Richterspruch aus Den HaagUrteil zum Gaza-Krieg: Da fehlt doch etwas
Den Haag fällt ein vorläufiges Urteil zu Israels Verhalten im Gaza-Krieg. Auch wenn es dafür gute Gründe gibt, wirkt die Erklärung seltsam einseitig – Worte zur Hamas fehlen.

Worte, die man in Den Haag gern gehört hätte: «Im Namen des Volkes ergeht folgende Entscheidung. Es wird angeordnet, dass die Hamas unverzüglich alle Attacken auf zivile israelische Wohngebiete einstellt, insbesondere durch den Beschuss dieser Wohngebiete mit Raketen. Ebenso wird angeordnet, dass die Hamas unverzüglich alle Geiseln freilässt, die sich noch in ihrer Gewalt befinden. Auch dies stellt ein Kriegsverbrechen dar, für das es unter keinen Umständen eine Rechtfertigung geben kann.»
Stattdessen: Schweigen zur Hamas. Der Internationale Gerichtshof, der am Freitag eine erste vorläufige Entscheidung zum fürchterlichen Gaza-Krieg verkündet hat, fokussierte auf Israel – und wählte dabei unerwartet scharfe Worte. Die israelische Regierung müsse alles tun, um die Lebensbedingungen der Zivilbevölkerung in Gaza erträglicher zu machen, hiess es in der Eilentscheidung. Überdies müsse der Staat Israel «aufhetzende Reden» seiner eigenen Politiker unterbinden – und die Betreffenden auch dafür bestrafen.
Es hat natürlich verfahrenstechnische Gründe, dass der Internationale Gerichtshof keine vergleichbaren Worte für die Hamas gefunden hat – und seinen Blick stattdessen allein auf die israelische Kriegsführung richtete. Dennoch: Dass die Dauerverbrechen der Hamas so aus dem Fokus gerieten, kann man nur als Leerstelle empfinden.
Es ist alles richtig, was der Gerichtshof gesagt hat: Israels rechte Politiker müssen mit einer Hetze aufhören, die verbrecherisch ist. Israels Armee darf weiter kämpfen – aber sie darf eben nur gegen die Hamas kämpfen, nicht gegen die Zivilbevölkerung, und danach sah es zuletzt nicht mehr aus, weshalb die Kriegstaktiken nun dringend geändert werden müssen. Das ist ein notwendiger Zwischenruf aus Den Haag. Er ist nur unvollständig, einseitig. Man hätte gern noch mehr gehört.
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