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Rekordtransfer für YB
Rieder fliegt im Privatjet in ein neues Leben

Sein vorerst letzter Auftritt vor den YB-Fans: Fabian Rieder wirkt berührt, als er den Einzug in die Champions League feiert.
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Um 10.54 Uhr hebt der Privatjet am Flughafen Bern-Belp ab – und damit genau zwölf Stunden nach dem Schlusspfiff des Rückspiels im Champions-League-Playoff im Wankdorf. An Bord: Fabian Rieder mit seiner Familie, seiner Freundin und seinem Berater. Die Destination: Rennes.

Das Flugzeug hat Stade Rennes bereitgestellt, nachdem bei den Transferverhandlungen am Dienstagabend kurz vor Anpfiff des Spiels gegen Maccabi Haifa zwischen allen Parteien eine Grundsatzeinigung erzielt worden war. Der Verein aus der Ligue 1 scheut keine Kosten, damit der Wechsel möglichst bald vollzogen werden kann. Noch am Mittwoch stehen für Rieder die Medizinchecks an, spätestens am Donnerstag dürfte der Transfer finalisiert werden.

Die Young Boys erhalten für den Mittelfeldspieler rund 15 Millionen Franken. Er ist damit der Rekordtransfer in der Geschichte des Clubs – noch vor Denis Zakaria und Djibril Sow. Bei den Franzosen dürfte der Nationalspieler einen Vierjahresvertrag unterschreiben. 

Für Rieder endet damit eine aufwühlende Zeit. Den Wechsel in eine Topliga strebt er seit bald einem Jahr an, gerne hätte er am Ende der vergangenen Saison Klarheit gehabt. Stattdessen musste er mit den Spekulationen leben, kaum eine Woche verging, in der er nicht mit einem Club in Verbindung gebracht wurde. Und immer wieder wurde er auf seine Zukunft angesprochen. Manchmal konnte er nicht verbergen, dass ihn die Fragerei nervt.

Rieders Botschaft an den Berater

Dazu kam das happige Programm. Er gewann mit YB vergangene Saison nicht nur das Double, er nahm mit der Schweiz auch an der WM in Katar teil und bestritt mit der U-21 bis in den Juli die EM. Auf über 4000 Einsatzminuten kam er so, aber um all die Eindrücke zu verarbeiten und sich von der Belastung zu erholen, dafür blieb ihm gerade einmal eine Ferienwoche. Danach wurde er bei YB sofort wieder gebraucht, beim Saisonauftakt stand er in der Startaufstellung: Am Dienstagabend spät sagt er einmal: «Das war schon schwer. Man darf nicht vergessen, dass ich erst 21 bin.» 

Während über eine Entscheidung verhandelt wurde, die sein Leben prägen wird, galt es für ihn, die Zeit in Bern, bei seinem Club, von dem er als Kind Fan gewesen war und bei dem er 2020 aus dem Nachwuchs ins Rampenlicht emporschoss, erfolgreich abzuschliessen. Mit den Young Boys machte er ab, dass er die zwei Playoffpartien sicher mit ihnen bestreiten und erst dann wechseln würde.

Das Interesse von Rennes hatte sich in den Wochen zuvor kristallisiert. Für Rieder war bald einmal klar, dass er den Schritt nach Frankreich vollziehen wolle. Natürlich, die Bundesliga war seine Priorität, aber er erkannte, wie viel ihm die Franzosen bieten können. Stades Rennes hat sich einen hervorragenden Ruf als Sprungbrett erarbeitet, in den letzten Jahren wechselten immer wieder Spieler vom Verein aus der Bretagne zu europäischen Topclubs. 

Rieder machte mit seinem Berater ab, dass dieser ihn nur so geringfügig wie möglich informiert. Am Dienstag, dem Tag des entscheidenden Spiels um die Champions League, wollte er gar keine News mehr erhalten. Erst als er nach der Partie in der Garderobe zu seinem Handy griff, wusste er, dass der Transfer kurz vor dem Abschluss steht.

Spycher sagt: «Wir sind relativ langweilig»

So lassen sich auch seine letzten Momente im YB-Trikot erklären. Rieder hatte einen Spagat zu vollziehen, ja, er wusste, in welche Richtung es gehen würde, aber eben: Vollzogen war nichts. Das barg Risiken, für ihn, aber auch für die Young Boys. Würde er das alles verkraften können und seine Leistung bringen, schliesslich ist er im Mittelfeld der wichtigste Spieler der Berner? Oder, wenn er den Fehler beginge, der zum Ausscheiden führen würde? Und was wäre, wenn er sich verletzen würde?

Die Situation war heikel. Umso beachtlicher war es, wie Rieder mit ihr umging. Natürlich zeigte er beim 3:0 gegen die Israelis nicht seine beste Leistung, aber er half doch tatkräftig mit, dass das grosse Ziel erreicht wurde. Bis er tatsächlich Gefahr lief, sich zu verletzen, als er mit einem Gegenspieler zusammenprallte und eine Viertelstunde vor Schluss gepflegt werden musste. Trainer Raphael Wicky entschied, ihn vom Feld zu nehmen. Als sich das Publikum dazu erhob, war Rieder erstmals anzumerken, wie emotional für ihn der Abend war. 

Aber als er bald darauf das Interview mit Blue absolviert, wirkt er schon wieder gefasst. Er pariert die Fragen nach seiner Zukunft so, wie er spielt: abgeklärt. Und er hält sich an die Devise, die ihm offensichtlich vom Club aufgetragen wurde – also möglichst nichts zum sich abzeichnenden Transfer zu sagen. Chefstratege Christoph Spycher lebt die Strategie vor, als er sagt, es gebe nichts Offizielles, er könne dazu nichts sagen. Er fügt auch treffend an: «Wir sind relativ langweilig.»

Aber erfolgreich. Zum dritten Mal nach 2018 und 2021 ziehen die Young Boys in die Champions League ein. Sie werden diese ohne Fabian Rieder bestreiten. Denn dieser wird mit Rennes in der Europa League spielen.