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Premiere in Frankreich
Die Fussfessel der Republik: Jetzt schauen Sarkozy alle auf die Knöchel

Ehemaliger französischer Präsident Nicolas Sarkozy bei einer Zeremonie am Grabmal des unbekannten Soldaten in Paris am 11. November 2023.
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Nun werden ihm alle auf die Knöchel schauen, genauer: auf den linken Knöchel. Nicolas Sarkozy trägt dort seit ein paar Tagen eine elektronische Fussfessel, und das ist nun mal eine Premiere für einen ehemaligen Präsidenten der Französischen Republik. Es gibt ein Video, das Sarkozy, mittlerweile 70 Jahre alt, in Paris beim leichten Joggen zeigt, mit seinem Bodyguard. Das rechte Hosenbein fällt auf den Schuh, das linke faltet und staut sich oberhalb des Knöchels.

Dieses Bild ist so bemerkenswert, dass es nicht nur durch die sozialen Medien schwirrte und dort hämisch kommentiert wurde, sondern auch durch die Nachrichten der grossen Fernsehsender. Der frühere Präsident, in Frankreich ein republikanischer König – so justiziabel wie jeder Bürger?

Die «Affäre Bismuth»

Nicolas Sarkozy war vor Weihnachten in dritter und letzter Instanz zu drei Jahren Haft wegen Korruption und unlauterer Einflussnahme verurteilt worden – zwei Jahre auf Bewährung, ein Jahr mit elektronischer Fussfessel. Er soll vor mehr als zehn Jahren einem Richter des Kassationshofs einen prestigeträchtigen Posten in Monaco versprochen haben, wenn ihm der als Gegengeschäft vertrauliche Informationen aus laufenden Ermittlungen gegen ihn zuhalten würde.

Sarkozy und sein langjähriger Anwalt und Freund Thierry Herzog sprachen sich dafür über Handys ab, die sie unter falschem Namen registriert hatten: Paul Bismuth. So heisst auch der Fall: «Affaire Bismuth». Die Ermittler hörten mit, was Sarkozy für eine Ungerechtigkeit hält, weil Gespräche zwischen Anwalt und Klient geschützt seien. Er will deshalb das Urteil vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anfechten.

Der ehemalige französische Präsident Nicolas Sarkozy betritt das Pariser Gerichtsgebäude am 20. Januar 2025 zu seinem Prozess wegen illegaler Wahlkampffinanzierung, angeblich im Bündnis mit dem verstorbenen libyschen Diktator Moamer Kadhafi.

Das hält den Gang der französischen Justiz aber nicht auf. Einige Wochen nach der Verurteilung hat die Polizei nun im Detail festgelegt, wie Sarkozys halbfreier Hausarrest aussieht. Er darf sein Zuhause nur von 8 bis 20 Uhr verlassen, sonst schlägt das System Alarm.

Ausnahmen gibt es für die Wochentage Montag, Mittwoch und Donnerstag, dann muss er erst 21.30 Uhr zurück sein – aber das ist nicht wirklich ein Privileg: An diesen Tagen sitzt Sarkozy jeweils im grossen Prozess, der ihn seit Anfang Jahr beschäftigt und in dem es um die Frage geht, ob er 2007 für die Präsidentschaftskampagne, die ihn an die Macht brachte, Millionen vom libyschen Herrscher Muammar al-Ghadhafi erhalten hatte.

Sechs Wochen sind um im Prozess, das Urteil wird für April erwartet: Es drohen ihm bis zu zehn Jahre Haft. Sarkozy spricht von einer politischen Verschwörung. Er sagt, die Justiz habe sich in ihn verbissen. Aber öffentlich reden will er jetzt nicht mehr, ab sofort gibt er keine Interviews mehr in den Medien, keine Konferenzen, so lange, bis sie die Fussfessel wieder wegmachen.

Nicolas Sarkozy und Carla Bruni-Sarkozy im Gespräch mit Francois Hollande und Julie Gayet in der Kathedrale Notre-Dame vor der Wiedereröffnungszeremonie, Paris, am 7. Dezember 2024.

In einem Communiqué schrieb Sarkozy am Wochenende, er setze sein öffentliches Leben aus Respekt vor dem Amt, das er einst bekleidet hatte, «in Klammern». Er pausiert, und das wird dem Omnipräsenten nicht leicht fallen. Man wird Sarkozy also in diesem Jahr nicht bei den Feierlichkeiten des 14 juillet sehen, nicht an den Gedenkveranstaltungen zum Ende des Ersten Weltkriegs am 11. November. An den Galas im Palais de l’Élysée wird er auch nicht teilnehmen, so wenig wie an den Preisverleihungen.

Seine Beratermandate in grossen französischen Unternehmen darf Sarkozy behalten. Er darf also weiterhin arbeiten, einfach nur bis 20 Uhr. Auch die vielen Annehmlichkeiten, die einem ehemaligen Präsidenten zustehen, nimmt man ihm nicht weg: Leibwächter, Sekretäre, Fahrer. Justiziabel wie jeder Bürger?

Seinen zwischenzeitlichen Verzicht auf Öffentlichkeit will Sarkozy nicht als demütige Geste verstanden wissen, sondern eher als trotzige. Er schreibt: «Dieses Gefühl der Ungerechtigkeit, das in mir wohnt, verzehnfacht meine Energie.» Er werde unablässig kämpfen gegen «Lüge, Verleumdung und Manipulation», wie er es nennt. Aber für eine Weile kämpft er jetzt mal still.