Präsident Morales spricht nach Rücktritt von einem «Putsch»
Nach wochenlangen Unruhen hat der Präsident Boliviens seinen Rücktritt erklärt. Mexiko bietet ihm Asyl an.
Nach 13 Jahren als Präsident Boliviens hat Evo Morales am Sonntag seinen Rücktritt erklärt. Er habe dem Parlament ein Rücktrittsschreiben geschickt, sagte der linke Staatschef in einer Fernsehansprache am Sonntag. «Unser grosser Wunsch ist es, dass der soziale Frieden wiederkehrt», sagte er. Auch sein Vizepräsident Álvaro García Linera trat zurück. Der Rücktritt erfolgte offenbar auf Druck von Militär und Polizei nach wochenlangen Unruhen.
Morales sprach später am Sonntagabend von einem Putsch gegen ihn. Er richtete sich in einer Ansprache an seine Gegner, die einen in seinen Worten «Bürgerputsch» angezettelt hätten. Mit Verweis auf die anhaltenden politischen Spannungen erklärte Morales später auf Twitter, dass die Polizei einen «illegalen» Haftbefehl gegen ihn habe und dass «gewalttätige Gruppen» sein Haus angegriffen hätten.
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Mexiko wolle Morales Asyl gewähren, erklärte der mexikanische Aussenminister Marcelo Ebrard auf Twitter. Sein Land habe in seiner Vertretung im bolivianischen La Paz bereits 20 Angehörige der dortigen Regierung und des Parlaments aufgenommen.
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Vor seiner Rücktrittserklärung am Sonntag hatte Morales bereits eine Neuwahl nach der umstrittenen Abstimmung vor drei Wochen angekündigt. Dadurch beruhigte sich die Situation jedoch nicht. Der Oberbefehlshaber der Streitkräfte, Williams Kaliman, und der Polizeichef, Vladimir Calderón Mariscal, traten unabhängig voneinander am Sonntag vor die Kameras und forderten Morales im Sinne des Friedens zum Rücktritt auf. Das hatten zuvor bereits mehrere Oppositionspolitiker getan, darunter Carlos Mesa, der Morales am 20. Oktober unterlegen war.
Selbst frühere Verbündete wandten sich gegen ihn
Am Abend des 20. Oktober hatte es zunächst so ausgesehen, als habe Morales die nötigen zehn Prozentpunkte Abstand zu seinem Rivalen Mesa verfehlt, die das Wahlgesetz vorschreibt. Dann wurde die Auszählung plötzlich gestoppt – auf wessen Anordnung ist bis heute unklar. 24 Stunden später hiess es dann, eine Stichwahl sei unnötig. Morales hielt eine Ansprache, in der er sagte, es habe doch knapp zum Sieg gereicht.
Seitdem ist das Land in Aufruhr. Selbst frühere Verbündete unter den indigenen Gruppen und regierungsunabhängigen Organisationen (NGO), die Morales gross gemacht hatten, wandten sich gegen ihn. Im Aufwind fühlen sich hingegen seine Erzfeinde aus der Wirtschaftsmetropole Santa Cruz, wo Morales nie beliebt war. Dort hat die weisse Oberschicht das Sagen, der auch der liberalkonservative Gegenkandidat Carlos Mesa angehört, der bereits einmal, von 2003 bis 2005, Präsident war – vor Morales.
Warnzeichen vom Militär
Das Votum der Wahlprüfer von der OAS war sehr deutlich gewesen: Es könne zwar theoretisch sein, dass Boliviens Präsident Evo Morales bei der Wahl am 20. Oktober die meisten Stimmen bekommen habe, hiess es in ihrem Bericht. Es sei aber äusserst unwahrscheinlich, dass er wirklich den nötigen Abstand zum Zweitplatzierten Carlos Mesa erreicht habe. Das sollte nichts anderes heissen, als: Das Ergebnis, das die Oberste Wahlbehörde am 21. Oktober mitgeteilt hatte, ist falsch.
Grosse Teile der Bevölkerung hatten das bereits zuvor ähnlich gesehen, weshalb in Bolivien seit Wochen Tausende protestieren. Es gab Tote bei Krawallen und Strassenschlachten, Rathäuser wurden demoliert, Wahlämter angezündet, Polizisten meuterten. Die Rücktrittsforderungen an Morales häuften sich – am Sonntag kamen sie sogar aus dem Militär – ein klares Warnzeichen in Lateinamerika, dass eine Ära um ist.
Reicht sein Rückrtritt zum Frieden?
Zusammen mit Morales traten mehrere Kabinettsminister sowie der Präsident der Abgeordnetenkammer, Víctor Borda, und die Chefin des Wahltribunals, María Choque Quispe, zurück. Die Generalstaatsanwaltschaft kündigte Ermittlungen gegen Mitglieder des Wahltribunals wegen der Unregelmässigkeiten bei der Wahl an. Der Oppositionsführer Luis Fernando Camacho brachte inmitten einer riesigen Menschenmenge ein Rücktrittsschreiben für Morales zum Präsidentenpalast in La Paz. Das aber erwies sich als nicht mehr nötig.
Ob Morales' Rücktritt ausreichen würde, das gespaltene Land zu befrieden, war am Sonntag nicht absehbar. Morales hat noch immer viele Anhänger, vor allem im andinen Hochland, wo die indigenen Völker leben, die Evo Morales viel verdanken. Doch die Zahl seiner Gegner ist nun grösser. Es gab am Sonntagabend Berichte von neuer Gewalt – unter anderem soll das Haus der Schwester von Morales angezündet worden sein, wie lokale Medien berichteten.
Die Polizei in Bolivien hat zudem Dutzende Mitglieder des Wahltribunals festgenommen, das für Unregelmässigkeiten bei der umstrittenen Präsidentschaftswahl verantwortlich sein soll.
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