Vor dem VerkaufsverbotDie letzte Tessinerpalme bekommt das Mami
Die Tage der Tessinerpalme sind gezählt: Ab dem 1. September darf die Pflanze nicht mehr verkauft werden. Sechs Schwestern haben in Oberrieden eines der letzten Exemplare ergattert.
Noch ein Tag – dann gehört der Verkauf von Tessinerpalmen in der Schweiz der Vergangenheit an. Seit im Frühling bekannt wurde, dass die Tessinerpalme ab dem 1. September auf der Liste der verbotenen Pflanzen steht, gingen die Wogen hoch. Während Biologen das Verbot begrüssten, weil die Pflanze sich vor allem in der Südschweiz teils massiv ausbreitet, äusserten viele Gartengeschäfte sowie Gartenbesitzer ihren Unmut darüber.
Für besonders viel Zündstoff sorgte der Umstand, dass auch die Überwinterung der Tessinerpalme in Gärtnereien verboten wurde. Inzwischen ist das Bundesamt für Umwelt (Bafu) diesbezüglich zurückgekrebst und erlaubt nun die Überwinterung der Chinesischen Hanfpalme – so der offizielle Name – bei Fachleuten.
50 Palmen verkauft
In den Bezirken Meilen und Horgen sind wenige Tage vor dem Verkaufsverbot praktisch alle Tessinerpalmen verkauft. Keine der vier Landi-Filialen hat noch welche im Angebot, und auch die Mehrheit der angefragten Gärtnereien hat kein einziges Exemplar mehr im Laden stehen. Die Gärtnerei Gartenpark Forch etwa, die Anfang Juni noch über 50 Palmen verfügte, war bereits Anfang August ausgeschossen. Etliche Betriebe berichten, dass sie nach den Sommerferien einen regelrechten Run auf die mediterrane Pflanze verzeichnet hätten, da diese bei vielen Grossverteilern ausverkauft gewesen sei.
Eines der Geschäfte, in denen ein paar letzte Tessinerpalmen zu finden sind, ist das Pflanzencenter Rusterholz in Oberrieden. «In der Woche vor dem Verkaufsverbot sind nochmals vier der kleineren Pflanzen bestellt worden», sagt Christian Rusterholz, Verkaufsleiter des Pflanzencenters. Übrig blieben wohl nur die ganz grossen, knapp vier Meter hohen Palmen.
Eine der letzten Tessinerpalmen hat Eveline Hüppi ergattert. Strahlend steht die Langnauerin vor dem rund zwei Meter hohen Exemplar, das vor dem Gartencenter Rusterholz zur Lieferung bereitsteht. «Die Palme ist eine Geburtstagsüberraschung für unser Mami, das Anfang September 73 Jahre alt wird», erklärt sie. Die 45-Jährige ist die älteste von sechs Töchtern und hat den «Geburtstagsstreich» ausgeheckt, an dem sich alle Schwestern beteiligen.
Die Idee dazu entstamme einer Familienzusammenkunft im Sommer, an welcher über das Verbot der Tessinerpalme diskutiert worden sei, erzählt Hüppi. Sie selber habe dabei angekündigt, sich unbedingt noch eine solche Palme kaufen zu wollen. «Ich liebe das Flair dieser Pflanze, sie weckt in mir sofort Feriengefühle.»
Nebenbei habe das Mami erwähnt, dass es ebenfalls gern eine hätte. Denn auch Vater und Mutter würden das mediterrane Lebensgefühl lieben und regelmässig ins Tessin reisen, erzählt die Tochter. «In ihrer Stube in Langnau steht immer ein Bild aus dem Tessin mit einer Tessinerpalme darauf.» Zudem passe eine Palme prima zum lauschigen Sitzplatz mit Cheminée im Garten der Eltern, ist Eveline Hüppi überzeugt.
Eine verrückte Idee
Mitte August habe sie also Nägel mit Köpfen gemacht und sich beim Pflanzencenter Rusterholz gemeldet. Dort gab es noch einen kleinen Restbestand an Chinesischen Hanfpalmen. Doch die 45-Jährige war zuerst enttäuscht: Sie fand die vorhandenen Palmen entweder zu gross oder zu klein. Erst auf dem Rückweg zum Hauptgebäude habe sie das jetzige Exemplar entdeckt. «Ich wusste gleich: Die ist es!»
Nun freuen sich die sechs Schwestern auf die Reaktion ihrer Mutter, wenn diese das Geschenk erhält. «Bestimmt wird sie sagen, wir seien verrückt», sagt die älteste Tochter und schmunzelt. Denn die rund 20-jährige Tessinerpalme kostet ein kleines Vermögen von etlichen Hundert Franken.
Und was ist mit der gewünschten eigenen Palme? Eveline Hüppi lacht: Die sei nicht mehr dringelegen. «Aber die schönsten Geschenke sind doch immer die, welche man am liebsten selber hätte.»
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