Referendum gegen StromgesetzFondation Franz Weber steigt in den Kampf gegen Rösti
Das Gesetz zum Ausbau der erneuerbaren Energien könnte vors Volk kommen. Erst hatten sich nur drei Rentner dagegengestellt. Nun ergreift eine schlagkräftige Organisation das Referendum.
Es war ein Erfolg für SVP-Energieminister Albert Rösti: Seine Partei verzichtete darauf, das Referendum gegen den Energie-Mantelerlass zu ergreifen. Zu Beginn der parlamentarischen Beratung hatte die SVP das Gesetz zum Ausbau der erneuerbaren Energien geschlossen abgelehnt. In der Schlussabstimmung hiess die Mehrheit es gut: 36 SVP-Vertreter stimmten Ja, 18 Nein. Ein Referendum werde sie nicht ergreifen, sagte die SVP.
Auch grosse Umweltverbände wie Pro Natura und der WWF zeigten sich trotz anfänglicher Vorbehalte am Ende der Beratungen einverstanden mit dem Energie-Mantelerlass. Die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz entscheidet formell zwar erst im Dezember, dürfte aber ebenfalls dahinterstehen.
Zuerst waren es drei Rentner
Nur einer stellte sich quer: Pierre-Alain Bruchez, ein ehemaliger Bundesangestellter, dem die Landschaften am Herzen liegen. Er ergriff das Referendum und holte zwei weitere Rentner an Bord: Hans Weiss, ehemaliger Geschäftsführer der Stiftung Landschaftsschutz, und Philippe Roch, ehemaliger Direktor des Bundesamtes für Umwelt und ehemaliger Chef des WWF Schweiz.
Unklar war, wie das neu gegründete «Bündnis Natur und Landschaft Schweiz» es schaffen sollte, innerhalb von drei Monaten 50’000 Unterschriften zu sammeln. «Dass in der Schweiz jeder ein Referendum ergreifen kann, ist etwas Grossartiges», sagte Bruchez. «Aber es stimmt, uns fehlen die Mittel für die Unterschriftensammlung.»
Schlagkräftige Stiftung hilft
Bruchez hoffte von Anfang an auf die Fondation Franz Weber. Diese zögerte zunächst. Am Donnerstag hat sie nun beschlossen, Unterschriften gegen das Gesetz zu sammeln, wie Geschäftsführerin Vera Weber auf Anfrage sagt. Die Fondation will sich aber nicht dem bestehenden Bündnis anschliessen, sondern eigene Argumente vorbringen. Dass sie in der Lage ist, bei Referenden und Initiativen eine wichtige Rolle zu spielen, hat sie mehrfach bewiesen. Zu ihren grössten Erfolgen zählt die Annahme der Zweitwohnungsinitiative.
Auch kleinere Verbände wollen Unterschriften beisteuern. Dazu gehört der Verband Freie Landschaft Schweiz, dessen Mitgliedorganisationen die Windenergie bekämpfen. Er hatte bereits das Referendum gegen die Energiestrategie 2050 unterstützt. Präsident Elias Vogt rechnet damit, dass die Mitglieder einige Tausend Unterschriften beisteuern werden – und zeigt sich zuversichtlich, dass weitere Verbände folgen, vielleicht auch Kantonalsektionen der SVP und der Grünen.
Aeschi verbreitet Kampagnensujet
SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi sagt dazu, die SVP sammle keine Unterschriften und unterstütze das Referendum auch nicht finanziell. Ob einzelne SVP-Exponenten finanzielle Unterstützung leisteten, wisse er nicht. Auf Aeschis ideelle Unterstützung können die Gegner jedoch zählen: Zum Start der Unterschriftensammlung verbreitete er auf X (vormals Twitter) das Kampagnensujet – ein Sujet, das an die SVP-Kampagnen gegen das CO₂-Gesetz und das Klimaschutzgesetz erinnert.
Kommt es zu einer Abstimmung, werden die SVP-Delegierten die Parole fassen. Dass sie sich auf die Seite der Gegner schlagen, ist nicht ausgeschlossen. Damit wäre Rösti am Ende doch mit Widerstand von zwei Seiten konfrontiert.
Rösti sieht sich falsch zitiert
Bruchez und sein Bündnis argumentieren, mit dem Energie-Mantelerlass werde der Natur- und Landschaftsschutz «praktisch vollständig abgeschafft». In den grossen Umweltverbänden wundert man sich allerdings über die Details der Argumentation auf der Website. Diese zeuge nicht von vertiefter Kenntnis des Gesetzes, heisst es.
Im Argumentarium steht zum Beispiel: «Die Realisierung aller neuen Kraftwerke hat Vorrang vor anderen nationalen Interessen, insbesondere dem Naturschutz.» Das gilt freilich nur in jenen Gebieten, welche die Kantone bei der Raumplanung eigens als geeignete Gebiete für die Energieproduktion ausscheiden.
Auf der Website findet sich auch ein Zitat von Energieminister Albert Rösti. Die Gegner sehen darin den Beweis, dass ihre Befürchtungen zutreffen. Rösti sagte demnach: «Jetzt müssen die Gerichte keine Abwägungen mehr vornehmen. Das Parlament hat die Abwägung vorgenommen. Die Stromproduktion kommt vor dem Naturschutz!» Rösti sieht sich allerdings falsch verstanden. «Das Zitat wurde aus Einzelaussagen zusammengesetzt und ist in der vorliegenden Form aus dem Kontext gerissen, wodurch es irreführend und falsch ist», sagt eine Sprecherin.
Die Debatte ist lanciert.
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