Wiederaufbau des IraksAltstadt von Mossul ist nach IS-Zerstörung restauriert
Die IS-Terrormiliz verwüstete in der nordirakischen Stadt herausragende historische Bauten. Nach jahrelangen Arbeiten sind sie nun restauriert.
Die im irakischen Mossul von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zerstörten Kulturstätten sind in jahrelangen Arbeiten restauriert worden. Zum Abschluss des Wiederaufbaus besuchte Unesco-Generaldirektorin Audrey Azoulay die zweitgrösste irakische Stadt.
Die UN-Kulturorganisation hat seit 2018 mit Hilfe von Partnern rund 110 Millionen Euro in die Restaurierung historischer Stätten und die Kultur in der Millionenstadt investiert. Den Grossteil der Arbeiten in der historischen Altstadt finanzierten die Arabischen Emirate und die Europäische Union. Den Wiederaufbau stellte die Unesco unter das Motto «Den Geist von Mossul wiederbeleben».
Wiederaufbau begann vor mehr als sechs Jahren
Azoulay besucht nun die wieder aufgebaute Al-Nuri-Moschee mit dem dazugehörenden Al-Hadba-Minarett, die Al-Tahira-Kirche sowie die Kirche Unserer Lieben Frau. «Die Wiederbelebung von Mossul ist ein Gründungsakt, ein Symbol für den gesamten Irak und sogar darüber hinaus», sagte Azoulay. «Hier haben wir gezeigt, welche Kraft das Erbe, die Kultur und die Bildung haben, um sich von einer Krise zu erholen, die viele für unüberwindbar hielten.»
Als die Wiederaufbauteams 2018 in Mossul eintrafen, hätten sie ein Trümmerfeld vorgefunden, sagte die Unesco-Chefin. «80 Prozent der Altstadt waren zerstört worden.» 115 Sprengsätze seien entschärft, 12’000 Tonnen Schutt entfernt und fast 9000 historische Fragmente gesammelt, gereinigt und zur Wiederverwendung sortiert worden.
Der Islamische Staat habe versucht, die vielfältige Lebensweise in Mossul zu zerstören. «Aber in dieser Stadt war der Geist der Offenheit der Menschen stärker als jede Form des Extremismus. Und jetzt ist Mossul wieder lebendig», sagte Azoulay. Die offizielle Einweihung der Stätten findet zu einem späteren Zeitpunkt durch den irakischen Ministerpräsidenten Mohammed al-Sudani statt.
IS versuchte Geschichte der Stadt auszuradieren
Mossul war die grösste Stadt, die die IS-Terrormiliz bei ihrem Eroberungszug 2014 unter ihre Kontrolle brachte. Zwischen 2016 und 2017 eroberten irakische Kräfte die Stadt mit Unterstützung der internationalen Koalition zurück.
Die IS-Terrormiliz kontrollierte einst grosse Gebiete im Irak und in Syrien. In beiden Ländern zerstörte der IS zahlreiche archäologische Stätten. Mit Planierraupen und Sprengstoff zertrümmerten die Extremisten kulturelle Schätze aus vorislamischer Zeit, die sie Zeugnisse des «Unglaubens» nannten.
«Der IS versuchte, die Geschichte der Stadt auszuradieren und mit ihrer eigenen Erzählung zu ersetzen, die ihre extremistische Ideologie verherrlichte und alle anderen verteufelte», schreibt der aus Mossul stammende Historiker Omar Mohammed, der an George Washington University in den USA zum Thema forscht. Der IS habe «ein unbeschriebenes Blatt» schaffen wollen. Mohammed sieht den Wiederaufbau kultureller Städten als wichtiges Mittel im Kampf gegen Terrorismus, um Frieden und Toleranz zu fördern.
Für ihre Propaganda veröffentlichte die Terrormiliz Videos, wie sie Artefakte etwa im Museum von Mossul mit Vorschlaghämmern zertrümmern, um international Aufmerksamkeit zu gewinnen und womöglich auch neue Mitglieder anzuwerben. Gleichzeitig beteiligte sich der IS am illegalen Handel mit geplünderten Kulturschätzen, der im Irak und Syrien schon vor der IS-Herrschaft ab 2014 florierte. Der IS gilt als militärisch besiegt, ist aber weiterhin mit schätzungsweise 2.000 bis 3.000 Kämpfern aktiv und verübt Anschläge.
Die Bedeutung der kulturellen Stätten in der Region, die als Wiege der Zivilisation gilt, ist kaum zu bemessen. Darunter sind im heutigen Irak die rund 2000 Jahre alte antike Wüstenstadt Hatra, die zum Unesco-Weltkulturerbe zählt, die ehemalige Königsstadt Nimrud südlich von Mossul, in der der IS einen rund 3000 Jahre alten assyrischen Palast sprengte sowie die Moschee über dem Grab des biblischen Propheten Jona.
In Syrien fiel unter anderem der rund 2000 Jahre alte Baal-Tempel im Unesco-Weltkulturerbe Palmyra dem IS zum Opfer.
DPA/sas
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