Etappensieg für FrauenRichter stoppt Abtreibungsverbot in Texas – vorerst
Das extrem strenge Gesetz sei ein «anstössiger Entzug» eines wichtigen Rechts, welchen er nicht mehr zulasse, erklärte der zuständige Richter. Er gab damit einer Klage der US-Regierung statt. Ob sich die Lage für Frauen nun verbessert, bleibt aber unklar.
Es ist ein Etappensieg für Unterstützerinnen und Unterstützer des Rechts auf Schwangerschaftsabbruch in den USA: Ein US-Bundesrichter hat das neue Gesetz für ein weitgehendes Abtreibungsverbot im Bundesstaat Texas vorläufig ausgesetzt. «Dieses Gericht wird keinen weiteren Tag dieses anstössigen Entzugs eines solch wichtigen Rechts mehr zulassen», erklärte Richter Robert Pitman am Mittwoch und gab damit einer Klage der Regierung von US-Präsident Biden recht. Diese hält das texanische Gesetz für verfassungswidrig. Texas kann gegen die Gerichtsentscheidung allerdings Widerspruch einlegen. Das Weisse Haus begrüsste die Entscheidung.
In seinem 113-seitigen Urteil erklärte Pitman, dass die texanischen Behörden ein «beispielloses und aggressives System geschaffen haben, um ihren Bürgern ein bedeutendes und fest verankertes Verfassungsrecht vorzuenthalten». Es hindere Frauen daran, «Kontrolle über ihr Leben auszuüben, in einer Art und Weise, die von der Verfassung geschützt» ist. Texas kann gegen die Gerichtsentscheidung allerdings Widerspruch einlegen.
Das strengste Abtreibungsgesetz der USA war Anfang September in Kraft getreten und verbietet Schwangerschaftsabbrüche ab dem Zeitpunkt, zu dem der Herzschlag des Fötus festgestellt werden kann, also etwa ab der sechsten Schwangerschaftswoche. Viele Frauen wissen zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht, dass sie schwanger sind. Selbst im Fall einer Vergewaltigung oder bei Inzest sieht das texanische Gesetz keine Ausnahmen vor.
Selbst der Taxi-Fahrer könnte bestraft werden
Für Empörung sorgt auch, dass nicht die texanischen Behörden die neuen Regelungen durchsetzen sollen, sondern Privatleute. Bürger werden ermutigt Menschen anzuschwärzen, die sie verdächtigen, Frauen bei einer Abtreibung nach der sechsten Woche geholfen zu haben. Neben Abtreibungskliniken und deren Mitarbeitern könnte dies auch Verwandte oder einen Taxi-Fahrer treffen, der eine Schwangere zur Klinik gebracht hat. Die Hinweisgeber erhalten im Falle einer Verurteilung 10’000 Dollar.
Der Streit über das Recht auf Abtreibung beschäftigt die Gerichte und die Gesellschaft in den USA seit Jahrzehnten. Am Wochenende hatten zehntausende Menschen in mehr als 600 US-Städten gegen das texanische Gesetz demonstriert. Zu den Kundgebungen, die in allen 50 Bundesstaaten stattfanden, hatte ein Zusammenschluss von fast 200 Organisationen aufgerufen.
Einen Eilantrag von Bidens Regierung gegen das texanische Abtreibungsgesetz lehnte der Oberste Gerichtshof Anfang September ab. Der Supreme Court führte dabei allerdings keine inhaltlichen, sondern verfahrensrechtliche Gründe an. Da an der Umsetzung keine staatlichen Stellen in Texas beteiligt seien, könne in einem Verfahren gegen das Gesetz niemand offiziell beklagt werden.
Der Supreme Court hatte 1973 in seinem Grundsatzurteil «Roe v. Wade» das Recht von Frauen auf eine Abtreibung verankert – muss sich jedoch bald auch mit einem anderem Fall, der das Recht auf Schwangerschaftsabbruch landesweit massiv einschränken könnte, beschäftigen. Für Anfang Dezember ist dort eine mündliche Verhandlung zu einem Rechtsstreit aus dem Bundesstaat Mississippi angesetzt. In dem Fall wird versucht, die Entscheidung des Obersten Gerichts aus dem Jahr 1973 rückgängig zu machen.
Abtreibungsgegner hoffen, dass dieses Urteil gekippt werden könnte, nachdem Bidens Amtsvorgänger Donald Trump drei neue Verfassungsrichter ernannt und das Gericht damit weiter nach rechts gerückt hatte.
afp/sda
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