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Kohlenstoffsenke in Flussdelta
Riesige Ansammlung von Totholz in Kanada könnte Millionen Tonnen von CO₂ freisetzen

Ein gewaltiger Kohlenstoffspeicher: Tote Bäume von der Grösse Manhattans speichern im Flussdelta des Mackenzie River Millionen Tonnen von Kohlenstoff.  
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An der Mündung des Mackenzie River befindet sich eine gewaltige Ansammlung von totem Schwemmholz, das sich über eine Fläche von der Grösse Manhattans erstreckt: Dieser Holzstau von verendeten Bäumen, von denen die ältesten bis zu 1300 Jahre alt sind, sammelt insgesamt rund 3,4 Millionen Tonnen Kohlenstoff. Das entspricht der Menge, die 2,5 Millionen Autos in einem Jahr ausstossen. Dies haben Wissenschaftler um die Forschungsleiterin Alicia Sendrowski von der Michigan Technological University anlässlich einer neuen Studie herausgefunden

Der Fluss wird entlang seines Laufes von grossen Nadelwäldern gesäumt. Dadurch erreichen jedes Jahr grosse Mengen an Schwemmholz die Flussmündung an der arktischen Küste Kanadas. Durch das kalte und trockene Klima kann das Holz dort Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende überdauern, ohne sich zu zersetzen. Da Holz ein sehr kohlenstoffreiches Material ist, speichert das aufgestaute Treibholz so grosse Mengen an Kohlenstoff und wird zu einer natürlichen CO₂-Senke.

Durch die Erderwärmung und den steigenden Meeresspiegel könnte der Zerfall dieser grossen Mengen an Totholz beschleunigt werden. Da die Permafrostregionen der Arktis derzeit mehr gespeicherten Kohlenstoff enthalten, als in der ganzen Atmosphäre vorhanden ist, wenden sich Klimaforscher zunehmend diesem natürlichen CO₂-Speicher zu.

Satellitenbilder und maschinelles Lernen

Um die Holzmenge im Mackenzie-River-Delta genauer zu bestimmen, verwendeten die Forscher Satellitenbilder und Drohnenaufnahmen und berechneten so mithilfe von Computermodellen das genaue Ausmass an Totholz auf der 51 Quadratkilometer grossen Fläche. So fanden die Wissenschaftler um Sendrowski heraus, dass das Delta aus mehr als 400’000 Stück Totholz besteht, die länger als ein Meter und dicker als 10 cm sind. Die grösste untersuchte Einzellagerstätte speichert allein mehr als sieben Tonnen Kohlenstoff. Da ein beachtlicher Teil der abgestorbenen Baumstämme im Boden eingelagert sei oder sich unter Wasser befinde, könnte die Menge des gespeicherten Kohlenstoffs doppelt so hoch sein, sagte Sendrowski gegenüber dem Wissenschaftsportal Phys.org.

Im Mündungsgebiet des Mackenzie River sammelt sich ein Grossteil des mitgeführten Holzes an: Satellitenaufnahme des Deltas. 

Was für eine Rolle Totholz als Kohlenstoffsenke spielt, wurde bis anhin nur unzureichend erforscht, wie die Geowissenschaftlerin Virginia Ruiz-Villanueva von der Universität Lausanne gegenüber Phys.org erklärte: «Es wurde viel zu den Kohlenstoffkreisläufen im Wasser und in den Sedimenten geforscht, aber wir haben dem Holz bis vor kurzem einfach keine Aufmerksamkeit geschenkt. Dies ist ein sehr junges Forschungsgebiet, das sich recht schnell entwickelt. Es ist wichtig, das Holz nicht nur im Hinblick auf die Kohlenstoffkreisläufe zu untersuchen, sondern ganz allgemein, um zu verstehen, wie diese natürlichen Flusssysteme funktionieren und wie die Flüsse das Holz aufnehmen und verteilen.»

Totholz macht nur einen kleinen Teil der Kohlenstoffspeicherung aus

Das Mackenzie-River-Delta ist aufgrund seiner kohlenstoffreichen Böden ein «Hotspot» der Kohlenstoffspeicherung, in dem laut den Forschern rund 30 Milliarden Tonnen Kohlenstoff gespeichert sind. Das gefrorene Schwemmholz macht dabei nur einen Bruchteil des gespeicherten Kohlenstoffs aus. Dennoch ist dieses relevant, wie Sendrowski betont: «Denn aufgrund von Veränderungen im Einzugsgebiet wie Abholzung oder Aufstauung und mit dem Klimawandel, der die Niederschlagsmuster und die Erwärmung verändert, wird die Anlandung und Speicherung von Holz abnehmen.» Durch die Untersuchungen fanden die Forscher zudem heraus, dass der Grossteil des untersuchten Totholzes im Mackenzie-River-Delta nach 1950 zu wachsen begann: Es bleibt durchschnittlich 70 Jahre liegen, bis es endgültig zerfällt, ins Meer hinausgeschwemmt wird oder von noch jüngerem Holz überdeckt wird.