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Streit um UKW-Abschaltung
Schawinski setzt sich bei Rösti durch

Konnte offenbar Bundesrat Albert Rösti überzeugen: Radiopionier Roger Schawinski. 
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Eigentlich sollten ab 2025 sämtliche Radiosender nur noch digital zu empfangen sein, über DAB+ und Internet. Das war der Plan. Die Branche hatte sich 2014 darauf geeinigt, die UKW-Frequenzen spätestens Ende 2024 abzuschalten. Zwischenzeitlich war sogar 2022 für die SRG und 2023 für die Privaten vorgesehen, doch dann kamen die Verbände auf den ursprünglichen Plan für 2024 zurück. Zu diesem Zeitpunkt laufen die geltenden UKW-Funkkonzessionen aus.

Nun wird das UKW-Aus voraussichtlich auf später verschoben. Das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) hat dies den Verbänden der Privatradios mitgeteilt, wie das Portal «persönlich.com» zuerst berichtete. Der Brief liegt auch dieser Redaktion vor. Darin steht, das Departement von Bundesrat Albert Rösti habe Vertreter der Branche angehört und werde dem Bundesrat «eine letzte Verlängerung» der geltenden UKW-Konzessionen beantragen, bis Ende 2026. Entscheiden wird also der Gesamtbundesrat.

Zu den Gründen schreibt das Bakom auf Anfrage: «In den letzten Monaten hat sich gezeigt, dass einzelne Veranstalter mit lokalen oder regionalen Problemen konfrontiert sind, die mitunter individuelle Lösungen erfordern. Innerhalb der Radiobranche wurde deshalb seit einiger Zeit über einen befristeten UKW-Weiterbetrieb nach 2024 diskutiert.»

«Ein Schildbürgerstreich»

Das freut vor allem einen: Roger Schawinski. Der Chef von Radio 1 ist der prominenteste UKW-Fan. Er war schon bei Simonetta Sommaruga vorstellig geworden – vergeblich. Rösti konnte er nun offenbar überzeugen. Er habe den neuen Medienminister getroffen, sagt Schawinski. «Ich finde die von ihm verkündete geplante Verlängerung positiv.» Ginge es nach Schawinski, würde UKW noch länger nicht abgeschaltet. Die Schweiz sei das einzige Land, das dies plane.

«UKW ist immer noch die weltweit am stärksten verbreitete Radio-Technologie», sagt Schawinski. Knapp die Hälfte der Autos sei noch nicht für DAB+ ausgerüstet. «Die UKW-Frequenzen schon ab 2022 abzuschalten, wie es vor allem das Bakom und die SRG wollten, war ein Schildbürgerstreich.»

Denkmalpflege statt Innovation

Die Radiosender können auch vor 2026 auf UKW verzichten. Es sind freilich nicht alle zufrieden mit der aufgeschobenen Abschaltpflicht. Radio Energy hatte beim ursprünglichen Plan bleiben wollen. Auch der Verband nicht gewinnorientierter Lokalradios (Unikom) setzte sich für eine Abschaltung per Ende 2024 ein.

«Wir sind enttäuscht», sagt Unikom-Vorstandsmitglied Thomas Gilgen. «Rösti betreibt Denkmalpflege für UKW statt innovative Medienpolitik.» An UKW festzuhalten, sei «total irrational». Offenbar seien Emotionen damit verbunden wie seinerzeit beim Vinyl. Manche hätten die UKW-Antennen einst eigenhändig aufgestellt. Doch die Technologie sei überholt, die neue Welt digital. DAB+ benötige weniger Antennen und weniger Strom als UKW und sei weitverbreitet. Nur eine Minderheit höre noch UKW. Laut dem Bakom ist die UKW-Nutzung auf 23 Prozent gesunken.

Dass noch nicht alle Autos mit DAB+ ausgerüstet sind, lässt Gilgen nicht als Argument gelten: Wer ein Auto ohne DAB+ habe, könne im Auto das Handy als Empfangsgerät benutzen oder ein Gerät kaufen, sagt er. «Solche Argumente sind vorgeschoben.»

Kritik an «Hinterzimmertreffen»

Aus Sicht des Verbandes Unikom geht es im Streit nicht nur um Emotionen, sondern auch um handfeste finanzielle Interessen. 41 Radios forderten Rösti im Mai in einem offenen Brief dazu auf, «die bestehenden Gesetze und Verordnungen durchzusetzen».

Es sei eine Minderheit der Radiosender, die mit allen Mitteln für eine Verlängerung kämpfe. Der Grund: Die klassische Radiowerbung berücksichtige UKW-Radios stärker, solange es UKW gebe. «Es geht nur darum, ungerechtfertigte Marktvorteile zu erhalten», hiess es im Brief. Erörtert werde das an «Hinterzimmertreffen». Gilgen sagt, neben Schawinski hätten vor allem die Westschweizer Radios bei Rösti lobbyiert. «Ausschlaggebend waren die Romands, nicht Schawinski.»

Die Kritiker des Entscheids machen geltend, sie hätten ihre Geschäftsmodelle ganz darauf ausgerichtet, dass es ab 2025 in der Schweiz kein UKW mehr gebe. Gleichzeitig auf DAB+ und UKW zu senden, bedeute eine finanzielle Doppelbelastung. Sollte UKW nicht per Ende 2024 abgeschaltet werden, müssten die UKW-Frequenzen neu ausgeschrieben werden. 

Eine solche Ausschreibung soll es aber nicht geben. Verschiebt der Bundesrat die UKW-Abschaltung auf Ende 2026, können jene Radios, die über UKW-Frequenzen verfügen, diese bis dahin behalten. Gilgen sieht die Chancengleichheit verletzt. Das Bakom betont, die UKW-Verbreitung sei freiwillig. Jeder Anbieter, der heute über eine UKW-Funkkonzession verfüge, könne diese jederzeit zurückgeben.