AboReportage von der US-WestküsteSan Francisco am Ende? Falsch, es geht schon wieder aufwärts
Wirtschaftskrise, Drogenelend, Obdachlosigkeit: Die Stadt am Golden Gate stehe am Abgrund, heisst es. Ich lebte sieben Jahre hier, und ein Besuch bei meinen Freunden zeigt Zeichen der Erholung.
Ein junger Mann im Rollstuhl versucht, die Strasse zu überqueren, doch er hat nicht genug Kraft, die Rollstuhlräder zu bewegen. Er schreit und presst seine geschwollenen Füsse in den Asphalt. Langsam schleppt er sich aufs Trottoir. Er sinkt vornüber und weint. Ich stehe daneben und weiss nicht, was ich tun soll. Ich bin im Tenderloin District in San Francisco, dem Epizentrum des Drogenhandels und der Obdachlosigkeit in einer der reichsten Städte des Landes. Nur wenige Hundert Meter entfernt warten Touristen an der Endstation auf den Cable Car, der sie über die von den Millionären und Milliardären bewohnten Hügel tragen wird. Sie ahnen nicht, dass dieses Jahr über 400 Menschen an der hochpotenten Fentanyl-Droge gestorben sind, gleich viel wie 2019.