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Meinung

Urteil zum Sexkaufverbot
Prostituierte bleiben bevormundet

Die Grenze und ein Piktogramm fuer die Toleranzzone fuer das Rotlichtmilieu wird von Mitarbeitern des Bau- und Verkehrsdepartementes an der Ecke Webergasse/Ochsengasse markiert in Basel am Montag, 27. Juni 2016. Die Markierungen sollen anzeigen, wo Prostituierte in der Oeffentlichkeit moegliche Kunden ansprechen koennen. Der Wunsch, die Begrenzungen der Toleranzzone auf den Trottoirs farblich zu markieren kam von der Bevoelkerung. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)
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1500 Euro Strafe: Damit müssen Freier in Frankreich seit 2016 rechnen, wenn sie erwischt werden – und das dürfte auf absehbare Zeit so bleiben: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) entschied letzte Woche, dass die französische Regelung mit dem «Recht auf Achtung des Privatlebens» vereinbar sei. 

Der EGMR wies damit eine Klage von gut 260 Prostituierten und mehreren Verbänden ab. Nach Ansicht der Klägerinnen verstösst das Sexkaufverbot gegen die Menschenrechtskonvention; es dränge betroffene Frauen in die Illegalität und in prekäre Arbeitsverhältnisse. Beim EGMR blitzten sie ab. Ob Prostitution «als solche jemals einvernehmlich» sein könne, darüber gebe es international keinen Konsens – ebenso wenig über die Legitimität von Sexkaufverboten, argumentiert das Strassburger Gericht. Den Staaten sei in diesem Bereich daher ein «weiter Ermessensspielraum» zuzubilligen.

Juristisch mag diese Argumentation einleuchten. Der Entscheid wirft dennoch Fragen auf. Gerade wenn bei einem heiklen Problem kein Konsens herrscht, müsste die Stimme der Hauptbetroffenen umso mehr zählen. Davon kann keine Rede sein, wenn es um Prostitution geht: Obschon sich Verbände der Sexarbeitenden überall dagegen wehren, führten in den letzten Jahren zahlreiche Länder (Frankreich, Irland, Kanada, Israel) das «Nordische Modell» ein, das die Kriminalisierung von Freiern vorsieht. 

Die Schweiz widersteht

Das Urteil des EGMR dürfte diesem Trend weiteren Schub verleihen. Wir schützen euch, indem wir euer Anliegen ablehnen: So lautet, in Kurzfassung, die Botschaft an die nun unterlegenen Frauen. Wir wissen, was gut für euch ist, und setzen es daher gegen euren Willen durch. Ungefähr so spricht man auch mit Kindern.

Die Schweiz hat diesen illiberalen Bestrebungen bislang widerstanden. Sie favorisiert stattdessen eine klare Reglementierung des Gewerbes. Es ist zu hoffen, dass sie bei diesem pragmatischen Ansatz bleibt. Auch wenn das bedeutet, dass wir gewisse moralische Ambivalenzen weiterhin aushalten müssen. Es gibt im Bereich der Prostitution keine «sauberen» Lösungen.