Provokante Jubel, VAR-Boykott, Super-Goalies
Die Weltmeisterschaft neigt sich dem Ende zu. Diese Momente werden in Erinnerung bleiben.
Nichts anderes als die grösste Frauen-WM der Fussball-Geschichte sollte in Frankreich stattfinden. Noch einmal die bald abtretenden Marta, Carli Lloyd und Christine Sinclair sehen, drei der besten je auf einer Bühne, geteilt mit den derzeitigen Königinnen der Szene, mit Lieke Martens oder Alex Morgan. Es kamen neue Teams, die für Emotionen sorgten, es blieben alte, die so viele Zuschauer wie noch nie an die TV-Bildschirme und in die Stadien lockten. Es wurde gejubelt, oft auch kontrovers, es wurde geweint, auch aus Freude, es fielen Rekorde. Das sind die WM-Momente, die in Erinnerung bleiben werden:
1. US-amerikanische Jubilarinnen
Es gibt eine Person, die alles andere überragt an dieser WM: Megan Rapinoe. Die US-Amerikanerin nutzt die grosse Bühne, sagt, sie würde nicht «in das verdammte Weisse Haus gehen», wenn sie erneut Weltmeisterin werde. Sie singt die Hymne nicht, hält ihre Hand nicht ans Herz, um gegen den Umgang mit Minderheiten in ihrer Heimat zu protestieren. Und nebenbei ist sie eine ganz gute Fussballerin. Rapinoe schoss bisher fünf Tore, bleiben wird ein Jubel, der zum Anti-Trump-Meme wurde. In Russell-Crowe-Pose stand sie nach ihrem ersten Tor gegen Frankreich hin, schien zu fragen: «Unterhalte ich euch nicht?»
Russell Crowe und das Original aus dem Film Gladiator:
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Und Rapinoes Kopie:
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Die Aufregung um Rapinoes Jubel war kaum so richtig aufgekommen, da schritt ihre Teamkollegin zur Tat. Alex Morgan trank nach dem Siegtor gegen England aus einer imaginären Teetasse, eine Anspielung auf die Boston Tea Party von 1773 – just zwei Tage vor dem US-Nationalfeiertag. Die Engländer fanden das gar nicht witzig, warfen Morgan Arroganz vor. Und natürlich wurde Wortführerin Rapinoe nach ihrer Meinung gefragt. Ihre Antwort: «Bla. Bla. Bla.»
2. Rekorde, Rekorde, Rekorde
Wo viel gejubelt wird, da fallen viele Tore. Und je mehr Tore fallen, desto mehr Rekorde werden gebrochen. Das war auch bei der WM 2019 nicht anders. Der 13:0-Sieg der USA gegen Thailand (Video oben) war so ein Rekord, nie hatte ein Team an einer WM höher gewonnen. Dieser Rekord beinhaltet aber noch andere solche. Alex Morgan schoss fünf Tore: Rekord. Carli Lloyd traf bei der fünften WM hintereinander: Rekord.
Doch verlassen wir für einmal die rekordjagenden und jubelsüchtigen US-Amerikanerinnen, denn auch anderswo wurden Bestmarken aufgestellt. Die Brasilianerin Marta traf an der WM zwar nur zweimal. Doch die sechsfache Weltfussballerin überholte mit diesen zwei Treffern Miroslav Klose, ist mit ihren 17 Toren nun alleinige WM-Rekordtorschützin. Sie benötigte dafür 19 Spiele.
286 Länderspiele für 182 Tore brauchte die ewige Christine Sinclair. Trifft sie noch zweimal für Kanada, holt sie Abby Wambach ein. Niemand hat bisher mehr Länderspieltore erzielt als die zurückgetretene US-Amerikanerin. Ihr Glück: Sinclair und Kanada sind schon ausgeschieden und die Stürmerin ist doch auch schon 36.
3. Sich an kleinen Dingen freuen
Wir sind wieder zurück bei Thailand, ja, dieses 0:13 war happig, die Enttäuschung gross. Den Siegerinnen aus den USA wurde sogar vorgeworfen, respektlos mit ihrem Gegner umzugehen. Doch die Asiatinnen freuten sich an der WM eben an kleinen Dingen wie Ehrentreffern. Im zweiten Spiel gegen Schweden gab es zwar erneut viele Gegentore, fünf an der Zahl, doch in der 91. Minute traf Kanjana Sungngoen und sorgte auf der Bank für viele Tränen.
Hohe Niederlage und trotzdem Freudentränen: Thailand bejubelt das 1:4 wie einen Sieg. (Video: SRF)
Übrigens: Die Frau, die im Video hemmungslos weint, ist die Frau, die dem Team alles möglich gemacht hat: Nualphan Lamsam. Sie ist Chefin einer grossen Versicherungsgesellschaft und stellte alle Spielerinnen bei sich ein. So konnten diese Berufsleben und Fussball unter einen Hut bringen und überhaupt nach Frankreich reisen.
Auch am anderen Ende der Welt flossen die Tränen. Jamaika war nach den Niederlagen gegen Brasilien und Italien schon ausgeschieden und lag im dritten Spiel gegen Australien 0:2 zurück. Das WM-Abenteuer, eine Premiere für das Team aus der Karibik, dauerte noch 41 Minuten, da kullerte der Ball über die Linie der Australierinnen. Havana Solaun hatte getroffen und damit einen Freudentaumel ausgelöst.
4. Holland feiert, Japan putzt
Die holländischen Fans haben es uns ja schon 2008 angetan. Zehntausende reisten zur Europameisterschaft nach Bern und brachten die Hauptstadt an ihre Grenzen. Die Stimmung aber war grossartig, «wer nicht in Bern war, weiss gar nicht, was Euphorie ist», sagte Benedikt Weibel, der EM-Delegierte des Bundesrats.
Elf Jahre später hat sich wieder eine grosse holländische Masse auf den Weg gemacht, um ihr Team zu unterstützen. Und wieder tanzen, feiern und jubeln sie, als gäbe es keinen Morgen. Die Belohnung: der WM-Final vom Sonntag.
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Vor einem Jahr bei der WM in Russland haben auch die japanischen Anhänger die Herzen der Fussballwelt erobert, als sie nach dem Schlusspfiff jeweils anfingen, das Stadion zu säubern. Das machten sie 2019 wieder, im Speziellen dieser verkleidete Supporter hier:
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5. Mauern aus Chile und China
Chile scheiterte bereits in der Gruppenphase. War auch nicht einfach, den Südamerikanerinnen wurden mit den USA und Schweden zwei spätere Halbfinalisten zugelost. China kam zwar mit ultradefensivem Fussball und einem Torverhältnis von 1:1 weiter, im Achtelfinal war dann gegen Italien Endstation.
China und Chile haben aber eines gemeinsam: die wohl besten Torhüterinnen des Turniers. Christiane Endler und Peng Shimeng hexten auf den Linien fast alles weg. Hope Solo, einst die beste ihres Fachs, sagte gar, Endler habe alles um die Beste der Welt zu sein. Und Shimeng bekam während der WM nebenbei den Spitznamen Chinesische Mauer verpasst. Neben den beiden wurden nur zwei weitere Torhüterinnen als «Player of the Match» ausgezeichnet.
Endler bekam es in der Gruppenphase mit dem torgefährlichsten Team überhaupt zu tun: mit den USA, Chile verlor 0:3. Die USA, das war das Team, das Thailand 13 Tore einschenkte. Gegen die Südamerikanerinnen hatten sie aber ihre liebe Mühe, vor allem mit Endler. Vielleicht lag es einfach daran, dass diese sich im Prinzenpark von Paris speziell wohl fühlte. Schliesslich ist sie Torhüterin von Paris St-Germain.
6. VAR-Unmut
Neben all diesen Rekorden, Jubeln, Tränen und grandiosen Torhüterinnen spielte in Frankreich auch der VAR mit. Und wie: Der Videobeweis sorgte für lange Unterbrechungen und Nachspielzeiten, nicht immer war man sich einig, ob der Entscheid, die Hilfe einzusetzen, nun richtig war oder nicht.
Richtig war die Entscheidung im Spiel zwischen Kamerun und England, als ein Treffer der Engländerinnen erst wegen Abseits aberkannt, nach Eingreifen des VAR dann aber doch gegeben wurde. Das kamerunische Team entschied sich dazu, nicht mehr mitzumachen und verharrte am Mittelkreis. Erst nach einer längeren Pause konnte das Spiel fortgesetzt werden.
Wütend waren auch beide Trainer. Alain Djeumfa sprach von einer «Fehlinterpretation der Gerechtigkeit». Und Phil Neville? Der Coach des siegreichen englischen Teams war auch angefressen. Wegen Djeumfa und dessen Truppe. «Ich schäme mich für ihr Verhalten», sagte er, in Sachen Verhalten sei das kein würdiger WM-Achtelfinal gewesen.
Was klar ist: Die WM gab gehörig zu reden. Welche Momente bleiben Ihnen in Erinnerung? Diskutieren Sie in den Kommentaren mit.
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