Chaos in DeutschlandScholz nennt Politiker «Hofnarr» – «nicht rassistisch» gemeint
Es war eine private Feier mit Politikern und Journalisten. Zehn Tage später dringen davon mitten im Wahlkampf Aussagen des Kanzlers nach aussen, die ihn in kein gutes Licht rücken.
![Joe Chialo, Berlins Senator für Kultur und sozialen Zusammenhalt, spricht zu Demonstranten vor dem Brandenburger Tor am 13. November 2024 gegen geplante Einsparungen im Kulturbudget.](https://cdn.unitycms.io/images/ARio-WPJ4EPANXiOqzCk4H.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=r8S5Efy6BY0)
Es ist auf einer Geburtstagsfeier geschehen, gelassen bei einem Glas Wein. Am Rande der privaten Veranstaltung nannte Olaf Scholz den CDU-Politiker Joe Chialo einen «Hofnarren». Das Ganze entzündet eine hitzige Debatt: Es kamen Rassismusvorwürfe und Rücktrittsforderungen auf. In der Presse wird spekuliert, ob Scholz’ Aussage der letzte Nagel im Sarg ist.
Als erstes berichtet der Chefredaktor von «Focus», Georg Meck, der selbst beim berüchtigten Gespräch dabei gewesen ist, über den Vorfall. Die Diskussion drehte sich um die deutsche Asylpolitik. Scholz soll seinen Herausforderer Friedrich Merz des falschen Spiels in Zusammenhang mit der AfD bezichtigt haben. Zudem rückte er die Union in die Nähe des Faschismus.
Als der Berliner Kultursenator Joe Chialo bezüglich des Faschismusvorwurfs nachhakte, habe der Kanzler ihn als Hofnarren der Partei bezeichnet. Weiter soll er zu Chialo gesagt haben, er sei nicht mehr als ein Feigenblatt. Chialo soll zur Widerrede angesetzt haben, jedoch vergebens. Scholz habe das Wort «Hofnarr» ein zweites Mal wiederholt. Der «Focus»-Chefredaktor spricht in seinem Bericht in dem Zusammenhang von einem «rassistischen Aussetzer».
CDU-Spitzenkandidat Friedrich Merz ist «sprachlos»
Um die Äusserung entstand ein regelrechter Wirbel, besonders aus den Reihen der CDU hagelte es laute Kritik. Spitzenkandidat Friedrich Merz sagte am Rande einer Wahlkampfveranstaltung: «Mich hat das sprachlos gemacht. Das ist der Bundeskanzler, der immer Respekt beansprucht, offensichtlich aber nur für sich selbst.»
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Der CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph de Vries schrieb auf X: «Was für eine bodenlose Unverschämtheit und rassistische Entgleisung Joe Chialo gegenüber.» Der Vorsitzende der Jungen Union Johannes Winkel legte dem Kanzler den Rücktritt nahe. Von mehreren Seiten kam die Forderung nach einer Entschuldigung auf.
Scholz: «Rassismusvorwurf künstlich konstruiert»
Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich am Mittwoch zu den Vorwürfen geäussert. Er gab zu, Joe Chialo als «Hofnarr» der Christdemokraten bezeichnet zu haben. «Der dabei von mir verwandte Begriff ist im Sprachgebrauch nicht rassistisch konnotiert und war von mir auch nie so intendiert», wurde Scholz in einer Mitteilung des SPD-Parteivorstands zitiert.
Eine Sprecherin bestätigte, dass Scholz sich mit der Erklärung auf den Begriff «Hofnarr» bezogen habe. «Der erhobene Vorwurf des Rassismus ist absurd und künstlich konstruiert», sagte Scholz weiter.
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Inzwischen hat Scholz presserechtliche Schritte eingeleitet. Der beauftragte Rechtsanwalt Christian Schertz schreibt in einer Stellungnahme, es werde ein rassistischer Bezug unterstellt, der so nicht stattgefunden habe, dies verletze den Persönlichkeitsschutz von Olaf Scholz in hohem Masse. Focus online verteidigt seine Berichterstattung und interpretiert das juristische Vorgehen von Scholz als Ablenkungsmanöver.
Am Donnerstagmorgen soll der Bundeskanzler mit Chialo telefoniert haben. Zum Inhalt des Gesprächs ist aber noch nichts bekannt.
Joe Chialo: «Ich hoffe, dass wir zu einem fairen und sachlichen Austausch zurückfinden»
Chialo selbst hatte zunächst nichts zu dem Vorgang gesagt, der sich auf der Feier zugetragen hat. Nach sorgfältiger Abwägung und aufgrund des öffentlichen Interesses habe er sich nun entschlossen, sich doch in dieser Angelegenheit zu äussern, so der Politiker.
«Wir alle stehen derzeit unter grossem Druck», ergänzte er offensichtlich mit Blick auf den Wahlkampf zur Bundestagswahl am 23. Februar. «Umso wichtiger ist es, dass wir in dieser aufgeheizten Situation mit Bedacht und Anstand miteinander umgehen. Ich hoffe, dass wir zu einem fairen und sachlichen Austausch zurückfinden. Für mich ist diese Angelegenheit damit abgeschlossen.»
In der deutschen Presse wurde rege über den Vorfall diskutiert. In mehreren Berichten wird spekuliert, ob Scholz nach der Hofnarr-Äusserung nun die vorzeitige Niederlage droht. Der «Spiegel» fragt sich in diesem Sinne, ob dies nun Scholz’ Laschet-Moment gewesen sei. Auch die «Bild»-Zeitung mutmasst, ob Scholz mit der Aussage ein Riesenfehler unterlaufen sein könnte.
Die Debatte dreht sich zudem um die Frage, ob der Begriff «Hofnarr» rassistisch ist. Dabei scheiden sich die Geister. Der Spiegel vertritt die Meinung, dass der Begriff in diesem Falle diskriminierend sei. Der Bayerische Rundfunk auf der anderen Seite schreibt, dass der Begriff nicht durch die Hautfarbe, sondern lediglich durch die gesellschaftliche Aussenseiterrolle definiert ist. Trotzdem ist man sich mehrheitlich einig: Ein Rassist ist Olaf Scholz nicht.
Mit Material der DPA.
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