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Alarmierende Corona-Zahlen in Chile
Regiert von Ahnungslosen

242'000 Infektionen: Beerdigung eines Corona-Opfers in Santiago.
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Mitte März, kurz nachdem das neuartige Coronavirus in Chile angekommen war, gab Sebastian Piñera dem Fernsehsender CNN ein Interview. Chiles Präsident erklärte darin, sein Land sei viel besser auf die Pandemie vorbereitet, als Italien dies gewesen sei.

Doch nun, drei Monate später, hat Chile nicht nur mehr Fälle als Italien; mit 242’000 registrierten Infektionen bei gerade einmal 19 Millionen Einwohnern ist das Land auch eines der am schwersten von der Pandemie getroffenen weltweit. Und viele Chilenen fragen sich nun, wie es so weit kommen konnte.

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Tatsächlich sah es lange so aus, als habe das Land als eines der wenigen in Lateinamerika die Situation mehr oder weniger im Griff. Schon vor den ersten heimischen Fällen hatte die Regierung begonnen, medizinisches Gerät zu kaufen. Wohlhabende Chilenen brachten dann das Virus von Reisen aus Europa mit ins Land.

Zunächst beschränkten sich die Ausbrüche auf Viertel der oberen Mittelschicht. Die Regierung verhängte Ausgangssperren, besonders betroffene Gebiete wurden abgeriegelt, Ende April begann die Regierung dann sogar wieder mit einer zaghaften Öffnung von Büros und selbst Einkaufszentren. Ein grosser Fehler, wie sich heute zeigt – und für viele Chilenen ein weiterer Beweis dafür, wie wenig Ahnung die politische Elite von der Lebensrealität der Menschen im Land hat.

Krawalle und Plünderungen

Wegen der gravierenden sozialen Ungleichheit, die in dem Land herrscht, gab es bereits letztes Jahr monatelange Proteste. Entzündet hatten sie sich an einer Fahrpreisanhebung für U-Bahn-Tickets, es kam zu Krawallen und Plünderungen. Die Regierung war schon damals vollkommen überrumpelt von der Wut der Menschen. Man solle doch einfach früher aufstehen, dann seien die Fahrkarten günstiger, riet der Wirtschaftsminister, scheinbar ohne zu wissen, dass viele Chilenen aus den armen Vororten ohnehin schon im Morgengrauen auf sind, um zu ihren Arbeitsstellen zu kommen.

Unvorbereitet auf die Pandemie: Chiles Präsident Sebastian Piñera.

Wie wenig Ahnung die Regierung Chiles rund um den Multimillionär Sebastian Piñera vom Leben ausserhalb der Oberklasseviertel hat, zeigt sich nun abermals in der Corona-Epidemie. So sass im Gesundheitsministerium noch bis vor kurzem ein alter Freund des Präsidenten, Jaime Mañalich, immerhin ein Arzt, der allerdings vor allem im privaten Sektor gearbeitet hatte. Ende Mai, als die Infektionszahlen in Chile explodierten, erklärte er entschuldigend, er habe einfach nicht gewusst, wie beengt die Lebensverhältnisse und wie gross die Armut in einigen Teilen der Hauptstadt seien.

Zusammengedrängt in Sozialbauten

In Vierteln wie El Bosque im Süden von Santiago leben die Menschen zusammengedrängt in Sozialbauten, viele arbeiten als Gärtner oder Hausangestellte, grösstenteils ohne feste Verträge. Kommen sie nicht zur Arbeit, verdienen sie nichts. Als die Regierung die Quarantäne gelockert hatte, brachten sie das Virus mit in die armen Vororte, dort fand er ideale Bedingungen vor, um sich zu verbreiten, und so geriet die Situation schnell ausser Kontrolle.

Mitte Mai verschärfte die Regierung wieder die Ausgangssperren, viele Menschen widersetzten sich dem aber. Als Polizei und Soldaten begannen, die Massnahmen durchzusetzen, brachen Unruhen aus, weil die Menschen fürchteten, bald nichts mehr zu essen zu haben.