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Meinung

Kommentar zum Sexkaufverbot
Wer Freier kriminalisiert, hilft den Prostituierten nicht

Zürich, 23.2.2010, Eine Prostituierte wartet auf einem Freier am Sihlquai in Zürich am Dienstag, 23. Februar 2010. (Nicola Pitaro)
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Das Schicksal der jungen Prostituierten verstört zutiefst. Sie muss gewalttätige Sexpraktiken anbieten, auch noch hochschwanger Freier bedienen. Die Zuhälter der 19-Jährigen versuchen sogar, ihr Ungeborenes mit Schlägen in den Bauch abzutreiben. All das spielte sich im Schweizer Rotlichtmilieu ab, wie Recherchen zeigen.

Der gängige Reflex: Es braucht Verbote, um solche Fälle zu verhindern. In etlichen Ländern, von Schweden bis Kanada, ist der Kauf von Sex schon heute strafbar. Auch bei uns kommt die Forderung nach diesem «nordischen Modell» immer wieder auf, zuletzt vor vier Monaten im Bundesparlament.

Nur: Das Sexkaufverbot schützt Betroffene nicht vor Gewalt – eher ist das Gegenteil zu befürchten. Das älteste Gewerbe der Welt stirbt nicht einfach aus wegen eines neuen Straftatbestands. Aber es wird sich in die Illegalität verlagern. Dorthin, wo Fachstellen gar keinen Zugang mehr haben zu den Betroffenen. Wo das Leid der Opfer noch schwerer zu erkennen ist.

Verschiedene Studien haben die Auswirkungen des «nordischen Modells» untersucht. Sie kamen zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen. Und immer wieder ist die Datenlage problematisch. So zeigte sich in einer schwedischen Analyse, dass die Aktivität auf dem Strassenstrich zurückging. Aber das bedeutet wohl kaum, dass die Freier einfach verschwunden sind.

Zu wenig spezialisierte Polizistinnen und Polizisten

Sicher ist, dass ein Sexkaufverbot die Arbeit von Prostituierten stigmatisiert. Und es treibt jene Bordellbetreiber, die um faire Bedingungen bemüht sind, in die Illegalität. Sie klagen schon heute, dass immer mehr dubiose Anbieter in den Schweizer Markt drängen, in einer beliebigen Stadt einige Zimmer mieten und dort Osteuropäerinnen zu miserablen Bedingungen arbeiten lassen. 

Es gibt bereits Möglichkeiten, solche Zuhälter zur Rechenschaft zu ziehen. Wegen Menschenhandels, wegen Förderung der Prostitution. Doch verschiedene Kantone haben zu wenig spezialisierte Polizistinnen und Polizisten, die wissen, wie man Betroffene erkennt und begleitet. Zudem braucht es mehr finanzielle Mittel für Fachstellen, genauso für rechtliche und psychosoziale Unterstützung. 

Das ist die Schweiz den Opfern schuldig. Denn sie ist, wie Recherchen belegen, eine zentrale Drehscheibe im internationalen Sexgewerbe. Und solche Massnahmen bringen mehr als Verbote.