Risiken von Medikamenten700 Tote pro Jahr wegen Nebenwirkungen
Erstmals zeigt eine Untersuchung, wie viele Menschen in der Schweiz nach der Einnahme von Medikamenten ins Spital müssen.

In der Schweiz sind zwischen 2012 und 2019 jährlich 32'000 Personen wegen Nebenwirkungen von Medikamenten ins Spital eingewiesen worden. Dies zeigt erstmals eine gemeinsame Studie der Universitäten Luzern und Zürich, des Universitätsspitals Zürich und der Swissmedic.
Trotz gesetzlicher Meldepflicht wurden der Arzneimittelbehörde Swissmedic nur rund 5 Prozent davon gemeldet, wie die Universität Luzern (Unilu) am Donnerstag mitteilte. Dabei seien diese Meldungen sehr wichtig, betonte Studienleiter Patrick Beeler in der Mitteilung. Die meisten bisher unbekannten Risiken würden so entdeckt. Sie bilden laut dem Forscher damit den wichtigsten Grundpfeiler für die Arzneimittelsicherheit. Beeler plädiert dafür, dass die Meldepflicht in der Ausbildung von medizinischen Fachpersonen angemessen thematisiert wird.
Im internationalen Vergleich sei diese Melderate hoch, so Beeler. Man gehe international von einer Melderate zwischen 0,6 und 4,7 Prozent aus.
Über 2 Prozent aller Spitaleinweisungen
Im achtjährigen Untersuchungszeitraum waren Nebenwirkungen von Medikamenten laut der Studie für 2,3 Prozent aller Spitaleinweisungen verantwortlich. Fast die Hälfte der wegen Nebenwirkungen eingewiesenen Personen (46,9 Prozent) war über 65 Jahre alt.
Die dabei am häufigsten festgestellten Nebenwirkungen betrafen das Verdauungssystem (etwa Magen-Darm-Entzündungen), das Urogenitalsystem (zum Beispiel akutes Nierenversagen) sowie den mentalen oder den Verhaltenszustand (wie Opiatabhängigkeit).
2,2 Prozent der wegen Nebenwirkungen eingewiesenen Personen, also rund 700 pro Jahr, starben im Spital, wie die Studie weiter zeigt. Von diesen Todesfällen wurden rund 12 Prozent der Swissmedic gemeldet.
Ambulant verordnete Medikamente
Die Forschenden haben Daten des Bundesamts für Statistik im Zeitraum von 2012 bis 2019 ausgewertet, die in den Spitälern als «Hospitalisierungen wegen Arzneimittelnebenwirkungen» erfasst worden waren. Diese Daten glichen die Teams mit den offiziell gemeldeten Fällen aus der Zeit ab.
Mit dieser Studie seien jetzt zwar Daten zum Ausmass bestimmter arzneimittelbezogener Probleme in der Schweiz bekannt, erklärt Beeler in der Mitteilung der Uni Luzern. Es zeigten sich aber auch grosse Datenlücken. Wichtig sei es beispielsweise, vor allem Nebenwirkungen von Personen zu erfassen, die in klinischen Studien zu den Medikamenten nicht berücksichtigt würden, etwa Säuglinge. Ferner sollten auch die Nebenwirkungen von ambulant verordneten Medikamenten erfasst werden. Das würde aufschlussreiche Auswertungen ermöglichen, wie sie bereits in einigen skandinavischen Ländern durchgeführt werden, so der Studienleiter.
SDA/afo
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