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Meinung

Gastbeitrag über Prostitution
Ein Sexkaufverbot schützt die Menschenrechte

Zürich, 23.2.2010, Eine Prostituierte wartet auf einem Freier am Sihlquai in Zürich am Dienstag, 23. Februar 2010. (Nicola Pitaro)
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Der Journalist Roland Gamp schreibt in seinem Kommentar, dass die Schweiz als zentrale Destination im internationalen Sexgewerbe mehr für Sexarbeiterinnen tun müsse, aber dass das «nordische Modell» der falsche Ansatz sei. Dem möchte ich dezidiert widersprechen.

Für die Mehrheit der Prostituierten ist ihr Job ein schwerer sexueller, körperlicher und seelischer Missbrauch. Eine Studie der deutschen Bundesregierung im Jahr 2014 zur Gewaltbetroffenheit in der Prostitution zeigte: 82 Prozent der Frauen erlebten Formen von psychischer Gewalt, 92 Prozent sexuelle Belästigung, 87 Prozent körperliche Gewalt und 59 Prozent sexuelle Gewalt. Gemäss einer anderen Studie – von Melissa Farley – leiden zwei Drittel der Prostituierten an posttraumatischen Belastungsstörungen – in vergleichbarem Ausmass wie Vergewaltigungs-, Folter- und Kriegsopfer. Nach derselben Studie möchten 89 Prozent der Prostituierten aussteigen, können aber nicht. Ausserdem leiden viele Prostituierte an Depressionen und greifen zu Alkohol und Drogen.

Menschenhandel und Förderung der Prostitution sind verboten, die freiwillige Prostitution ist jedoch erlaubt. Die Grenzen dazwischen sind fliessend – und die Frauen, die diesen Beruf «freiwillig» ausüben, tun dies meist ihrer finanziellen Not wegen. Einen Menschen für Sex zu kaufen, macht ihn zur Ware. Dies verletzt seine Menschenwürde.

Bereits 2014 schrieb das Europäische Parlament in einer Resolution, dass «Prostitution und Zwangsprostitution Formen der Sklaverei darstellen, die mit der Menschenwürde und den Grundrechten unvereinbar sind». Die Menschenwürde wird durch die Europäische Menschenrechtskonvention, die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der UNO und auch die schweizerische Bundesverfassung geschützt.

Wie beim Kampf gegen Sklaverei

Weil Prostitution nicht mit den Menschenrechten vereinbar ist, plädiere ich für ein Sexkaufverbot in der Schweiz nach dem nordischen Modell. Bei diesem Modell werden Freier bestraft, Prostituierte hingegen nicht. Mit dem Kriminalisieren der Freier soll die Nachfrage nach sexuellen Dienstleistungen reduziert und die Ausübung der Prostitution unattraktiv gemacht werden. Der Staat und NGOs unterstützen zusammen die Prostituierten beim Ausstieg; sie helfen ihnen beim Finden einer Ausbildung, einer Arbeitsstelle oder einem Praktikum. Für Freier gibt es Beratungsstellen.

Ein Sexkaufverbot wird das Problem der sexuellen Ausbeutung wohl nicht umfassend lösen, aber es wird die menschenverachtende Prostitution zumindest eindämmen, wie es sich in den Ländern mit dem nordischen Modell zeigte. Für die (offizielle) Abschaffung der Sklaverei brauchte es einen grossen Einsatz vieler engagierter Menschen während einer langen Zeitepoche. Lange meinte die Gesellschaft, die Abschaffung sei unmöglich, doch irgendwann kam der Gesinnungswandel.

Wie bei der Abschaffung der Sklaverei braucht es auch bei Einführung des nordischen Modells einen Gesinnungswandel in der Gesellschaft. Einige Länder sind bereits so weit und haben es eingeführt: Schweden, Norwegen, Frankreich, Irland, Nordirland, Island, Israel, Kanada. Die Schweiz soll dasselbe tun.

Christoph Hochuli ist EVP-Grossrat des Kantons Basel-Stadt.