Prozess in GeorgiaTrumps Kurzbesuch im Gefängnis wird zum Spektakel
Der ehemalige US-Präsident und Top-Favorit für die US-Präsidentschaftswahlen 2024 will sich heute Donnerstag in Atlanta den Behörden stellen.
Donald Trump muss am Donnerstag ins Gefängnis – allerdings nur für sehr kurze Zeit: Der frühere US-Präsident wird sich nach seiner Anklage im Bundesstaat Georgia wegen Wahlbeeinflussung den Behörden in der Grossstadt Atlanta stellen und soll erkennungsdienstlich behandelt werden. Die Antworten auf wichtige Fragen rund um das Verfahren:
Warum wurde Trump angeklagt?
Trump wurde am Montag vergangener Woche von einer Grand Jury in Atlanta wegen seiner Versuche angeklagt, den Ausgang der Präsidentschaftswahl 2020 in Georgia zu kippen. Die Anklage gegen den Ex-Präsidenten und republikanischen Präsidentschaftsbewerber umfasst 13 Punkte und fusst unter anderem auf einem Gesetz gegen organisierte Kriminalität. Trump soll sich mit 18 anderen Angeklagten verschworen haben, um sich trotz seiner Niederlage gegen den Demokraten Joe Biden zum Sieger der Wahl in Georgia erklären zu lassen.
Warum muss Trump nach Atlanta reisen?
Die zuständige Staatsanwältin Fani Willis gab Trump und den anderen Angeklagten Zeit bis Freitagmittag, sich freiwillig zu stellen – ansonsten droht die Vollstreckung eines Haftbefehls. Die Angeklagten werden im Gefängnis des Landkreises Fulton County in Atlanta – wegen seiner Adresse auch als «Rice-Street-Gefängnis» bekannt – erkennungsdienstlich behandelt. Dabei werden unter anderem Fingerabdrücke genommen und Polizeifotos angefertigt.
So hat sich unter anderem Trumps früherer Anwalt Rudy Giuliani nach seiner Anklage wegen Wahlbeeinflussung im US-Bundesstaat Georgia bereits den Behörden gestellt. Der frühere Bürgermeister von New York erschien am Mittwoch im Gefängnis des Landkreises Fulton County in der Grossstadt Atlanta für eine erkennungsdienstliche Behandlung. Er wurde anschliessend gegen eine Kaution von 150'000 Dollar auf freien Fuss gesetzt. «Diese Anklage ist eine Farce», sagte der 79-jährige frühere Staatsanwalt anschliessend. «Es ist nicht nur ein Angriff auf mich und Präsident Trump. Es ist ein Angriff auf das amerikanische Volk.»
Wird es auch von Trump ein Polizeifoto geben?
Das gilt als wahrscheinlich, ist aber nicht sicher. Bei den drei vorherigen Anklagen gegen Trump in New York, Miami und Washington hatten die Behörden auf solche Aufnahmen verzichtet. Der Sheriff von Fulton County, Patrick Labat, hat dagegen erklärt, Trump solle gemäss der «normalen Praxis» wie jeder andere Angeklagte auch behandelt werden, einschliesslich Polizeifotos.
Welche Sicherheitsvorkehrungen werden ergriffen?
Die erkennungsdienstliche Behandlung des Ex-Präsidenten wird unter strikten Sicherheitsvorkehrungen stattfinden. So wird rund um das Gefängnis ein «harter Lockdown» gelten, bei dem niemand das Gebiet betreten oder verlassen darf. Wie immer wird Trump von Personenschützern des Secret Service bewacht, der für den Schutz von Präsidenten und Ex-Präsidenten zuständig ist.
Welchen Ruf hat das Gefängnis?
Die Haftanstalt in Atlanta ist wegen schlechter Haftbedingungen berüchtigt. Erst im Juli leitete das US-Justizministerium eine Untersuchung ein. Justizminister Merrick Garland verwies auf eine lange Liste von Vorwürfen, von «unsicheren, unhygienischen Lebensbedingungen» über «übermässige Gewalt» und «Diskriminierung gegen Menschen mit psychischen Problemen» bis hin zu einer fehlenden «angemessenen medizinischen Versorgung» von Häftlingen. So starb in dem Gefängnis im September 2022 ein mit Insekten und Schmutz bedeckter Insasse, der unter psychischen Problemen gelitten hatte.
Wie viel Kaution muss Trump hinterlegen?
Der zuständige Richter Scott McAfee hat für Trump eine Kaution von 200'000 Dollar (rund 185'000 Euro) festgelegt. Kautionszahlungen sind in den USA üblich, um vor einem Prozess nicht in Untersuchungshaft sitzen zu müssen, wenn beispielsweise keine Fluchtgefahr besteht. In der Kautionsvereinbarung mit Trump ist festgehalten, dass Trump keinen Mitangeklagten oder Zeugen einschüchtern oder bedrohen darf. Das umfasst auch Posts auf Online-Plattformen.
Muss Trump am Donnerstag auch vor Gericht erscheinen?
Nein. Bei den drei vorherigen Anklagen erfolgten die erkennungsdienstliche Behandlung und die Anklageverlesung vor Gericht immer am selben Tag. In Atlanta wird dies an verschiedenen Tagen passieren. Die Anklageverlesung ist für die Woche ab dem 5. September angesetzt.
Wann wird der Prozess beginnen?
Staatsanwältin Willis hat einen Prozessbeginn am 4. März 2024 beantragt. Das wäre nur einen Tag vor dem als «Super Tuesday» bekannten Wahltag, an dem in mehr als einem Dutzend Bundesstaaten Präsidentschaftsvorwahlen stattfinden. Richter McAfee hat aber noch keinen Termin festgelegt. Bei einer Verurteilung droht Trump eine mehrjährige Gefängnisstrafe.
Gegen den Ex-Präsidenten stehen noch drei weitere Strafprozesse an. Bei den beiden anhängigen Bundesprozessen in der Hauptstadt Washington und im Bundesstaat Florida könnte der Ex-Präsident versuchen, sich im Falle eines Siegs bei der Präsidentschaftswahl 2024 selbst zu begnadigen.
Bei einer Verurteilung in Georgia wäre dies aber ausgeschlossen, ebenso wie bei einer Verurteilung wegen der Schweigegeldaffäre in New York: Das grundsätzliche Recht des US-Präsidenten zu Begnadigungen gilt nur für die Bundesjustiz, nicht aber auf Ebene der Bundesstaaten. Ohnehin ist juristisch umstritten, ob ein US-Präsident sich selbst begnadigen kann.
AFP/wy
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