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Meinung

Zürcher Verbilligungsmodell
Das teure Bürokratie­monster muss weg

Das moderne, z-förmige SVA-Gebäude aus Glas und Naturstein im Zürcher Kreis 4 bei Nachtbeleuchtung, Aufnahme vom 14. September 2000.
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Das System der Prämienverbilligungen ist im Kanton Zürich sehr genau, aber auch sehr unübersichtlich. Das Geld kommt richtigerweise bei jenen Menschen an, die grosse Probleme haben, ihre Krankenkassenprämie zu bezahlen. Allerdings ist der Weg dahin steinig.

Zunächst wird den Bezugsberechtigten nur ein Teil des mutmasslich korrekten Betrags ausgezahlt beziehungsweise angerechnet. Bis der Rest eintrifft beziehungsweise verrechnet wird, vergehen im besten Fall zwei Jahre. Manchmal auch mehr – einfach, bis die Steuereinschätzung definitiv ist.

Rückzahlungen sind ein No-go

Und vor allem kommt dann vielleicht eine ärgerliche Rechnung statt eine frohe Kunde. Eine Rückzahlung wird fällig, weil sich die Steuerdaten geändert haben. 2022 mussten knapp 90’000 Personen insgesamt 54 Millionen Franken nachzahlen. Das macht immerhin 600 Franken pro Person.

Umgekehrt erhielten knapp 240’000 Bezugsberechtigte im Nachhinein 133 Millionen zugesprochen. Das sind pro Kopf 550 Franken. 330’000 Briefe wurden also zwei Jahre nach der Bezugsperiode verschickt, um eine Art Schlussresultat zu verkünden.

Das Zürcher System ist gut gemeint. Aber es ist ein Durchlauferhitzer und Bürokratiemonster. Kein Wunder, haben sich die Kosten für die ausführende Sozialversicherungsanstalt (SVA) mehr als verdoppelt. 15 Millionen sind es inzwischen.

Die Telefone bei der SVA laufen auch Jahre nach dem Systemwechsel heiss, weil so viele Menschen Fragen haben, reklamieren oder total verunsichert sind. Auch die Krankenkassen haben einen grossen Mehraufwand, da alle Zahlungen über sie laufen.

Viele verzichten auf Antrag

Dazu kommt, dass viele Menschen auf einen Antrag auf Prämienverbilligung verzichten. Das zeigen Vergleichszahlen. Diese Menschen meiden den Formularkrieg oder sind schlichtweg überfordert. Oder sie fürchten sich vor einer allfälligen Rückzahlung.

Der Zürcher Kantonsrat forderte Verbesserungsvorschläge, Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli hat sie letzte Woche geliefert.

Sie hat ein Mittel gefunden, um Auswüchse zu verhindern und die Gelder noch zielgenauer zu verteilen. Haushalte mit 180’000 Franken Einkommen sollen nicht mehr profitieren. Dafür erhalten die Menschen mit tiefen Einkommen mehr Geld. Das ist gut so.

Noch komplizierter?

Problematisch ist aber, dass Rickli noch tiefer in die Systematik hineingeht und sie noch weiter verfeinert. Die Bezugsberechtigten sollen zwischen zwei Systemen wählen können: einstufig oder zweistufig. Zudem soll die erste Auszahlung tiefer ausfallen, damit das Risiko einer Rückzahlung sinkt. Und sie will auf die Einforderung oder die Auszahlung von Bagatellbeträgen verzichten.

Das verkompliziert das System noch mehr.

Dass Rickli auf die grosse Revolution verzichtete, ist politisch verständlich. Der Kantonsrat hatte das aktuelle System erst 2019 und zudem einstimmig verabschiedet. 

Automatismus ist die Lösung

So liegt es nun am Parlament, über die Bücher zu gehen. Ein vielversprechender Ansatz ist ein System, das auf einem Automatismus beruht: Sobald die definitive Steuererklärung vorliegt, erhalten die Haushalte automatisch die ihnen zustehende Verbilligung. 

Das vereinfacht das System für alle. Niemand geht vergessen, die Haushalte erhalten eine grössere Planungssicherheit. Zwar bekommen einige ein oder zwei Jahre lang einen Zustupf, die ihn nicht mehr benötigen. Zum Beispiel Studierende, die abgeschlossen haben und nun gut verdienen.

Diese Ungenauigkeit ist aber weiter nicht schlimm. Zudem könnten diese Gutverdienenden auch aktiv verzichten. Dass weitere Haushalte profitieren, weil sie ihre Steuern optimiert haben und deshalb Verbilligungen erhalten, hat der Kantonsrat bereits unterbunden. Das war auch eines der Hauptziele der letzten Reform gewesen. 

Der Kanton Zürich wollte Schweizer Präzisionsmeister sein. Das ist löblich. Doch noch wichtiger ist, dass wirklich alle vom Verbilligungssystem profitieren, die es nötig haben.