Schifffahrt im WandelReedereien suchen nach grünen Treibstoff-Alternativen
Der grösste Teil des Welthandels erfolgt über die Meere. Das schadet der Umwelt massiv. Nun suchen Konzerne nach Lösungen – auch mit Schweizer Hilfe.
Nachdem Flugscham in den vergangenen Jahren vor der Corona-Krise gesellschaftsfähig wurde, ist die Debatte um Klimaschutz jetzt auch im Maschinenraum der globalen Schifffahrt angekommen. Neue Regulierungen erhöhen den Druck auf Reeder und Rohstoffgiganten, ihre Flotten zu erneuern und mit alternativen Kraftstoffen die Dekarbonisierung voranzutreiben. Dabei helfen sollen klimaneutrale Treibstoffe für Tanker, Container- oder Kreuzfahrtschiffe. Auch Schweizer Konzerne und die ETH Zürich sind daran beteiligt, den Transport via Schiff nachhaltiger zu gestalten.
80 Prozent des Welthandels erfolgen über die Weltmeere, für den Warentransport sind weltweit operierende Reeder wie Maersk oder Hapag-Lloyd entscheidend. Der Sektor ist aber aufgrund des massiven Schweröl-Einsatzes mit rund 3 Prozent der globalen Kohlenstoffemissionen einer der grössten CO₂-Emittenten. Sollte nichts geschehen, dürfte laut einer Studie der Danske Bank vom August 2020 der CO₂-Ausstoss bis 2050 um 25 bis 50 Prozent steigen.
Verschiedene Testprojekte mit nachhaltigem Treibstoff
Der politische Druck zur Verbesserung der Klimabilanz wächst. Schiffsdesigner und Reeder sind daher gezwungen, nach alternativen Treibstoffen zu suchen. Die Branche ist sich bewusst, dass sie handeln muss. Die internationale Seeschifffahrtsorganisation IMO will CO₂-Emissionen bis 2050 gegenüber 2008 um 70 Prozent reduzieren. Seit dem 1. Januar 2020 gilt eine neue Klimaverordnung, die den zulässigen Schwefelgehalt von Schiffstreibstoffen von bisher 3,5 auf 0,5 Prozent senken soll. Reedereien hätten drei Möglichkeiten, dieses Ziel zu erreichen, erklärt Anders Gronning, Experte bei der Danske Bank. Die Installation von Technologien, die den Schwefelgehalt reduzieren, die Verwendung von schwefelärmeren Kraftstoffen oder den Einsatz von Flüssiggas.
Verschiedene Treibstoffarten werden bereits in Pilotprojekten getestet. So setzt Hapag-Lloyd bei dem rund 300 Meter langen Containerschiff Montreal Express einen Treibstoff ein, der zu 80 Prozent aus schwefelarmem Kraftstoff besteht. 20 Prozent sind Biokraftstoff, der aus Altspeiseölen und Restfetten aus der Gastronomie stammt. Dieser stösst bis zu 90 Prozent weniger CO₂-Emissionen aus als traditionelle Antriebe. Darüber hinaus will Hapag-Lloyd als erste Reederei auch Flüssiggas-Technologie in bis zu 17 Schiffe einbauen. Der dänische Konkurrent Maersk hat noch ehrgeizigere Ziele und will bis 2050 CO₂-neutral werden. «Um die Dekarbonisierung unserer Branche zu erreichen, ist die vollständige Umstellung auf neue, CO₂-neutrale Kraftstoffe und Lieferketten der einzige Weg», betont Maersk-Operativchef Soren Toft.
Das aber erfordere völlig neue Technologien und Kraftstoffe, die es heute in den erforderlichen Mengen noch nicht gibt. Maersk konzentriert sich auf mehrere Energieträger: Methanol, Biomethan und Ammoniak. Im vergangenen Februar gab der Reeder die Bestellung eines Containerschiffs mit Methanol-Antrieb bekannt. Als Treibstoff soll nachhaltig erzeugtes E-Methanol oder Bio-Methanol dienen. Maersk setzt auch auf Ammoniak, das keinen Kohlenstoffanteil hat. Daher entstehen bei der Verbrennung weder Kohlenmonoxid noch CO₂ oder Russpartikel. Der LKW- und Schiffsmotoren-Hersteller MAN ist überzeugt, rund 3000 eigene Motoren auf den Betrieb mit Ammoniak umstellen zu können. Ammoniak verstärkt weder den Treibhauseffekt noch zerstört es die Ozonschicht.
ETH beteiligt sich an Wasserstoff-Schiff
Der Brüsseler Umweltverband Transport & Environment (T&E) hat vor kurzem der EU-Kommission den Einsatz von grünem Ammoniak und Wasserstoff vorgeschlagen, um die Ziele einer entsprechenden Initiative des Staatenverbundes zu beschleunigen. Unterzeichnet wurde das Schreiben von mehreren Unternehmen, darunter auch des Schweizer Rohstoffriesen Trafigura, der pro Jahr 4000 Schiffstransporte plant. Bis Ende 2023 will Trafigura seine Emissionen um 30 Prozent kürzen und auf nachhaltige Antriebe setzen. Wasserstoff und Ammoniak könnten in genügend Quantitäten hergestellt werden, um die Industrie zu dekarbonisieren, betont T&E; die Kosten werden auf gewaltige 1,4 Billionen Dollar geschätzt.
Auch hier laufen bereits Testprojekte. Die EU fördert das norwegische Projekt Topeka mit 8 Millionen Euro: Ab 2024 soll das erste mit grünem Wasserstoff betriebene Spezialschiff an der Westküste Norwegens unterwegs sein. An dem Projekt ist auch die ETH Zürich mit dem auf Nachhaltigkeit fokussierten Sustainability in Business Lab beteiligt.
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