie die Stars, insgesamt ist der Unterschied aber riesig.
Gigantisch sind die Fussstapfen, in die Quartararo tritt. Er wird Nachfolger von Valentino Rossi, dem «dottore», dem Idol von Millionen Motorsportfans, der italienischen Legende, die auch mit 38 noch versucht, dem Zahn der Zeit zu trotzen.
«Ich wollte immer so werden wie er.»
Weil Quartararo kommt, muss Rossi gehen – ein sportliches Erdbeben, immer konnte der neunfache Weltmeister bislang selber über seine Zukunft befinden. Ein Stück Rossi wird aber auch im jungen Franzosen weiterfahren. «Er hat mich mit seiner Leidenschaft inspiriert», sagte Quartararo unlängst, «ich wollte immer so werden wie er.» Dementsprechend versucht er, die historische Komponente des neuen Vertrages herunterzuspielen. «Ich denke nicht daran, dass ich seinen Platz einnehmen werde», so Quartararo.
Mit Leistungen wie vor einer Woche nährt er die Hoffnung, dass er ganz viel erreichen kann. «Es ist der schönste Tag meiner Karriere», sagte er nach der Zieleinfahrt, mit den Emotionen kämpfend.
Der Athlet aus Nizza bekam den Benzingeruch quasi mit der Muttermilch verabreicht. Mit vier Jahren schenkte ihm sein Vater Etienne, einst französischer Meister in der 125-cm3-Klasse, ein Minibike, wenig später ging es zu den ersten Rennen nach Katalonien, dort waren die Altersbeschränkungen weniger restriktiv.
Die Regeln wurden für ihn geändert
Klein-Fabio gewann Rennen um Rennen, wurde fünfmal Meister in acht Jahren, viele sahen in ihm ein Wunderkind. Und die spanische Presse adelte ihn mit zwei Übernamen: «el diablo» und «el principito». Noch vor seinem 16. Geburtstag wurden für ihn die Regeln geändert. Er gewann mit 13 und 14 zweimal überlegen die anspruchsvolle CEV Repsol-Moto3-Championship auf Honda, für viele die härteste Nachwuchsserie unterhalb der WM. Daraufhin setzten die Japaner durch, dass er schon vor seinem 16. Geburtstag seine ersten drei Moto3-Rennen bestreiten konnte. Hinter dem Entscheid: Emilio Alzamora, seines Zeichens Entdecker der Marquez-Brüder.
Daraufhin begann der Motor zu stottern. Druck, Stürze, noch mehr Druck und Verletzungen – das Wunderkind wurde abgeschrieben. In vier Jahren gewann er nur ein Rennen, seine WM-Schlussplatzierungen in dieser Zeit: 10., 13., 13., 10. Dementsprechend gross das Erstaunen, als er 2019 einen Platz in der Königsklasse erhielt.
Doch mit dem Klassenwechsel setzte ein Reifeprozess ein: Quartararo holte ebenfalls in Jerez seine erste Poleposition, im erst vierten Rennen, mit 20 Jahren und 14 Tagen, so jung wie kein anderer Pilot zuvor. Generell hatte er ein starkes Jahr, mit fünf zweiten Plätzen, zwei Dritten – und Gesamtrang 5. Mehrmals lieferte er sich aufreibende Duelle mit Marc Marquez, noch behielt aber stets der Routinier die Oberhand. Marquez warnte aber: «Fabio wird immer gefährlicher.»
68 Prozent glauben an den WM-Titel
Als die Top-Piloten nun vor dem Saisonstart ihre WM-Prognosen abgaben, führten ihn alle in ihren Top 5 auf. Mit dem ersten Sieg hat er gezeigt, dass er bereit ist, die Vorschusslorbeeren zu erfüllen und vielleicht sogar Marquez zu ärgern. Der sechsfache Champion will das Defizit aber so gering wie möglich halten: Nach seiner Oberarm-Operation vom Dienstag nahm er gestern schon wieder am freien Training teil.
Voller Vorfreude sieht man in seiner Heimat dem zweiten Saison-GP entgegen. «La grande nation» musste seit 1999 und Régis Laconi auf einen Sieger in der obersten Klasse warten. Fast eine Million Zuschauer bescherten Canal+ am Sonntag die beste Motorrad-Einschaltquote der Geschichte, und bei einer Umfrage unter den Internauten von «L’Equipe» glaubten 68 Prozent, dass Quartararo schon in diesem Jahr Weltmeister werden kann. Die Erwartungen sind also hoch. «Das bin ich gewohnt», sagt er dazu nur.
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