Streit um PresseförderungParlament will Medienförderung stärken – trotz Widerstand von Albert Rösti
Der Ständerat will die Subventionen für die Zeitungszustellung verdoppeln und spricht neu auch Gelder für die Frühzustellung zu. Nicht alle sind begeistert.
- Der Ständerat erhöht die Förderung der Zeitungszustellung um 35 Millionen Franken.
- Neben der Postzustellung wird neu auch die Frühzustellung unterstützt.
- Die indirekte Presseförderung soll bei Zeitungen nun insgesamt 65 Millionen Franken betragen.
- GLP-Nationalrätin Barbara Schaffner findet den Entscheid des Ständerats «konzeptlos».
Einbrechende Werbeeinnahmen, rückläufige Printabos, übermächtige Techkonzerne: Von zahlreichen Krisenfaktoren war am Donnerstagvormittag die Rede, als der Ständerat über die Medienförderung debattierte. Am Ende erhöhte die kleine Kammer die Förderung der Zeitungszustellung um 35 Millionen Franken, was etwas mehr als einer Verdoppelung des heutigen Stands entspricht.
Neu wird – neben der Postzustellung – auch die Frühzustellung aller Zeitungen unterstützt, die eine Auflage von weniger als 40’000 Exemplaren haben. Das sind in der Deutschschweiz fast alle Zeitungstitel – mit Ausnahme des «Blicks», der NZZ, des «Tages-Anzeigers» und der «Luzerner Zeitung».
Indirekte Presseförderung «effektiv» und «dringend benötigt»
In bisheriger Höhe belassen will der Ständerat die indirekte Förderung der Stiftungs- und Mitgliedpresse – also die Unterstützung von insgesamt 1000 sehr unterschiedlichen Publikationen wie die Kirchenblätter, die Zeitschrift des TCS oder des Hauseigentümerverbandes.
Im Unterschied zum Nationalrat – und zur vorberatenden Kommission der kleinen Kammer, die den Förderbetrag auf zehn Millionen halbieren wollte – beliess der Ständerat die Unterstützung der Vereins- und Stiftungszeitschriften bei zwanzig Millionen.
Mit der stärkeren Förderung der Tageszustellung und die erstmalige Förderung der Frühzustellung stockt der Ständerat die indirekte Presseförderung auf insgesamt 65 Millionen Franken bei den Zeitungen auf.
Erfreut über den Entscheid zeigt sich Stefan Wabel vom Verlegerverband Schweizer Medien. Die indirekte Presseförderung sei eine «effektive» und «dringend benötigte» Unterstützung für den Regionaljournalismus in der Schweiz, sagt der Geschäftsführer des Verlegerverbands. Rund 150 Publikationen würden dadurch «gestärkt und die Informationsversorgung in den Regionen sichergestellt. Damit sendet das Parlament ein klares Signal an den Bundesrat, welcher im Rahmen der allgemeinen Sparmassnahmen die Medienförderung kürzen möchte». Das hätte für den Journalismus in der Schweiz fatale Folgen, so Wabel.
Mehr Raum für die Privaten, wenn SRG eingeschränkt wird?
Tatsächlich hatte der Bundesrat eine Reduktion der indirekten Presseförderung auf 25 Millionen Franken vorgeschlagen. Albert Rösti argumentierte in der Ständeratsdebatte mit dem allgemeinen Spardruck, der Reduktion der Serafe-Gebühr von heute 335 auf 300 Franken und einem neuen Konzessionsauftrag: Wenn sich die SRG zukünftig auf audiovisuelle Medien beschränke, gebe es bei geschriebenen Artikeln mehr Raum für die Privaten, meinte Rösti.
Die Argumentation des Medienministers verfing im Ständerat nicht: Die kleine Kammer beschloss mit 37 zu 6 Stimmen (bei einer Enthaltung) eine Erhöhung der indirekten Presseförderung.
GLP-Nationalrätin über Ständeratsresultat: «Konzeptlos» und «rückwärtsgewandt»
Enttäuscht über das Ständeratsresultat zeigt sich Barbara Schaffner: «Konzeptlos» und «rückwärtsgewandt» findet die GLP-Nationalrätin den alleinigen Ausbau der indirekten Presseförderung. «Ich sehe die schwierige Situation der Medien. Aber damit sie eine Zukunft haben können, muss ihnen die digitale Transformation gelingen.» Also der Übergang von der gedruckten Zeitung hin zu Medienprodukten, die im Internet und auf Apps abgerufen werden können.
«Mit der Aufstockung der indirekten Presseförderung ohne eine gleichzeitige Umstiegsstrategie wird das bisherige Geschäftsmodell unterstützt – und nicht eine digitale Zukunft», sagt die GLP-Nationalrätin. «Es gibt keine Garantie, dass dies den Verlagen mit der Förderung der Zustellung von Zeitungen gelingt», sagt Schaffner.
Parallel zur temporären Aufstockung der Förderung der Zeitungszustellung hätte sich die GLP-Politikerin eine Umstellung auf eine kanal- und geschäftsmodellunabhängige Förderung der elektronischen Medien gewünscht. Dies war eine Forderung der nationalrätlichen Medienkommission, die im Nationalrat mit 116 zu 72 Stimmen noch unterstützt wurde.
Nationalrat muss über Medienförderung entscheiden
Bei dieser Massnahme wäre nicht die Zahl der gedruckten Zeitungen massgeblich gewesen. Stattdessen hätte sich die Förderung nach der Anzahl der journalistischen Stellen bemessen, die eine Redaktion hat – und zwar unabhängig davon, ob das jeweilige Unternehmen neben den Beiträgen auf einer App oder Internetseite noch eine gedruckte Zeitung herausgibt. «Das wäre zukunftsweisend gewesen», findet Schaffner.
Doch dieser Vorschlag wurde vom Ständerat mit 26 zu 9 Stimmen am Donnerstag deutlich verworfen. Bei einer Annahme würden Staatsmedien entstehen, meinten Kritikerinnen und Kritiker aus dem bürgerlichen Lager.
Schaffner lässt dieses Argument nicht gelten. «Einen Zusammenhang zwischen den journalistischen Inhalten und den Subventionen gäbe es bei einer solchen Förderung nicht.»
Nach dem Entscheid des Ständerats muss der Nationalrat nochmals darüber befinden. Die Chancen stehen nun gut, dass die erhöhte indirekte Presseförderung von der grossen Kammer bestätigt wird.
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