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Äthiopischer Bürgerkrieg
Regierungschef Ahmed ruft alle Äthiopier zum «Dienst am Vaterland» auf

«Jetzt ist die Zeit, Patriotismus zu zeigen»: Abiy Ahmed, Ministerpräsident von Äthiopien.
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Es scheint in den vergangenen Tagen relativ ruhig gewesen zu sein an den vielen Fronten im äthiopischen Bürgerkrieg. Man kann dies als gutes Zeichen deuten dafür, dass die Konfliktparteien innehalten, Verhandlungsoptionen abwägen und humanitäre Hilfe zulassen. Wahrscheinlicher ist aber wohl, dass sich die Truppen sammeln, Verstärkung eintrifft und alles wieder von vorn losgeht.

Am Mittwoch hatte Abiy Ahmed alle Äthiopier dazu aufgerufen, sich zum «Dienst am Vaterland» zu melden. «Jetzt ist die Zeit für alle fähigen Äthiopier im richtigen Alter, der Armee, den Spezialkräften und Milizen beizutreten und ihren Patriotismus zu zeigen», teilte das Büro des Ministerpräsidenten mit.

Die Armee hat in den vergangenen Wochen eine Erhöhung ihres Budgets um eine knappe Milliarde Dollar beantragt, aus dem Iran sind Drohnen zur Verstärkung eingetroffen. Sie sollen die Wende bringen im Konflikt zwischen der Zentralregierung von Abiy Ahmed und der Region Tigray im Norden des Landes.

Abiy Ahmed sieht laut Analysten nur noch den Krieg als Lösung, mit dem Ziel, die TPLF zu vernichten.

Die Tigray stellen nur etwa sechs Prozent aller Äthiopier, waren aber durch die Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) jahrzehntelang die dominierende Volksgruppe in Politik und Wirtschaft. Im Jahr 2018 kam in Abiy Ahmed erstmals ein Vertreter der Oromo, der stärksten Volksgruppe, an die Macht. Seitdem gärte der Konflikt mit den Tigray, die nicht von der Macht lassen wollten und die Zentralregierung sabotierten und angriffen. Abiy sah nach Ansicht vieler Analysten zuletzt nur noch den Krieg als Lösung, mit dem Ziel, die TPLF endgültig zu vernichten.

Danach sieht es derzeit nicht aus. Die TPLF ist auf dem Vormarsch, sie nutzt einen von Abiy ausgerufenen einseitigen Waffenstillstand, um weitere Gebiete zu erobern. Der Waffenstillstand sei ohnehin nie eingehalten worden, rechtfertigt sich die TPLF: Viele Milizen auf der Seite von Abiy hätten weitergekämpft, Teile von Tigray weiterbesetzt.

Abiy warf der internationalen Gemeinschaft vor, sich «taub zu stellen» gegenüber dem Vormarsch der TPLF. Für Abiy und seine Verbündeten ist sie eine «terroristische Organisation». In den vielen Jahrzehnten an der Macht hatte die TPLF zwar für stabiles Wirtschaftswachstum gesorgt, aber auch einen brutalen Polizeistaat etabliert.

Verhärtete Fronten: Demonstration gegen die Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) in Addis Abeba.

Im aktuellen Bürgerkrieg nahm die TPLF in der internationalen Wahrnehmung anfangs eher die Opferrolle ein, was viele Äthiopier empörte, die selbst unter dem Regime aus Tigray gelitten hatten. Auf der anderen Seite war es vor allem die Zivilbevölkerung in Tigray, die von Angehörigen von Abiys Koalition brutal misshandelt wurde. Am Mittwoch stellte Amnesty International in einem Bericht fest: «Es ist klar, dass Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt als eine Kriegswaffe benutzt wurden.»

Mittlerweile wird auch die Rolle der TPLF kritischer gesehen. Die USA forderten die Führer der Tigray auf, ihren Vormarsch einzustellen, der keine Rücksicht auf die Zivilbevölkerung nimmt. In der Region Afar sollen bei Angriffen der TPLF zwölf Dorfbewohner getötet worden sein.

Es gibt nur Verlierer

Die TPLF will aber weitermarschieren, am Mittwoch verkündete sie eine Allianz mit der Befreiungsfront von Oromia (OLA), einer Rebellengruppe aus der Heimat von Abiy. Es ist eine seltsame Allianz, da die Oromo wie viele andere Volksgruppen lange unter der Dominanz der TPLF gelitten haben. «Ich hoffe, dass die TPLF ihre Lektion gelernt hat», sagte OLA-Anführer Kumsa Diriba. «Die einzige Lösung ist, diese Regierung militärisch zu stürzen.» Ob das gelingt, ist fraglich, die Stärke der OLA wird lediglich auf 500 Kämpfer geschätzt.

Beide Seiten hoffen, dass dem Gegner Kraft und Mittel ausgehen. Die Tigray sind weitgehend von Nachschub und humanitärer Hilfe abgeschnitten. Auch für Abiy wird der Krieg immer teurer, der Konflikt droht in eine Wirtschaftskrise überzugehen, die Inflation liegt bei 25 Prozent. Es gibt mal wieder nur Verlierer.