Kontroverse um PrämienverbilligungFührt die SP-Initiative zu höheren Prämien?
Die Prämienverbilligungsinitiative setze falsche Anreize und unterlaufe die Bestrebungen, die Ausgaben im Gesundheitswesen zu dämpfen, heisst es beim Bund und den Kantonen. Die Initianten widersprechen.
Die SP will mit ihrer Entlastungsinitiative nichts weniger als den «Prämienwahnsinn stoppen». Im Internet verweist die Partei darauf, dass sich die Krankenkassenprämien in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt hätten. Doch nun zeigt sich: Bundesrat und Kantone befürchten, dass die Initiative das Gegenteil bewirkt und die Kosten im Gesundheitswesen und damit auch die Prämien noch mehr steigen werden.
Mit der Initiative will die SP erreichen, dass die Prämien nicht mehr als 10 Prozent des Einkommens ausmachen. Gemäss Bundesrat haben die Leute dadurch aber «weniger Anreiz», besondere Versicherungsformen abzuschliessen – weil sie fix 10 Prozent des Einkommens für die Prämien aufwenden müssten.
Höhere Franchise lohnt sich nicht mehr
Zudem trage die Initiative nicht zur Eindämmung der Kosten im Gesundheitswesen bei, sondern könnte das Kostenbewusstsein der Bevölkerung und das Verständnis für die Notwendigkeit von Kostendämpfungsmassnahmen sogar verringern. «Die Initiative würde damit die Anstrengungen des Bundes und der Kantone unterlaufen», heisst es in der Botschaft der Landesregierung.
Auch die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren (GDK) teilt auf Anfrage mit, dass sich je nach Umsetzung für die Versicherten ein kostenbewusstes Verhalten mit der Wahl einer höheren Franchise nicht mehr lohnen könnte, «was sich in höheren Krankenkassenprämien niederschlagen könnte».
Zu spüren bekämen das in erster Linie die Leute, die auch künftig keine Prämienverbilligung erhalten. Eine Prognose, wie stark die Prämien aufgrund der Initiative steigen würden und welche Kantone besonders betroffen wären, will niemand abgeben. Dies hängt mit dem grossen Spielraum zusammen, den Bund und Kantone bei der Umsetzung der Initiative haben. Das Problem der falschen Anreize könnte zum Beispiel damit gelöst werden, dass nur die Prämien der günstigsten Versicherungsmodelle verbilligt würden.
«Abenteuerliche Argumentation»
Die SP widerspricht dem Bundesrat und den Kantonen. Nationalrätin Sarah Wyss spricht von einer «abenteuerlichen Argumentation». Die Initiative setze keine falschen Anreize. «Im Gegenteil: Sie bietet für viele Menschen in unserem Land eine echte Entlastung.» Gerade für Familien sei die Belastung durch die Prämien «massiv».
Allerdings geht auch Wyss davon aus, dass «die Prämien weiter steigen werden». Sie betont jedoch, dass dies nichts mit der Initiative zu tun habe. Vielmehr nennt sie als Gründe die generelle Kostensteigerung im Gesundheitswesen durch den demografischen Wandel, die medizinische Versorgung und auch Fehlversorgung.
Wyss sagt zudem, dass die SP und der ehemalige Gesundheitsminister Alain Berset diverse kostendämpfende Massnahmen vorgeschlagen hätten. Ein Beispiel sind Preissenkungen für Generika-Medikamente. «Das Parlament hat aber fast alle wirksamen Vorschläge abgelehnt.»
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