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Grosse Überraschung
Schawinski schnappt sich Bündner Radio­konzession

*Interview mit Roger Schawinski* Zum wohl endgueltigen Ende seiner TV-Karriere.

17.02.2023
(SILAS ZINDEL/TAGES-ANZEIGER)
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Roger Schawinski hat vor anderthalb Jahren den Zürcher Journalistenpreis für sein Lebenswerk erhalten. Doch wer dachte, damit sei das Lebenswerk vollendet, hat sich getäuscht. Der heute 78-Jährige startet nochmals in ein neues Abenteuer – mit Genehmigung des Bundes.

Sein jüngstes Kind heisst Radio Alpin und erhält eine Konzession für Graubünden, Glarus und das St. Galler Oberland. Dies hat das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) heute vor den Medien bekannt gegeben.

«Ich habe immer für mehr Meinungsvielfalt und gegen Monopole gekämpft», freut sich Schawinski. «Nach dem nationalen Radio- und Fernsehmonopol breche ich jetzt das letzte wichtige Monopol in Graubünden.»

Senden in drei Sprachen

Schawinski hat sich zusammen mit dem früheren Chefredaktor der «Bündner Zeitung», Stefan Bühler, für die Konzession beworben. Ihr Radio Alpin will in drei Sprachen senden: Deutsch, Rätoromanisch und Italienisch für Südbünden. Es soll rund 20 Mitarbeitende beschäftigen und ein 24-Stunden-Programm ausstrahlen. Mindestens die Hälfte der Nachrichtenbulletins bestehe aus regionalen Meldungen, versprechen die beiden in ihrer Bewerbung.

Sie dürfen mit Gebührengeldern von rund drei Millionen Franken pro Jahr rechnen. Dieses Geld bezog bislang Radio Südostschweiz, das zur Somedia-Gruppe der Familie Lebrument gehört. Jetzt verliert Radio Südostschweiz seine Konzession.

Zu mächtig ist die Somedia-Gruppe in Graubünden geworden, wo sie gegenwärtig den Zeitungs-, Fernseh- und Radiomarkt beherrscht. Dies war bei der Konzessionsvergabe ein Nachteil. Steht doch im Radio- und Fernsehgesetz, bei gleichwertigen Bewerbungen werde diejenige bevorzugt, welche «die Meinungs- und Angebotsvielfalt am meisten bereichert».

Bis zum Gerichtshof für Menschenrechte

Für Schawinski ist sein Sieg eine grosse Genugtuung. Denn es war nicht das erste Mal, dass er sich um die Bündner Radiokonzession beworben hat. Bereits vor gut 15 Jahren trat der Zürcher Medienunternehmer gegen die Lebruments an, unterlag damals aber noch. Seinerzeit hiess sein Projekt «Radio Südost» und forderte Radio Grischa heraus.

Die Niederlage hatte Schawinski «schockiert». Und er hat sie durch alle Instanzen angefochten – bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg, wo er allerdings unterlag.

Jetzt siegt er doch noch. «Die Medienkonzentration hat sich in den letzten Jahren massiv verschärft. Deshalb war wohl auch der politische Wille, das Gesetz umzusetzen, stärker als vor 15 Jahren», sagt Schawinski. Medienminister Albert Rösti wolle offenbar nicht einfach alles so belassen wie gehabt. Schawinski möchte Synergien mit seinem Radio 1 nutzen. Und er kann sich durchaus vorstellen, etwa die Studios und einige Mitarbeitende von Radio Südostschweiz zu übernehmen.

Dieses will aber weitersenden. «Das sind wir unseren 64'000 Hörerinnen und Hörern, die Radio Südostschweiz täglich einschalten, schuldig», so Silvio Lebrument, Geschäftsführer Medien bei Somedia. Man werde auch «die rechtlichen Optionen prüfen und ausschöpfen» und gehe davon aus, dass «vorderhand alles beim Alten bleiben wird», hält Lebrument fest.

Martullo-Blocher hat Schawinski geholfen

Bereits der Konzessionsvergabe sind heftige Auseinandersetzungen vorausgegangen. Beim Bakom gingen viele Stellungnahmen interessierter Kreise zur Bündner Radiokonzession ein. Viele machten sich für Radio Südostschweiz stark.

Dagegen hat die Ems-Chemie gehalten, die von SVP-Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher geleitet wird und eine der grössten Arbeitgeberinnen im Kanton ist. Laut ihr hat die Somedia-Gruppe in Graubünden «faktisch ein Medienmonopol errichtet», das ihr erlaube, über «unliebsame Themen» nicht ausreichend zu berichten.

Der Regierungsrat des Kantons Glarus wiederum beklagte, er nehme Radio Südostschweiz als «abwesend» wahr, obwohl es für Glarus konzessioniert sei. Radio Zürisee und Radio Central würden öfter über den Kanton berichten.

Künftig soll es nun Radio Alpin richten, Schawinskis jüngster Spross. Damit setzt sich dessen eindrucksvolle Schaffensserie fort: Vor 50 Jahren hatte er das Konsumentenmagazin «Kassensturz» des Schweizer Fernsehens gegründet, das gegenwärtig sein Jubiläum feiert. Es folgten der erste Schweizer Privatsender Radio 24, das erste Schweizer Privatfernsehen TeleZüri und Radio 1 für Erwachsene. Dazwischen war der Zürcher drei Jahre lang Geschäftsführer beim deutschen Privatfernsehsender Sat.1.

Die übrigen Konzessionen

Insgesamt hat das Bakom 38 Konzessionen für Lokalradios und Regionalfernsehen erteilt. Sie gelten zwischen 2025 und 2034. Die meisten gehen an die bisherigen Inhaber. In Genf löst jedoch Radio Vostok das bisherige Radio Cité ab. Und TeleBielingue muss Canal B weichen.

Umstritten waren auch die Konzessionen für die Regionalfernsehen in Bern und in der Ostschweiz. In beiden Fällen scheiterten die Herausforderer von TeleBärn und TVO. Letztere behalten ihre Konzession ebenso wie Tele 1 (Zentralschweiz) und Tele M1 (Aargau und Solothurn).

Damit darf CH-Media weiterhin vier Regionalfernsehsender betreiben, obwohl das Gesetz pro Veranstalter nur zwei Fernseh- und zwei Radiokonzessionen erlaubt. Möglich wird dies dadurch, dass je zwei dieser Sender durch die AZ Regionalfernsehen AG und die NZZ Regionalmedien AG gehalten werden.

Damit sind die gesetzlichen Vorgaben aber ausgereizt. Eine weitere Konzession für Tele Züri, das sich ebenfalls beworben hat, war nicht mehr möglich, obwohl seine Bewerbung in der Region Zürich, Thurgau und Schaffhausen am besten abgeschnitten hat. Tele Züri erhält damit keine Gebührengelder. Es kann aber wie bisher ohne Konzession senden. Die finanzielle Unterstützung geht unverändert an Tele Top.