Umstrittenes FinanzkonstruktPensionskassen und Kantonalbanken verlieren mit Ruvercap Millionen
Institutionelle Anleger haben viel Geld in das Finanzkonstrukt von Ruvercap investiert. Wegen drohender Verluste wurde Strafanzeige eingereicht. Ein Ruvercap-Gründer bezieht jetzt Stellung zu Vorwürfen.
Investoren haben mehrere Hundert Millionen Franken in die Fonds der Zürcher Ruvercap Investment AG einbezahlt. Die Vehikel werden nun liquidiert, und es drohen erhebliche Verluste. Aufgrund einer Verwicklung in diese Geschäfte trennte sich die Bündner Kantonalbank im Mai von einem Mitglied des Bankrats. Zudem droht ein Strafverfahren, was die Internetplattform «Inside Paradeplatz» kürzlich publik gemacht hat. Die Zuger Staatsanwaltschaft bestätigt den Eingang einer Strafanzeige gegen fünf Personen im Umfeld von Ruvercap. Ob sie ein Verfahren eröffnet, steht noch nicht fest.
Es winkte eine Rendite von bis zu sechs Prozent
Die Ruvercap-Gründer haben in Irland das Finanzkonstrukt mit drei Fonds in Schweizer Franken, Euro und Dollar aufgesetzt. Dabei ging es um Geschäfte mit Forderungen – Firmen verkauften Kundenrechnungen mit einem Abschlag und kamen dafür rasch zu flüssigen Mitteln. Mit dem komplexen Finanzvehikel zielte Ruvercap auf institutionelle Anleger wie etwa Pensionskassen.
Wie involvierte Kreise bestätigen, haben die Bündner Kantonalbank, die Freiburger Kantonalbank, die Pensionskasse der Stadt Zug, die Genfer Privatbank Edmond de Rothschild, das Finanzinstitut Pury Pictet Turrettini und weitere namhafte Investoren Geld angelegt. Als Gründe für das finanzielle Engagement nennen Investoren die attraktive Rendite zwischen 3 und 6 Prozent sowie die Risikoverteilung, um einen allfälligen Kurssturz bei Aktien abzufedern. Es kursieren Zahlen eines Anlagevolumens von insgesamt 700 Millionen Franken bei einem möglichen Verlust von bis zu 500 Millionen Franken.
Verdacht auf Betrug
Jon Turnes, der auch in der Strafanzeige beschuldigt wird, erklärte sich bereit, zu den Vorwürfen Stellung zu beziehen. Er bestätigt Recherchen, wonach eine Gruppe von Anlegern aus der Romandie die Ruvercap-Verantwortlichen verdächtigt, in betrügerischer Absicht gehandelt zu haben. Den Vorwurf weist Turnes zurück: «Leider schürte ein ehemaliger Vertriebsmitarbeiter diesen Verdacht und hetzte einzelne Investoren gegen uns auf, nachdem wir ihn entlassen hatten.» Bei der überwiegenden Mehrheit der Anleger sei dieser Verdacht kein Thema.
Die genannten Zahlen sind laut Turnes übertrieben. «Der Fonds erreichte ein Volumen von rund 460 Millionen Franken.» Für Anleger sei ein Verlust von 10 bis 20 Prozent denkbar. Je mehr Zeit für die Liquidation zur Verfügung stehe, desto tiefer falle der Verlust aus. Die mit der Abwicklung beauftragte österreichische Quantic Financial Solutions bestätigt, dass noch substanzielle Werte vorhanden seien. Bei 20 Prozent könnte es allerdings immer noch um einen Verlust von über 90 Millionen Franken gehen.
Zwist um Bewertungsmethode
Jon Turnes bestreitet, dass die Fonds wegen Zahlungsunfähigkeit liquidiert werden. Es seien im Gegenteil in den vergangenen drei Monaten 40 Millionen Franken an Kundengeldern ausbezahlt worden. Den Grund für die Liquidation beschreibt Turnes wie folgt: Eine von rund 20 Firmen, die für den Fonds Forderungen vermittelt haben, riskierte zu viel und ging in Konkurs. Darauf wurde die irische Zentralbank hellhörig, die für die Finanzaufsicht zuständig ist. Sie verlangte für alle Geschäfte eine neue, längerfristig ausgerichtete Bewertungsmethode, welche die Ruvercap-Verantwortlichen als nicht umsetzbar erachteten.
«Eine von rund 20 Firmen, die für den Fonds Forderungen vermittelt haben, riskierte zu viel und ging in Konkurs.»
Die Auseinandersetzung mit der Zentralbank zog sich in die Länge. Da die Bewertung nicht mehr aktualisiert wurde, gerieten institutionelle Anleger wie Pensionskassen zunehmend unter Druck – sie konnten in ihren Büchern den korrekten Wert der Anlage nicht mehr ausweisen. «Nach drei Monaten empfahlen wir dem irischen Fondsmanagern den Fonds zu liquidieren, das war vor rund einem Jahr», sagt Jon Turnes. Die Investoren seien Ende Februar 2020 dem Vorschlag gefolgt, die Quantic mit der Liquidation zu beauftragen. «Bis heute wurde weder ein Straf- noch ein Zivilverfahren gegen uns eingeleitet», betont Turnes.
Turnes räumt Fehler ein. So hätte die Bewertungsmethode bei der irischen Finanzaufsicht detaillierter ausgeführt werden sollen. Und bei einzelnen Partnerfirmen, die Forderungen vermittelten, sei es zu Unregelmässigkeiten gekommen. Weniger Machtballung bei Partnerfirmen und eine striktere Kontrolle hätten dies verhindern können, meint Turnes.
Nachfolgefirma wird aufgelöst
Er und sein Partner wollten daraus Lehren ziehen und die Erfahrungen in ein neues Projekt einfliessen lassen. Turnes bestätigt die Gründung der Nachfolgefirma Ruvercap AG. Doch aufgrund kritischer Medienberichte in den vergangenen Wochen hat die Reputation gelitten. Als Folge davon wollten Partner und Finanzdienstleister nicht mehr mit Ruvercap zusammenarbeiten. «Wir müssen deshalb leider das Unternehmen auflösen und haben vor wenigen Tagen allen Angestellten gekündigt», sagt Turnes.
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