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Der neue Job des Ex-Politikers
Pierre Maudet heuert nach Politik-Aus bei kritisierter Firma an

Pierre Maudet gönnt sich keine Pause: Am Donnerstag hatte der 43-Jährige seinen letzten Arbeitstag als Genfer Staatsrat, am Montag ernannte ihn die IT-Firma Wisekey zu ihrem «Chef für digitale Transformation». 
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Die Kunst der Selbstvermarktung beherrscht Pierre Maudet wie kein Zweiter. An seinem letzten Arbeitstag als Genfer Staatsrat nach seiner Nichtwiederwahl, er stolperte über eine bezahlte Luxusreise und wurde erstinstanzlich verurteilt, setzte er sich nochmals gekonnt in Szene. Er sei «frei und befreit», «auf Jobsuche» und glaube, «eine Stelle gefunden zu haben», verkündete Maudet am letzten Donnerstag in einem Interview in der Westschweizer Tagesschau. Er fokussiere auf «das Gebiet der digitalen Transformation und künstlichen Intelligenz», so Maudet. Mehr wolle er nicht verraten.

Seit Montag ist klar, wo der 43-Jährige angeheuert hat. Das in Genf ansässige IT-Sicherheitsunternehmen Wisekey gab bekannt, Maudet als Direktor für digitale Transformation engagiert zu haben. Unter anderem verkauft Wisekey Email-Zertifikate an Staaten für deren sichere Kommunikation. Aktuell wirbt die Firma mit Technologien für das Betreiben digitaler Plattformen für Corona-Tests.

Er hat Pierre Maudet verpflichtet: Carlos Moreira, Chef und Gründer von Wisekey. 

Pierre Maudet hat einen besonderen Auftrag. Wisekey hat jüngst die deutsche Firma Arago übernommen, die auf künstliche Intelligenz spezialisiert ist. Sie soll schnell eingegliedert werden. «Ich brauche einen ausgewiesenen Fachmann, der die Technik kennt und die Strategie umsetzt», so Wisekey-Gründer Carlos Moreira.

«Er wurde genug bestraft. Er arbeitet hart – er wird uns viel nützen. Die Zukunft liegt noch vor ihm.»

Carlos Moreira, Wisekey-Gründer

Maudet und Moreira kennen sich bestens. Sie haben unter anderem bei der Organisation der Genfer Blockchain-Kongresse zusammengearbeitet. Maudet war damals Staatsrat und Chef der Genfer Wirtschaftsförderung. Moreira glaubt nicht, dass Maudet ein Reputationsrisiko ist. «Er wurde genug bestraft. Er arbeitet hart – er wird uns viel nützen. Die Zukunft liegt noch vor ihm», so Moreira.

Vertreter der Genfer IT-Branche halten den Entscheid von Wisekey für durchaus intelligent. Es heisst, Maudet sei als Staatsrat zwar nicht mehr tragbar gewesen, habe aber sowohl in der Politik und als auch in der Wirtschaft ein exzellentes Netzwerk. Bei seinen vielen Auftritten an Konferenzen und Tagungen habe er durchblicken lassen, dass er sich in der digitalen Welt auskenne.

Kritik an Wisekey-Führung

In der Vergangenheit lief aber einiges nicht rund. Laut einem Rating des Aktionärsberaters Inrate habe Wisekey die schwächsten Führungsstrukturen von 172 untersuchten Schweizer Firmen. «Wisekey ist gemäss unserer Einschätzung in Sachen Corporate Governance nicht gut aufgestellt», so Christophe Volonté, Leiter Corporate Governance bei Inrate.

Wisekey schneidet schlecht ab, weil die Firma eine wenig verständliche Vergütungspolitik mit zu hohen Salären betreibe. Zudem haben einzelne Aktionäre wie Gründer Moreira einen grösseren Einfluss, weil ihre Aktienstimmen mehr Gewicht haben.

Das Inrate-Rating sieht Moreira kritisch: «Es ist ein fragwürdiges Rating.» Wisekey habe A- und B- Aktien, wobei die A-Aktien mehr Stimmen haben. «Für eine Cybersecurity-Firma ist ein solches Set-up normal», so Moreira.

Absturz an der Börse

Maudets Aufgabe dürfte es mitunter sein, Wisekey die Türen in die Politik, zu Regierungen und internationalen Organisationen zu öffnen. Das Unternehmen wurde 1999 in Zug gegründet, hat seinen Hauptsitz aber seit Jahren in Genf. Die UNO-Stadt bietet interessante Marktzugänge. In Genf arbeitete Wisekey unter anderem mit der Internationalen Fernmeldeunion, einer UNO-Sonderorganisation, zusammen, die weltweit geltende Telekommunikationsstandards setzt.

Wisekey setzt immer wieder auf aktuelle Trends. So arbeitet die Firma etwa schon seit einiger Zeit an Blockchain-Lösungen, hat neuartige NFT-Technologien im Angebot, die die Einzigartigkeit von digitalen Objekten garantieren, und bietet etwa Covid-Zertifikate an. An der Börse war Wisekey bislang aber keine Erfolgsgeschichte. Seit etwa fünf Jahren wird die Wisekey-Aktie an der Schweizer Börse gehandelt. Sie hat in dieser Zeit rund 70 Prozent ihres Werts verloren.

Moreira sieht das anders: «Die Aktie war im ersten Quartal 2021 die beste Aktie der Schweiz.» Danach habe es wieder Verkäufe gegeben, weil die Investoren Gewinne mitgenommen hätten.

«Wir haben keine Schulden und sitzen auf viel Cash.»

Carlos Moreira, Wisekey-Gründer

Das Geschäft hat unter der Corona-Krise gelitten. Daher schrieb die Firma zuletzt rote Zahlen. Die jüngsten Verluste von rund 28 Millionen Dollar, bei einem Umsatz von 15 Millionen Dollar und 230 Mitarbeitern, bereiten Moreira aber keine Sorgen.

Der grösste Teil seien Investitionen, die sich in Zukunft auszahlen würden, die eigentlichen Verluste würden nur 3 Millionen Franken ausmachen. Moreira ist zuversichtlich: «Wir haben keine Schulden und sitzen auf viel Cash.»