Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Ernst Stocker präsentiert Rechnung 2023
Die Geldschwemme im Kanton Zürich ist vorbei

Ernst Stocker und Mario Fehr und der gesamte Regierungsrat hält im Rathaus eine Pressekonferenz. 12.07.23
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Nichts, auch nicht die teure Corona-Pandemie, konnte die Zürcher Finanzen aus dem Lot bringen. Und so bleibt es. Allerdings hat Ernst Stocker (SVP) am Freitag erstmals in seiner seit 2015 andauernden Zeit als Finanzdirektor ein Defizit verkünden müssen.

Dieses ist aber minim. Es beträgt 2 Millionen Franken, und dies bei einem Budget von knapp 19 Milliarden. Eine Punktlandung sagt man dem. Gegenüber dem Budget haben sich die Finanzen sogar klar verbessert. Für das Jahr 2023 war ein Minus von 353 Millionen geplant gewesen.

Im Zwischenbericht vom vergangenen August ging Stocker sogar von einem Defizit von 470 Millionen aus. Dass sich das Ergebnis seither um fast eine halbe Milliarde verbessert hat, führte Finanzverwaltungschef Basilius Scheidegger an einer Medienorientierung auf hohe Nachträge bei den Steuern (insbesondere aus den Jahren 2020 und 2021) zurück sowie auf Verbesserungen aus den sieben kantonalen Direktionen, welche zunächst vorsichtig gerechnet hatten.

Nationalbank-Millionen fehlen

Stocker resümierte angesichts der roten Null in der Rechnung: «Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen.» Dass die Verbesserung zwischen Budget und Abschluss trotzdem nicht so stark ausfiel wie in früheren Jahren, liegt unter anderem an ausbleibenden Sondereffekten. Zum Beispiel schüttete die Nationalbank letztes Jahr keinen Rappen aus.

Dass der Kanton knapp im Minus landete, liegt nicht an versiegenden Steuererträgen, im Gegenteil. Der Kanton nahm aufgrund der florierenden Wirtschaft rund 640 Millionen mehr ein als geplant. Insgesamt waren es fast 9 Milliarden. Zum verbesserten Ergebnis trug auch die ZKB mit einer um 51 Millionen höheren Dividende bei. Zudem musste der Kanton weniger Zusatzleistungen zur AHV/IV leisten als budgetiert und weniger Spitalkosten für Patientinnen und Patienten zahlen.

Spitäler kosten mehr

Mehr als geplant musste der Kanton hingegen an die defizitären Spitäler zahlen. Das Unispital Zürich erhielt 47 Millionen, das Kantonsspital Winterthur 23 Millionen. Auch musste der Kanton 130 Millionen mehr als budgetiert für die Verbilligung der Krankenkassenprämien einsetzen. Zusammen mit den Bundesgeldern flossen 1,1 Milliarden an die Bezugsberechtigten.

Zusätzliche 73 Millionen musste der Kanton zurückstellen, weil er den Gemeinden nach einem Gerichtsurteil nachträglich mehr an die Kosten für die Kinder- und Jugendheime entrichten muss. Insgesamt stieg dieser Betrag inzwischen auf knapp 440 Millionen.

Zwei Themen beschäftigen Stocker sehr. Da ist zum einen die Lastenverschiebung von den Gemeinden zum Kanton. Aufgrund von Volksentscheiden zahlt der Kanton viel mehr an die Ergänzungsleistungen für bedürftige Menschen sowie an den Unterhalt der Gemeindestrassen. Das sind nahezu 300 Millionen – «und zwar jährlich wiederkehrend», wie Stocker betonte. Der Betrag entspreche 4 Steuerprozent.

Verschuldung steigt wieder

Zum anderen ist der Finanzdirektor besorgt wegen der Verschuldung. Diese hat erstmals seit 2015 wieder zugenommen, und zwar um rund 360 Millionen auf über 4,2 Milliarden. Das ist eine Trendumkehr, nachdem Stocker die Nettoschulden seit seinem Direktionsantritt von fast 5,5 auf unter 4 Milliarden hat drücken können.

Die 360 Millionen wurden für die Investitionen gebraucht, die der Kanton aber erstmals seit acht Jahren nicht mehr vollständig aus Eigenmitteln zahlen kann. Der sogenannte Selbstfinanzierungsgrad halbierte sich von sehr guten 132 Prozent im Vorjahr auf mittelmässige 65 Prozent. «Das ist nicht mehr befriedigend», kommentierte Stocker.

Bremsen bei den Investitionen

Der Kanton investierte insgesamt 1,2 Milliarden vor allem in Bildungs- und Gesundheitsinstitutionen. Da will Stocker nun etwas bremsen. Damit die Schulden nicht weiter steigen, hat er eine Priorisierung der künftigen Investitionen eingeleitet. Was gebaut wird und was nicht, wird man im Juni erfahren.

Bei den Nettoschulden pro Kopf rangiert Zürich schweizweit in der zweiten Tabellenhälfte, was Stocker fuchst. Immerhin erhält er bei den Banken aufgrund des AAA-Ratings des Kantons Vorzugszinsen für neue Kredite. Und: Der Kanton verfügt über ein Eigenkapital von eindrücklichen 11,8 Milliarden.

Höhere Budgetgenauigkeit

Der Finanzdirektor hat es angedeutet: Immerhin ist die Budgetgenauigkeit besser geworden. Die Differenz zwischen Voranschlag und Abschluss betrug heuer 351 Millionen.

Zuvor hatten grössere Unterschiede zwischen den jeweiligen Budgets und den Rechnungen des Kantons resultiert. In den beiden Vorjahren hatte sich der Kanton um jeweils über 1 Milliarde verrechnet.

Rechts will bremsen, links will investieren

Die Reaktionen auf die neusten Zahlen fielen unterschiedlich aus. Die SVP wähnt den Kanton «finanziell auf dünnem Eis», wie sie schreibt. Wie die FDP, welche sogar von einer drohenden «finanziellen Schieflage» schreibt, will sie nun das Ausgabenwachstum und bei den Investitionen bremsen.

Für die GLP sind die Zeiten der hohen Staatseinnahmen vorbei, weshalb das Verwaltungswachstum auf das Bevölkerungswachstum beschränkt werden sollte. Investieren will die Partei in die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und in die Energiewende.

Die SP und die Grünen sehen als Grund für den mageren Abschluss «die Steuersenkungen der letzten Jahre». Deshalb wollen sie gegen die geplante Senkung der Firmensteuern kämpfen. Bei den Investitionen – vor allem jenen für den Klimaschutz – sparen wollen weder die SP noch die Grünen.

Die EVP schreibt von einem «erfreulich guten Ergebnis», sieht aber wie die linken Parteien «keinen Spielraum für weitere Steuersenkungen».